MEDIZIN Zöliakie 

Univ.-Prof. Almuthe Hauer mit Projektmitarbeiter Manuel Prevedel

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FOTO: MED UNI GRAZ

Entzündliche Darmerkrankung

mit weitreichenden Folgen

Zöliakie (Celiac disease, CD) ist eine lebenslange systemische Autoimmunerkrankung, die aus ei- ner Überempfindlichkeit gegenüber Gluten resul- tiert. Bei neun von zehn Erkrankten bleibt CD nach wie vor unentdeckt.

Ein Projekt der Med Uni Graz will das Bewusstsein für diese Erkrankung österreichweit schärfen und Maßnahmen zur Verbesserung der Lebens- qualität Betroffener forcieren. Dabei ist die Med Uni Graz Partnerinstitution im EU-Projekt „CD Skills“ (Improving celiac disease management in the Danube region by raising the awareness, improving the knowledge and developing better skills), das durch das „Interreg Danube Transnational Programme“ gefördert wird.


Vielfältige Symptome

Durch eine Glutenunverträglichkeit kommt es bei Zöliakie zu einer Überreaktion des Immunsystems und zu einer chronischen Entzündung der Dünndarmschleimhaut. Etwa 1 % der Bevölkerung leidet an dieser Erkrankung, wobei sich neun von zehn Betroffenen ihrer Krankheit nicht be- wusst sind, da die Symptome sehr unterschiedlich sein können. „Häufige Magen-Darm-Probleme, Mangelernährung und Gewichtsverlust sowie Wachstumsverzögerung bei Kindern können darauf hindeuten, aber auch Eisenmangel kann ein frühes Zeichen sein“, erklärt Projektkoordinatorin Univ.-Prof. Dr. Almuthe Hauer von der Klinischen Abteilung für Allgemeine Pädiatrie der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde an der Med Uni Graz. Schon bei den Jüngsten sollte man daher auf die Symptomatik achten, zumal Zöliakie meist bereits im Kindesalter diagnostiziert wird, so die Expertin. Im Allgemeinen kann diese Erkrankung aber in jedem Alter auftreten, wobei doppelt so viele Frauen wie Männer betroffen sind. Auch erbliche Faktoren dürften eine wesentliche Rolle spielen, denn bis zu 18 % der Verwandten ersten Grades von Zöliakie-Patienten ha- ben ebenfalls eine Zöliakie. „Von etwa 1,2 Millionen Menschen in der Donauregion, die unter dieser Glutenunverträglichkeit leiden, bleiben bis zu 80 % undiagnostiziert und viele Patienten werden erst mit Verzögerung diagnostiziert, teilweise erst bis zu zehn Jahre nach Auftreten der Erkran- kung“, schildert Projektmitarbeiter Manuel Prevedel die Problematik.


Maßnahmen zur Aufklärung

Die Gründe für unbemerkte und in weiterer Folge unbehandelte Zöliakie sind ein geringes Bewusstsein und mangelndes Wissen über die Krank- heit. Ein begrenzter Zugang zu diagnostischen Hilfsmitteln und fehlende innovative Aufklärungsmethoden verschärfen das Problem. Hier setzt das Projekt „CD Skills“ an: Mit vereinter Expertise will die Kooperation aus Krankenhäusern, Universitäten, Vereinen, Gemeinden und Lebensmittelher- stellern aus Belgrad, Budapest, Chisinau, Debrecen, Graz, Meran, München, Prag und Zagreb den genannten Schwierigkeiten entgegenwirken. Die Gesundheitssysteme sollen in der Lage sein, die gesundheitlichen und sozialen Bedürfnisse von Zöliakie-Patienten zu erfüllen, aber auch die

breite Gesellschaft soll mit dem Krankheitsbild vertraut sein, so das Ziel. Die Dringlichkeit dafür sieht die Expertin vor allem in den Konse- quenzen der Erkrankung. „Der wiederholte Verzehr von Gluten bzw. die Nichteinhaltung der Diät kann schwere gesundheitliche Folgen ha- ben“, warnt Hauer. Zudem ist die Zöliakie oft mit anderen Autoimmun- erkrankungen assoziiert, wie etwa Schilddrüsenerkrankungen oder Diabetes mellitus I, die bei adäquatem Zöliakie-Management ebenfalls besser erfasst und somit behandelt werden können.


Nie wieder Gluten?

Nach der Diagnose fühlen sich Zöliakie-Patienten oft in ihren Ernäh-

rungsgewohnheiten stark eingeschränkt, zumal viele Lebensmittel vom Speiseplan gestrichen werden müssen. „Lebensmittel von Zöliakie-Patien- ten dürfen nur weniger als 20 mg Gluten pro kg Endprodukt oder weniger als 20 ppm enthalten, das heißt weniger als ein halbes Weizenkorn pro Kilogramm Reis beispielsweise. Die Diät ist also sehr anspruchsvoll, da Gluten in Getreidesorten wie Weizen, Roggen, Gerste, Dinkel und deren Kreuzungen enthalten ist“, so Hauer. Das Klebereiweiß steckt damit auch in vielen Backwaren und getreidehaltigen Produkten wie Brot, Nudeln, Pizza oder Müsli. Daher sind Hersteller verpflichtet, glutenhaltige Nahrungsmittel nach der Allergenkennzeichnungspflicht auszuweisen. Für zahl- reiche dieser Lebensmittel gibt es mittlerweile glutenfreie Varianten, die allerdings wesentlich teurer und für Betroffene viel schwerer leistbar sind. „In Österreich wird für an Zöliakie erkrankte Kinder und Jugendliche die erhöhte Familienbeihilfe gewährt, weshalb wir für die Partnerstaaten in ‚CD Skills‘ diesbezüglich als Role Model fungieren“, betont die Projektkoordinatorin. Je besser sich Betroffene über die glutenfreie Ernährung informie- ren, desto mehr Möglichkeiten finden sie auch, sich dennoch abwechslungsreich zu ernähren.


rh

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Quelle: www.interreg-danube.eu/cd-skills