Der großzügig verglaste Anbau an der Gartenseite verschafft mehr Wohnraum und einen zusätzlichen Blick ins Grüne. Je nach Geschmack kann sich der Anbau – wie in diesem Beispiel – har- monisch einfügen oder bewusst Kontrapunkte setzen.

Fotos: ZVG

Immobilien | Häuser aus den 50er- bis 70er-Jahren

Dran oder drauf

Einfamilienhäuser sind Mangelware. Die Preise ziehen seit Jahren an – kein Wunder, ist es doch nach wie vor die beliebteste Wohnform der Österreicher. Es muss aber nicht immer ein Neubau sein. Viele, wenn auch zumeist kleinere Häuser aus den 50er- bis 70er-Jahren, warten darauf, wachgeküsst zu werden.

Einfamilienhäuser kamen in der Vergangenheit nur in Ausnahmefällen auf den Markt: Entweder wurde ein Haus den meist älteren Bewohnern zu groß, oder ein Haus stand im gemeinsamen Eigentum eines Noch-Ehepaares und konnte im Scheidungsfall nicht gleich von einem der Ex-Partner ausbezahlt werden. Nun kommen aber zunehmend Häuser einer, aufgrund der demografischen Entwicklung, älteren Erbengeneration auf den Markt. Sie wollen nicht in die Häuser ihrer Eltern und Großeltern ziehen und nützen das aktuell hohe Preisniveau aus. In vielen Fällen übertrifft allein der Wert des Grundanteils den Wert des darauf stehenden Hauses – vor allem, weil die Häuser aus den 50er- oder 60er-Jahren deutlich kleiner gebaut wurden. Diese Immobilien haben nun ausreichend Reserve, um zusätzli- che Flächen zu schaffen. Ein Anbau neben dem vorhandenen Gebäude ist in der Regel die kostengünstigste Vari- ante – vorausgesetzt die Grundstücksgröße und die einzuhaltenden Seitenabstände ermöglichen eine Erweiterung. So lassen sich zum Beispiel einzelne Räume bis hin zu ganzen Wohneinheiten schaffen, die auch als Ordination genutzt werden können.

Ein Blick auf die Flächenwidmung

An welcher Stelle und wie groß so ein Anbau werden darf, wird durch die Bauordnung und den Flächenwidmungs- plan geregelt. Seitenabstände zu Nachbarn, Fassaden- und Firsthöhen sind in der Regel zu beachten. Zumeist ist eine Baugenehmigung erforderlich, manchmal reicht eine Bauanzeige aus. Immer gilt: Die Planungsunterlagen sind nichts für Laien. Architekten oder Bauplaner sollten hier ans Werk gehen.

Je nach gewünschter Größe und Gestaltung können sie schlicht – zum Beispiel kastenförmig und mit Flachdach ausgestattet – oder ausgefallen mit großen Glasflächen an das vorhandene Gebäude angepasst werden. Durch Anbauten lassen sich auch denkmalgeschützte oder historisch wertvolle Gebäude erweitern. Oftmals ist hier der Kontrast zwischen Alt und Neu gerade das Spannende. Ein weiterer Vorteil: Bei geschickter Planung können die Einheiten, wenn kein Bedarf am zusätzlichen Wohnraum oder der Ordination besteht, leicht vom „Haupthaus“ ge- trennt und vermietet werden.

Teurer kommen Aufbauten, die vor allem in dicht besiedelten Wohngebieten die Lösung für mehr Wohnraum sind. Durch geschickte Planung ist es somit möglich, den Altbestand um ein Geschoß zu erweitern, ohne die Gesamthö- he der Immobilie oder ihr wesentliches Erscheinungsbild zu verändern. Um den Bauvorschriften zum Beispiel in In- nenstädten zu genügen, werden die beiden neuen Obergeschoße häufig gestaffelt, das heißt, das Dachgeschoß wird leicht nach innen aufgerückt, mit dem Effekt, dass es von der Erde aus betrachtet nicht mehr sichtbar ist.

Für viele Wohnungssuchende haben alte Häuser einfach mehr Charme. Besonders Gebäude aus den 50er-Jahren zeichnen sich durch eine schlichte Architektur aus, die bei einem Umbau die neuen Elemente optimal zur Geltung bringen kann. Anders als viele Neubau-Villen steht diese meist in einer gewachsenen Wohngegend mit einer funk- tionierenden Infrastruktur und einer einander kennenden Nachbarschaft – was es den „Neuen“ oft nicht immer ein- fach macht, Anschluss zu finden. Wer sich für eine Immobilie aus den 50er- und 60er-Jahren entscheidet, kann ei- nen Schatz bekommen oder aber sein blaues Wunder – à la Hinterholz 8 – erleben.

Denn der Charme wird häufig durch energetisch und technisch einfache Standards, mangelnde Wärmedämmung, feuchte Keller, veraltete Haustechnik sowie schadhafte, ungedämmte Dächer getrübt. Ein weiteres Minus: Diese Nachkriegshäuser wurden nach den Bedürfnissen der 50er- und 60er-Jahre gebaut. Die Grundrisse sind nicht so großzügig wie heute. Die Zimmer sind wesentlich kleiner, die Fenster sind einfach verglast, Keller und Dachge- schoß sind nicht ausgebaut. Das sollte jedoch niemanden erschüttern: Wände lassen sich versetzen, Zimmer zu- sammenlegen, Terrassen und Balkone anbauen. Doch das kann – und dessen sollte sich jeder, der sich rasch in das kleine Knusperhäuschen verliebt hat, bewusst sein – ordentlich viel Geld kosten.

Der größte Fehler wäre es – und da sind sich alle Altbauexperten einig – sich in ein Haus zu vergucken und es auf eigene Faust zu sanieren. Das könnte bei unerfahrenen Laien eigentlich nur schiefgehen. Auch wenn es noch so verlockend ist und man gerne selbst Hand an sein neues Zuhause legen möchte, sollte man bei Sanierungen und Co die Profis walten lassen. Vielfach werden die möglichen Kosteneinsparungen zu hoch bewertet. Das was man, und mag man noch so geschickt sein, aus eigener Muskelkraft oder mit Unterstützung von Freunden leisten kann,

wird in der Praxis nur allzu häufig überschätzt. In der Regel bedeutet das Einbringen von Eigenleistung eine unter Umständen erheblich verlängerte Bauzeit. Ein weiteres Problem könnte im Fall der Fälle die Abgrenzung der Ge- währleistung zu den Leistungen anderer Handwerker sein.


Das Alter ist nur eine Zahl

Dass ältere Häuser in der Regel günstiger als Neubauten zu haben sind, versteht sich von selbst. So kann selbst eine stark renovierungsbedürftige Jugendstilvilla deutlich mehr kosten als ein Reihenhaus aus den 60er- oder 70er- Jahren.

Als Faustregel gilt: Für ein 20 Jahre altes, massiv errichtetes Gebäude kann man – ausgehend von einer Nutzungs- dauer von 80 Jahren – eine Alterswertminderung von 20/80stel annehmen. Dazu kommen noch Abschläge für die Behebung von eventuellen Mängeln und Schäden. Als weitere Wertbeeinflussung kommt die Anpassung an die Marktverhältnisse, das ist die Differenz zwischen Sach- und Verkehrswert, der dem erzielbaren Verkaufserlös ent- spricht, hinzu. Mit welchen Preisen aktuell für ältere Einfamilienhäuser zu rechnen ist, kann pauschal nicht beant- wortet werden. Natürlich kann der Altersabschlag den Verkaufspreis mindern. Blättert der Putz bereits ab, sind im Keller alte Wasserschäden, Spuren von eindringendem Wasser oder Schimmel zu erkennen? Ist das Dach dicht? Fehlen Ziegel auf dem Dach? Dann zeigt das Haus Spuren des Alters, die sich im Verkaufserlös niederschlagen werden.

Anderseits kann ein Gebäude von den Voreigentümern über die Jahre hinweg tipptopp gepflegt worden sein. Sind die Außenwände neu gestrichen, der Boden gefliest und die Wände frisch vertäfelt, so wirkt die Immobilie gänzlich anders. In diesem Fall könnte von einem „guten Zustand“ gesprochen werden. Dieser ist aber nur erreichbar, wenn regelmäßig Investitionen vorgenommen werden. Doch Achtung: Allein ein neuer Anstrich macht’s nicht.

Beim Immobilienkauf reguliert Angebot und Nachfrage den Preis. Egal ob es sich um eine Eigentumswohnung, ein Zins- oder Einfamilienhaus handelt. Das Alter der Immobilie ist nur eine Zahl auf einem Zettel. Entscheidende As- pekte der Wertermittlung sind Investitionen, Lage, Verkehrsanbindung und Zustand. Das Alter allein macht nicht den Preis – zumindest dann nicht, wenn die Immobilie den Interessenten emotional berührt.

Wenig Angebot treibt Preise hoch

Wer aktuell auf der Suche nach einem Einfamilienhaus ist, hat schlechte Karten. „2017 wird die Nachfrage nach Einfamilienhäusern noch stärker nach oben gehen als 2016“, ist sich RE/MAX-Chef Bernhard Reikersdorfer sicher. „Ich rechne bei den Preisen mit einem Plus um 4,8 Prozent.“ Das Angebot werde allerdings nur um 0,8 Prozent zulegen, weniger als im Jahr zuvor. „Damit wird der Preis für Einfamilienhäuser weiter anziehen. Wir erwarten ein Plus von 4,1 Prozent, das ist im Vergleich zu 2016 doppelt so viel.“ Reikersdorfer: „Einfamilienhausbe- sitzer, die ans Verkaufen denken, sollten diese positive Marktsituation beim Schopf packen. Die Nachfrage ist auf einem historischen Höchststand, die Finanzierungsmöglichkeiten für Käufer sind günstig – wer weiß, wie lange das so bleibt. Allerdings heißt das nicht, dass des- wegen ungerechtfertigte Fantasiepreise bezahlt werden. Schließlich ist der Immobilienmarkt ja doch ziemlich transparent und die Finanzierungsmöglichkeiten sind oft begrenzt.“

Eine Einschätzung, die er mit der die EHL-Immobilienexpertin Sandra Bauernfeind teilt: „Die Käufer sind heute sehr gut informiert. Der Markt ist durch die verschiedenen Plattformen der- maßen transparent geworden, man kann den Kunden kein X für ein U vormachen.“ Gleichzei- tig warnt sie aber auch vor übertriebenen Hoffnungen: Die scheinbare Transparenz der Ange- botspreise verschleiert die tatsächlichen Abschlusspreise – und diese können stark von den Angebotspreisen abweichen.


Angebots- versus Kaufpreise

Die Immobilien-Plattform willhaben und IMMOunited, Spezialist für die Analyse von Immobili- en-Transaktionen, haben erstmals flächendeckend über alle österreichischen Bezirke die Preisunterschiede zwischen Angebotspreisen von Eigentumswohnungen und Häusern von rund 100.000 Wohnungen und Häusern, die im Jahr 2015 angeboten wurden, mit den tat- sächlichen Kaufpreisen laut Grundbuch verglichen und analysiert.

Stellt man die beiden Objektarten – Haus und Eigentumswohnung – gegenüber, so lassen sich große Unterschiede bei der sogenannten Preisschere zwischen Angebots- und Kaufpreis feststellen. Häuser erzielen bundesweit nur sehr selten den ursprünglichen Angebotspreis, während bei Eigentumswohnungen diese Differenz wesentlich geringer ist und somit tatsäch- lich erzielte Preise mitunter die inserierten Angebotspreise auf willhaben widerspiegeln. Be- trachtet man die prozentuellen Ergebnisse dieser Preisschere bei Häusern, so liegen in der Bundeshauptstadt Wien deutliche Abweichungen in den untersuchten Bezirken vor. Ein Haus im 22. Bezirk (Donaustadt) wechselte 2015 für durchschnittlich 353.696 Euro den Besitzer – das ergibt einen Abschlag von minus 21,4 Prozent zum durchschnittlichen Angebotspreis von 449.993 Euro. Im 14. Bezirk (Penzing) driften Angebots-und Verkaufspreis am weitesten aus- einander. Während ein Haus hier mit einem Durchschnittspreis von 643.378 Euro inseriert wird, beziffert sich der tatsächliche Verkaufspreis mit 342.501 Euro – ein Unterschied von sat- ten minus 46,8 Prozent.

Sich von diversen Immobilienpreisspiegeln zu stark leiten zu lassen, davor warnt Mag. Micha- el Buchmeier, Leiter der Bewertungsabteilung der BAR, bareal Immobilientreuhand GmbH. Die Immobilienpreisspiegel sind eher eine großzügige und weit gespannte Richtlinie. Beim Bewerten von Immobilien liege die Tücke im Detail. „Einfamilienhäuser, so banal es klingt, sind oft gar nicht so einfach, wie man denkt. Das können mitunter sehr spezielle Immobilien sein. Der Markt dahinter ist oft nicht ganz transparent. Auch die Datenqualität ist deutlich schlechter als im gewerblichen Bereich. Da ist es oft nicht so einfach, den richtigen Verkehrs- wert abzubilden.“ mn

„Die Käufer sind heute sehr gut informiert. Der Markt ist durch die verschiedenen

Plattformen dermaßen transparent

geworden.“


DI Sandra Bauernfeind, EHL Immobilien

Altbau aus den 50er-Jahren trifft auf ökologisch wertvollen Neubau. Um die Gebäude räumlich zu verbinden, wurde das Erdgeschoß im Bestand an einer Längsseite komplett geöffnet. Nahtstelle zwischen bei- den ist ein Flachdachelement.

Durch die unzähligen architektonischen Möglichkeiten im Holzbau kann sich ein Anbau aus Holz hervorragend in das bestehende Mauerwerk einfügen oder ihm ein völlig neues, modernes Erscheinungsbild geben.

Fotos: ZVG

„2017 wird die Nachfrage nach

Einfamilienhäusern noch stärker steigen

als 2016. Das wird die Preise weiter nach oben treiben.“


Bernhard Reikersdorfer, RE/MAX

Baden, DAS KURHAUS Bad Gleichenberg

www.klinikum-baden.at, www.daskurhaus.at

„Die Immobilienpreis-

spiegel sind eher eine großzügige und weit gespannte Richtlinie.“


Mag. Michael Buchmeier, Leiter der

Bewertungsabteilung der BAR,

bareal Immobilientreuhand GmbH

Baden, DAS KURHAUS Bad Gleichenberg

www.klinikum-baden.at, www.daskurhaus.at