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PRAXIS & STEUERRECHT | Anstellung
Anstellung von Ärzten
aus steuerlicher Sicht
Voraussichtlich ab Jänner 2020 werden niedergelassene Ärzte in Kassenpraxen und Gruppenpraxen Ärzte im An- gestelltenverhältnis beschäftigen können. Konkret ist eine Anstellung im Ausmaß von maximal 40 Stunden pro Woche jeweils im gleichen Fachgebiet möglich.
Die Möglichkeit, Ärzte im Angestelltenverhältnis beschäftigen zu können, gibt es für Fachärzte und für Allgemeinmediziner – jeweils als Anstellung innerhalb eines ärztlichen Faches. Auch in Gruppenpraxen und in Primärversorgungseinheiten sind solche Anstellungen erlaubt. Das bedeutet kon- kret: Ein Arzt darf maximal einen anderen Arzt für 40 Stunden pro Woche anstellen, Gruppenpraxen und Primärversorgungseinheiten zwei. Der Ver- tragsarzt rechnet die Leistungen mit der Krankenkasse ab, der angestellte Arzt erhält das zwischen ihm und dem Dienstgeber vereinbarte Entgelt. Der Kassenarzt, der einen Kollegen oder eine Kollegin anstellt, muss weiterhin maßgeblich in der Praxis tätig sein.
Anstellung versus Vertretung in der Einzelpraxis
Mit der Neuregelung hat jeder Praxisarzt nun die Wahl zwischen einem Anstellungs- und einem Vertretungsverhältnis. Ein Bespiel soll das verdeutli- chen: Der Ordinationsinhaber und Neurologe Dr. S. arbeitet mit seinem Vertretungsarzt Dr. D. seit Jahren vertrauensvoll zusammen. Ab Jänner 2020 hat Dr. S. die Möglichkeit, Dr. D. für 40 Stunden anzustellen. Alternativ könnte er auch zwei Fachärzte auf Teilzeit für jeweils 20 Stunden anstellen.
Laut Entwurf des Kollektivvertrages muss Dr. S. seinem Kollegen Dr. D. ein Grundgehalt für 38 Stunden in Höhe von 5.400 Euro monatlich zahlen.
Im Ergebnis bekommt Dr. D. ein monatliches Nettogehalt von 3.892,55 Euro.
Wie viel müsste Dr. S seinem Kollegen Dr. D. nun im Vertretungsverhältnis zahlen, sodass Dr. D. dasselbe Einkommen hat, also monatlich 3.892,55 Euro (jährlich 46.710,60 Euro)? Anmerkung: Dr. D. verfügt selbst über keine Ordination; er ist ausschließlich als Vertretungsarzt tätig und unterliegt daher mit seinen selbstständigen Einkünften der Sozialversicherungspflicht der gewerblichen Wirtschaft.
Um Dr. D. im Vertretungsverhältnis (bzw. Werkvertrag) gleichzustellen, müsste Dr. S. ihm 7.227,32 Euro monatlich bzw. 86.727,88 Euro jährlich zah- len. Bei Dr. D. als echtem Dienstnehmer wird Lohnsteuer eingehoben. Im Vertretungsverhältnis hingegen muss er selbst eine Steuererklärung abge- ben. Sozialversicherungsrechtlich ist er als Dienstnehmer bei der Allgemeinen Sozialversicherung versichert, während er im Vertretungsverhältnis Beiträge an die Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft zahlen muss. Für die Steuer und die Sozialversicherung haftet beim echten Dienst-
verhältnis von Dr. D. der Dienstgeber, also Dr. S. Beim Werkvertrag ist Dr. D. für alle Abgaben zuständig.
Im Ergebnis zeigt sich also, dass die Gesamtkostenbelastung im Angestelltenverhältnis wegen der anfal- lenden Lohnnebenkosten höher ist; im vorliegenden Beispiel um ganze 10.817,55 Euro. Als Klarstellung sei allerdings erwähnt, dass mit dem Anstellungsverhältnis andere Ziele verfolgt werden als mit dem Ver- tretungsverhältnis. Bei der Anstellung von Ärzten wird vorausgesetzt, dass der Ordinationsinhaber wei- terhin überwiegend selbst in der Ordination tätig ist. Er wird also nicht primär vertreten, sondern erhöht durch die Anstellung von Kollegen sein Leistungsvolumen. Natürlich führt das in Folge dazu, dass er entlastet wird und jungen Kollegen der Einstieg in den Beruf ermöglicht wird. Im Ergebnis ist somit das
zentrale Unterscheidungsmerkmal zwischen der Anstellung von und der Vertretung durch Berufskollegen die gleichzeitige Anwesenheit in der Ordi- nation.
Gruppenpraxis
In der Gruppenpraxis dürfen höchstens zwei Kollegen Vollzeit pro Arzt im Ausmaß von 80 Wochenstunden beschäftigt werden. Ein Beispiel soll die steuerlichen Alternativen verdeutlichen: Dr. S. ist Gesellschafter einer Gruppenpraxis. Derzeit zahlt die Gruppenpraxis zwei Vertretungsärzten 40.000 Euro im Jahr für ihre Tätigkeit. Dr. S. überlegt nun, alternativ zwei Fachärzte anzustellen: Die Berechnung zeigt wiederum, dass das Dienstverhältnis für einen Arzt, der angestellt wird, weniger lukrativ ist als der Werkvertrag bzw. das Vertretungsverhältnis. Während er als Angestellter monatlich 1.085,89 Euro verdient, winken ihm im Vertretungsverhältnis 1.199,60 Euro pro Monat.
Natürlich muss jeder Einzelfall gesondert geprüft werden. So machen etwa die Höhe der pauschalierten Kosten oder die sozialversicherungsrechtli-
chen Rahmenbedingungen (zum Beispiel ein Spitalsarzt, der nebenbei vertritt) beim Vertretungsarzt einen großen Unterschied. Individuelle Beratung erfordert auch die Vertragsgestaltung, die in Folge dann auch arbeitsrechtliche Implikationen nach sich zieht. Vor jedem Wechsel des Beschäftigungsverhältnisses mit Berufskollegen sollte man daher Rücksprache mit seinen Beratern halten, denn neue gesetzliche Rahmen- bedingungen bringen viele Chancen, die es zu optimieren gilt, ohne dabei Risiken einzugehen.