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Die Gründung einer Arztpraxis kann eine aufregende und gleichzeitig herausfordernde Erfahrung sein. Neben der medizinischen Kompetenz ist auch die optimale Organisation der administrativen Prozesse entscheidend für den Praxiserfolg. Dabei sollte der ärztliche Fokus klar auf den wert- schöpfenden medizinischen Behandlungen und nicht – wie häufig im Unternehmensalltag – auf den administrativen Aufgaben liegen. Schließlich werden Ärzte für ihre medizinische Expertise entlohnt. Umso wichtiger sind optimierte und digitalisierte administrative Prozesse, um wertvolle Zeit zu sparen.
Administration: häufig unterschätzt
Fest steht jedenfalls, dass die unternehmerischen Pflichten des Arztes mit dem Ende der Ordinationszeiten oder der Patientenbehandlungen nicht abgeschlossen sind. Ganz im Gegenteil, denn jetzt beginnen die administrativen Aufgaben und nehmen in der Regel viele Stunden pro Woche in Anspruch. So verbringt ein Ordinationsinhaber täglich durchschnittlich zwei Stunden mit administrativen Aufgaben. Dies entspricht einem wöchent- lichen Mehraufwand von zehn Stunden!
Natürlich sind einige administrative Aufgaben – wie Buchhaltung, Finanzplanung sowie Personalführung – in jedem Unternehmen unumgänglich und spielen eine sehr wichtige Rolle für die laufende Unternehmensentwicklung. Unsere Beratungserfahrung hat uns jedoch gezeigt, dass sich viele repetitive Aufgaben vereinfachen lassen sowie verschiedenste Digitalisierungspotenziale in österreichischen Arztpraxen vorliegen.
Zeitfresser, die sich leicht reduzieren lassen
Ob Kassen- oder Wahlarztordination, Einzel- oder Gruppenpraxis oder ein Primärversorgungszentrum – viele administrative Prozesse lassen sich vereinfachen, was auf Dauer gesehen, zu einer großen zeitlichen Entlastung führt.
Effiziente Buchhaltung
Eine effiziente Buchhaltung bestimmt häufig das wirtschaftliche Potenzial einer Arztpraxis. Sie stellt dabei ein unverzichtbares Instrument für den Mediziner dar, um die Ordination betriebswirtschaftlich besser zu organisieren und erfolgreich zu führen. Aus diesem Grund empfehlen wir, diesem Praxisbereich die notwendige Aufmerksamkeit zu schenken. Falls ein ordinierender Arzt sich nicht gleich zu Beginn mit seinen Finanzen beschäf- tigt und klare Standards einführt, könnte es am Monats- oder Quartalsende schnell zu der Situation kommen, dass die Tagesabschlüsse nicht mit den Rechnungen übereinstimmen oder wichtige Belege für die Buchhaltung nicht ordnungsgemäß bearbeitet wurden. Diese Sorgen müssen nicht sein und sind zu 100 % vermeidbar. Folgende Standards sollte man gleich zu Beginn setzen: Patientenverrechnung, Ablauf Tagesabschluss, Mahnwesen, Buchhaltungsvorbereitung und Finanzcontrolling. Diese Prozesse lassen sich hervorragend vereinfachen und teilweise digitalisieren.
TIPP: Buchhaltungsprozess mit dem Buchhalter gemeinsam aufsetzen
Es ist entscheidend, dass sämtliche Belege (Bar- als auch Bankgeschäfte) aufbewahrt werden. In Arztpraxen werden üblicherweise folgende Bele- ge verwendet: Eingangsrechnungen von Lieferanten und Dienstleistern (z. B. Arzneimittelkäufe, Ordinationsreparaturen, Steuerberaterhonorare), ausgehändigte oder versendete Honorarnoten an Patienten, Zahlungsbestätigungen oder Gutschriften.
TIPP: Digitalen Kontoauszug für den Steuerberater freischalten
Dem Steuerberater des Vertrauens sollte eine Leseberechtigung auf dem digitalen Kontoauszug erteilt und Belege digital zur Verfügung gestellt werden. Somit erspart man sich Zeit und Wege. Hier ist allerdings unbedingt zu beachten, dass die digitalen Belege revisionssicher aufbewahrt werden sollten. Mit dem CAMT53 – einem standardisierten Meldungsformat – wird dem Buchhalter der „digitale“ Kontoauszug übermittelt. Darüber hinaus gibt es keine Einsicht auf das Konto. Das hat den Vorteil, dass dem Buchhalter die Kontoauszüge automatisiert vorliegen, nicht mehr an ihn geschickt werden müssen und elektronische Belege nicht mehr vorsortiert werden müssen.
TIPP: Honorar-Export der Ausgangsrechnungen generieren
In einer Wahlarzt-Ordination werden täglich zahlreiche Honorarnoten an Patienten gestellt, die es zu sortieren und an den Steuerberater zu über- mitteln gilt. Um diesen zusätzlichen administrativen Aufwand zu reduzieren, empfehlen wir, die Ausgangsrechnungen aus der Patientenverwal- tungssoftware als CSV-Datei zu exportieren. Diese ist viel schneller erledigt und insgesamt weniger fehleranfällig.
TIPP: Kurzer Check am Tagesende
Bei Kartenzahlung der Patienten empfehlen wir, am Tagesende einen kurzen Blick auf die Zahlen am Kartenterminal sowie der Verwaltungssoft- ware zu werfen. Damit verhindert man Wochen später Diskrepanzen in den Belegen, deren Aufdeckung sehr zeit- und damit kostenintensiv ist.
Effiziente Personalverwaltung
TIPP: Checkliste zum Personal-On- und Offboarding
Auch im Personalmanagement ist es ratsam, standardisierte Abläufe und Checklisten einzuführen. Dies betrifft natürlich nicht nur das „Onboar- ding“, die systematische Integration neuer Mitarbeiter in die Ordination, sondern auch das „Offboarding“, wenn also Mitarbeiter die Ordination wie- der verlassen. Auch ein Klassiker, wenn es um das Ordinationspersonal geht: die Schlüsselübergabe. Wichtig ist es, stets den Überblick zu be- wahren, wie viele Schlüssel ausgegeben wurden und den Erhalt mit einer Unterschrift bestätigen zu lassen. Neben effizienten Prozessen im Perso- nalmanagement gibt es auch einige hilfreiche Tipps und Tools in der Personalverwaltung.
TIPP: Digitale Zeiterfassung von Anfang an
Mit einem digitalen Zeitmanagement erspart man sich das Führen und Übertragen von händischen Zeitlisten und das Berechnen von Zuschlägen für die Lohnverrechnung. All das kann dem Arzt abgenommen werden!
Zusätzlich ist man als Unternehmer, und somit auch als niedergelassener Arzt, in Österreich gesetzlich dazu verpflichtet, Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden zu führen, wobei Vergehen mit empfindlichen Strafen geahndet werden. Bei Lohnabgaben-Prüfungen oder Überprüfun-
gen durch das Arbeitsinspektorat ist man verpflichtet, Arbeitszeit-Aufzeichnungen vorzu- legen. Die digitale Zeiterfassung liefert jederzeit die dazu notwendigen aktuellen Daten in Echtzeit. Ob Arbeitszeit oder Nichtleistungszeit (Urlaub, Krankheit, Pflege, Sonderurlaub, Zeitausgleich), als Arbeitgeber hat man die Möglichkeit, all diese Daten mit einem einzi- gen System einfach und ortsunabhängig zu verwalten.
TIPP: Gehaltsüberweisung via Überweisungsdatei
Die manuelle Überweisung der Gehälter als auch der Lohnabgaben ist sehr zeitaufwendig und teilweise auch fehleranfällig. Die Gehälter und Abgaben können über eine von der Lohnverrechnung erstellte Überweisungsdatei online überwiesen werden. So erledigt man die Überweisung mit einem Klick ohne Übertragungsfehler.
Schritt für Schritt zur effizienten Ordination
Jede Ordination ist ein kleines individuelles Unternehmen, das eigene Ansprüche an die Administration stellt. Wir empfehlen, laufend die Ordinationsprozesse zu evaluieren und im Team zu besprechen, denn nur so können tägliche Zeitfresser am besten eliminiert wer- den. Für weitere Einblicke in die Möglichkeiten des Praxismanagements und -controllings empfehlen wir, in unseren Podcast für selbstständige Mediziner hineinzuhören.
Checkliste:
Tipps, um administrative
Prozesse zu optimieren
• Buchhaltungsprozess mit Buchhalter gemein- sam aufsetzen
• Digitaler Kontoauszug
• Export der Ausgangsrechnungen generieren
Tipps für effiziente
Personalverwaltung
• Checkliste zum Personal-On- und Offboarding einführen
• Bei Zeiterfassung auf digitales Tool setzen
• Gehaltsüberweisung via Überweisungsdatei vornehmen