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Neue Erkenntnisse aus der Altersforschung
Obwohl sich die Lebenserwartung in Österreich in den letzten Jahrzehnten konstant erhöht hat, verbringen die Menschen diese zusätzlichen Jahren oft nicht im- mer bei bester Gesundheit.
Bis zum Jahr 2050 gehen die Experten vom Dachverband nationaler Alzheimer-Gesellschaften Alzheimer Europe von einem deutlichen Anstieg der Erkrankung aus. Univ.-Prof. Dr. Reinhart Jarisch ist überzeugt, dass eine spermidinreiche Ernährung dabei helfen kann, geistig fit zu bleiben und gesund älter zu werden. In seinem Ratgeber „Spermidin – stark gegen Demenz“ informiert er über den in Lebensmitteln vorkommenden Eiweiß- stoff. „Das Anti-Aging-Mittel Spermidin ist ein vielversprechender Ansatz gegen das Altern und die Altersdemenz, wenn man rechtzeitig mit der Einnahme beginnt. Ich habe Experten gebeten, das momentane Wissen zu Spermidin mit mir gemeinsam zusammenzutragen, damit wir es in die- sem Ratgeber präsentieren können“, sagt Jarisch. Er ist Gründer des renommierten Floridsdorfer Allergiezentrums (FAZ) in Wien und gilt als einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Histaminintoleranz. Seine Leidenschaft für neue Behandlungsansätze hat ihn zur Forschungstätigkeit rund um Spermidin motiviert, ein biogenes Amin wie das Histamin. Im Gespräch gibt er Einblick in aktuelle Studienergebnisse.
?Welche Rolle spielt Spermidin im Körper?
Spermidin gehört so wie Histamin, Tyramin, Phenethylamin oder Serotonin zu den biogenen Aminen. Spermidin ist ein Botenstoff, den man in jeder Körperzelle finden kann. Es entsteht durch den Abbau von Putrescin als Zwischenprodukt bei der Bildung von Spermin. Von allen Polyaminen ist die Konzentration von Spermidin im Gehirn am größten und verbessert die Denk- und Merkfähigkeit. Der neuroprotektive Mechanismus von Sper- midin bei neuronalen Fehlfunktionen ist bisher ungeklärt. Eine der Funktionen von Spermidin im Zellstoffwechsel ist die Induktion der Autophagie, für deren Entdeckung Yoshinori Ohsumi im Jahr 2016 den Medizinnobelpreis bekommen hat. Werden die Zellablagerungen im Gehirn nicht ab- transportiert, so entsteht schrittweise Altersdemenz. Umgekehrt fördert Spermidin die Autophagie und kann so den Prozess auch reversibel ma- chen. In Tierversuchen konnte auch gezeigt werden, dass Spermidin Bluthochdruck senkt und damit vorbeugend gegen Herzinsuffizienz wirkt.
?Sie haben gemeinsam mit der FH Wiener Neustadt in steirischen Seniorenheimen Studien durchgeführt. Was waren die Ergebnisse?
In einer Pilotstudie mit 85 Teilnehmern von Seniorenwohnheimen konnten wir signifikante Verbesserungen der Gedächtnisleistungen in der Gruppe
verzeichnen, die keine oder milde Demenz aufweist. Beim Mini-Mental-Status-(MMS)-Test gab es eine signifikante Verbesserung um mehr als zwei Punkte von maximal 30 Punkten. Wir haben in einer Fortsetzungsstudie sogar einen Anstieg des MMS-Testwertes um drei bzw. fünf Punkte verzeichnet. Das ist insofern beachtlich, als herkömmliche Antidementiva nur eine Steigerung von maximal 1,37 erzielen!
?Wie kann Spermidin dem Körper zugeführt werden?
Ab einfachsten durch spermidinreiche Weizenkeime und entsprechende Lebensmittel, wie Sojabohnen, Hülsenfrüchte, Sellerie, reifen Käse oder Pilze, aber auch Kürbiskerne oder Brokkoli und Spinat sollten häufig auf dem Speiseplan stehen.
rh