Fotos: adobe stock/ Dr_Microbe
Neben Long Covid gibt es eine weitere akute Nebenerscheinung einer Covid-19- Infektion: Pilzerkrankungen. In einer inter- nationalen Studie mit Beteiligung der Med- Uni Graz wurden immunologische Mecha- nismen und klinische Risikofaktoren für Covid-19-assoziierte Pilzinfektionen identifiziert.
Im Zusammenhang mit Covid wurden drei wichtige Pilzinfektionen identifi- ziert: Covid-19-assoziierte pulmonale Aspergillose (CAPA), Covid-19-assozi- ierte Candidiasis (CAC) und insbesondere mit dem Aufkommen der Delta- Variante in Indien die Covid-19-assoziierte Mukormykose (CAM). Viele Studi- en haben regionale Phänomene und Aspekte aufgegriffen, ein Blick auf die globale Entwicklung dieser Covid-19-assoziierten Erkrankungen fehlte bis- lang allerdings.
Ein Hauptmotiv der Studie war, herauszufinden, inwiefern die Pilzerkrankungen tatsächlich mit Covid-19 zusammenhängen. Eine grundlegende Fragestellung und Motivation für die Studie war, zu klären, ob CAPA und CAM eigenständige Erkrankungsformen darstellen, die durch spezifische immunologische Mechanismen und Interaktionen mitbedingt werden, oder ob diese rein die Folge von klinischen Risikofaktoren auf der Intensivsta- tion sind und damit Covid-19- und Non-Covid-19-Patienten gleichermaßen betreffen. Tatsächlich gibt es bei CAPA und CAM durchaus spezifische immunologische Verbindungen zu einer Covid-19-Infektion, bei CAC, also der Candidiasis, fehlt diese jedoch weitestgehend.
CAPA-Infektionsweg
Der Pilz, der die Aspergillose hervorruft, findet durch die Gewebszerstörung im Rahmen einer Covid-19-Infektion und der daraus folgenden hohen Zytokinfreisetzung eine perfekte Grundlage, um in das Lungengewebe einzuwachsen. Insbesondere die Unterdrückung eines spezifischen immu- nologischen Mechanismus, der Typ-1-Interferon-Immune-Response, der durch Covid-19 bei schweren Verläufen auftritt, prädisponiert diese Pati- enten, eine CAPA zu entwickeln. Zusätzlich spielt aber natürlich auch die Covid-19-Therapie auf der Intensivstation mit Dexamethason und Tocilizu- mab eine wichtige Rolle als Risikofaktor.
CAM-Infektionsweg
Bei CAM zeigt sich ein differenziertes und auch komplexeres Bild. Die Mukormykose tritt zwar weltweit auf, aber am häufigsten in Indien, CAM (in den Medien auch als „Black-Fungus-Pandemie“ bezeichnet) hat während der Delta-Welle in Indien traurige Berühmtheit erlangt. Erkrankungen wie unbehandelter Diabetes können es sowohl Sars-CoV-2- als auch CAM-auslösenden Erregern leichter machen, über die Nasenschleimhaut in den Körper einzudringen. In Indien führte das vor allem zur sogenannten rhinoorbitalen bzw. rhinoorbitalen zerebralen Mukormykose: einer Pilzerkran- kung, die Strukturen im Gesicht im Bereich von Augen und Nase und letztlich auch im Gehirn zerstören kann. In westlichen und reichen Ländern tritt CAM eher selten auf und wenn, dann eher in der pulmonalen oder disseminierten Form.
CAC-Infektionsweg
Im Gegensatz zu CAPA und CAC gibt es bei der Candidiasis keine direkte Korrelation mit einer Covid-19-Infektion. Tatsächlich handelt es sich da- bei um eine Infektion, die vor allem nosokomial, also in medizinischen Einrichtungen, auftritt. Wichtige Faktoren sind hier überbelegte Intensivstatio- nen, Zentralvenenkatheter, künstliche Ernährung und längerer Aufenthalt auf einer Intensivstation.
Hohe Mortalität
Pilzinfektionen im Rahmen einer Covid-19-Erkrankung gehen mit einer hohen Mortalität einher. Je nachdem, wie früh die Infektion erkannt wird, sterben 50 bis 80 % der Erkrankten. Bei der rhinoorbitalen zerebralen Mukormykose tragen Überlebende aufgrund der notwendigen Operation le- benslange Entstellungen im Gesicht davon bzw. verlieren häufig ein oder beide Augen.
Behandlungsoptionen
Die Behandlungsoptionen unterscheiden sich bei einer Covid-19-assoziierten Erkrankung derzeit noch nicht von ihren Covid-19-unabhängigen Ge- genstücken, allerdings wird aktuell an neuen Klassen von Antimykotika geforscht, die bessere Ergebnisse zeigen sollten, sowie an spezifischen In- terventionen, die an den immunologischen Mechanismen ansetzen, die Covid-19-Patienten prädisponieren, zum Beispiel eine CAPA zu entwickeln.
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Publikation: www.nature.com/articles/s41564-022-01172-2