PRAXIS & ORDINATIONSGRÜNDUNG | Businessplan
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Der Weg zu einer
erfolgreichen eige- nen Praxis
Der Gründungsprozess ist eine spannende Sa- che und hält viele Herausforderungen bereit. Be- reits zu Beginn gibt es eine Vielzahl an Entschei- dungen zu treffen, wie Sie im Folgenden sehen werden:
Entscheidung: Kassenordination oder Wahlarztpraxis
Zunächst stellt sich die Frage, ob eine Kassenordination oder eine Wahlarztpraxis eröffnet werden soll. Per Definition hat ein Kassenarzt einen Ver- trag mit einer oder mehreren Krankenkassen. Die Invertragnahme wird über Reihungskriterien bestimmt, die von den Landesärztekammern festge- legt werden. Die Verrechnung erfolgt direkt zwischen den beiden Vertragspartnern und erscheint dem Patienten kostenlos. Automatisch Wahlarzt ist man, wenn eine Praxis eröffnet wird, ohne mit einer Krankenkasse einen Vertrag abgeschlossen zu haben. Das heißt, dass Wahlärzte ihr Honorar auch selbst festlegen können. Die ärztliche Leistung wird über ein Privathonorar abgerechnet, wobei der Patient anschließend die Möglichkeit hat, bei seiner Krankenkasse eine (Teil-)Rückerstattung zu beantragen.
Risikobereitschaft entscheidet
Die Entscheidung für oder gegen ein Modell hängt auch mit dem jeweiligen Lebenskonzept und der Risikobereitschaft zusammen. Wer sich für eine Kassenordination entscheidet, erhofft sich zumeist eine finanzielle Absicherung und Planbarkeit, denn der Markt ist relativ gut einschätzbar. Auch bedarf es keines großen Marketingaufwandes, unterliegt eine Kassenordination doch einem „Gebietsschutz“. Die Vertragsstellen in einer Region richten sich nach der Zahl der zu versorgenden Menschen. Auf der anderen Seite stehen ein nicht frei wählbarer Standort und festgelegte Mindestordinationszeiten.
Die Vorteile der Wahlarztpraxis liegen darin, selbst über Honorar, Standort und Ordinationszeiten bestimmen zu können. Je nach fachlicher Speziali- sierung bietet sich eine Wahlarztpraxis auch als ein zweites Standbein neben einer Spitalstätigkeit an. Die Nachteile dieses Modells sind die fehlen- de finanzielle Absicherung, ein erhöhter Marketingaufwand und ein hoher Planungsaufwand für ein Praxiskonzept – von der Konzepterstellung über den Businessplan bis zur Patientengewinnung.
Nimmt man die Statistik zur Hand, sind die Zahlen jedenfalls eindeutig: Fast zwei Drittel der Fachärzte arbeiten in einer Wahlarztpraxis mit stark stei- gender Tendenz. Wer eine Kassenordination eröffnen möchte, hat aktuell in ländlichen Gebieten gute Chancen, denn mehr als
60 % der Kassenärzte werden in den kommenden zehn Jahren das Pensionsalter erreichen. Um die Nachbesetzung oder Neugründung einer land- ärztlichen Ordination attraktiver zu gestalten, bieten die vom Landärztemangel besonders betroffenen Gemeinden mittlerweile „Zuckerl“ an, wie bei- spielsweise die Übernahme von Sanierungskosten oder Mieterlässe, und zeigen sich auch sonst grundsätzlich gesprächsbereit. Darüber hinaus be- mühen sich selbst die Länder mit Initiativen wie dem „NÖ-Landärzte-Paket“ dem Landärztemangel entgegenzuwirken. Diese Initiative bietet unter anderem Einstiegsprämien.
Lohnt es sich?
Um diese Frage beantworten zu können, ist zumindest ein Blick auf nachstehende Fachgruppenvergleiche hilfreich:
Prinzipiell erzielen Kassenordinationen und Wahlarztpraxen einen Gewinnanteil (Gewinn dividiert durch Einnahmen gesamt) fast durchweg über 50 % und sind relativ ausgeglichen. In absoluten Zahlen betrachtet zeigt sich derzeit eine Kassenordination als lukrativer. Dies allerdings auch dadurch bedingt, dass Wahlärzte häufig eine Ordination neben ihrer eigentlichen Spitalstätigkeit betreiben, und Kassenärzte zeitlich äußerst eingebunden sind. Die Entscheidung für ein Ordinationsmodell ist daher immer abhängig vom Lebenskonzept eines jeden Einzelnen!
Tipp für Wahlärzte: Das Business Model CANVAS
Das Business Model CANVAS eignet sich perfekt, um ein Ordinationskonzept kurz und prägnant zu visualisieren und es wird sofort ersichtlich, in welchen Bereichen noch nachgebessert werden muss. Vor allem wenn es um die erste Skizzierung eines neuen Geschäftsmodells geht oder die- ses plakativ veranschaulicht werden soll.
Zielgruppe
•An welche Patienten richtet sich das Angebot?
•Welche Patientengruppe ist besonders wichtig?
Patientennutzen
•Welche Vorteile bringt die Ordination für die Patienten? (Beispiele: Innovation, Zusatzqualifikation, Spezialisierung, Service, Ordinations-, Wartezeiten)
•Welche Problemlösungen werden dem Patienten geboten?
•Was ist neu, wie unterscheidet sich die Ordination von anderen Fachärzten der- selben Fachgruppe?
Kanäle
•Wie erfahren Patienten von einem Angebot?
Kunden-/Patientenbeziehung
•Welche Art von Beziehung erwarten die einzelnen Zielgruppen? („Neukunden- gewinnung“ oder „Bestandskundenpflege“)
•Wie erfolgt eine Beziehung zu den Patienten?
Erlösquellen
•Bei Wahl/Privat: Wofür und wie viel sind Patienten wirklich bereit zu zahlen?
•Wie viel trägt jede der einzelnen Umsatzquellen zum Gesamtumsatz bei?
•Wie würden Patienten gerne zahlen?
Schlüsselressourcen
•Physische Ressourcen (Räumlichkeiten)
•Intellektuelle Ressourcen (z. B. Wissen, Partnerschaften, Patientenstamm)
•Personelle Ressourcen (Team)
•Finanzielle Ressourcen (verfügbares Kapital, Sicherheiten)
Schlüsselaktivitäten
•Welche Schlüsselaktivitäten müssen bereitgestellt werden, um den Patienten- nutzen zu realisieren?
•Welche „Vertriebskanäle“?
•Welche „Patientenbeziehungen“?
Schlüsselpartner
•Wer sind Schlüsselpartner, und was tun diese? (u. a. Dienstleister, Lieferanten, Zuweiser)
•Welche Schlüsselressourcen werden von den Partnern zur Verfügung gestellt?
Kostenstruktur
•Was sind die größten und wichtigsten Kostenfaktoren in der Ordination?
•Welche Schlüsselressourcen/-aktivitäten sind die kostenintensivsten?
Das vom Schweizer Business-Theoretiker Dr. Alexander Osterwalder entwickelte Schema hat seine Stärken vor allem in der Visualisierung eines Ge- schäftsmodells und bietet eine sinnvolle Ergänzung zum Businessplan. Es unterstützt vor allem bei der Weiterentwicklung des Geschäftsmodells, und Stärken und Schwächen lassen sich leichter auf einen Blick identifizieren und optimieren. Das Business Model CANVAS gliedert Geschäftsmo- delle in neun Schlüsselbereiche. Wir empfehlen das Business Model CANVAS auf ein großes Flipchart zu übertragen und mit Post-It-Zetteln je nach Projektfortschritt zu befüllen. Daran lässt sich schnell erkennen, in welchen Schlüsselbereichen noch Lücken zu schließen sind.