MEDIZIN | Covid-19 

Künstliche Intelligenz

zur Datenanalyse in der Virologie

FOTO: istockphoto/ Bill Oxford

Ein vielversprechender Ansatz, die aktuellen Covid-19- Behandlungsweisen zu erweitern, ist es, bereits

bestehende und zugelassene Medikamente zur Bekämp- fung des Virus einzusetzen.

Um herauszufinden, welche bestehenden Medikamente sich zur Behandlung von Covid-19 eignen könnten, arbeiten zahlreiche Forschungsgruppen aus der ganzen Welt an systemmedizinischen Ansätzen. Ein Forschungsteam des Lehrstuhls für Experi- mentelle Bioinformatik (ExBio) der Technischen Universität München (TUM) hat nun die erste Online-Datenanalyseplattform für diesen Zweck entwickelt.

Der sogenannte Coronavirus Explorer (CoVex) integriert die Virus-Mensch-Interaktionsdaten für SARS-CoV-2 und SARS-CoV. CoVex soll dabei helfen, ein umfassendes Verständnis der Infektionsmechanismen zu ermöglichen und konzentriert sich dabei nicht nur auf das Virus und seine direkten Interaktionspartner, sondern bezieht insbesondere das Wirt-Protein-Interaktionsnetz- werk mit ein. „Das Ziel von CoVex ist es, Daten besser und auch für Nicht-Informatiker wie Virologen zugänglich und mithilfe von künstlicher Intelligenz analysierbar zu machen. Für unseren systemmedizinischen Ansatz dient das Virus-Wirt-Interaktom von Sars-CoV-2 als Grundlage“, erklärt Prof. Jan Baumbach, Professor für Experimentelle Bioinformatik an der TUM. CoVex wurde im Rahmen eines Hackaton-Projekts am Lehrstuhl für Experimentelle Bioinformatik der Technischen Universität München entwi- ckelt. Das Tool ist öffentlich verfügbar und kann kostenlos verwendet werden.


Geeignete Medikamente identifizieren

„Speziell sollen Kandidaten für die Wiederverwendung von bekannten Wirkstoffen mit CoVex ermittelt werden. Und zwar solche, die sich nicht – wie die meisten bisherigen Medikamente – direkt gegen Proteine des Virus richten, sondern gegen Interaktions- partner in menschlichen Zellen. Damit fällt es dem Virus schwerer, durch Mutationen des eigenen Genoms der Behandlung zu entkommen. Das kann bei möglichen zukünftigen Wellen und Epidemien von großer Bedeutung sein“, so Baumbach weiter. Dazu kann der netzwerkbasierte Ansatz der TUM die Identifizierung potenzieller Arzneimittel für die Behandlung von Covid-19 ganz erheblich beschleunigen.

CoVex steht deshalb sowohl biologischen, medizinischen und computergestützten Forschern als auch der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung. Benutzer können unter exbio.wzw.tum.de/covex/ bereits die neuesten verfügbaren Molekulardaten zu Sars-CoV- 2 einsehen und systemmedizinische Analysen durchführen. Einziger Wehrmutstropfen: CoVex ist eine Methode zur Vorhersage von möglichen zukünftigen Medikamenten für Covid-19, die noch keine tiefere präklinische oder klinische Validierung erfahren haben. „Unter normalen Umständen wären wir zu diesem Zeitpunkt nicht mit CoVex an die Öffentlichkeit gegangen, aber da die Hauptfunktionalität implementiert ist, glauben wir, dass diese erste Version bereits für viele Forscher extrem nützlich ist“, so der Experte. In den kommenden Wochen soll CoVex laufend aktualisiert werden, zum Beispiel indem das Forscherteam die neusten experimentellen Daten für Sars-CoV-2 einbezieht und neue Funktionalitäten implementiert. Weiterhin werden vorhergesagte Kan- didaten für neue Covid-19-Medikamente präklinisch getestet und untersucht.


rh