PRAXIS | Gemeinschaftspraxis

Costsharing – eine Win-win-Situation?

Neben der bekannten Gruppenpraxis gibt es eine weitere äußerst interessante Kooperationsmöglichkeit für Ärzte: die Gemeinschaftspraxis.

Per Definition handelt es sich bei Gemeinschaftspraxen um lose Zusammenschlüsse mehrerer freiberuflich tätiger Ärzte, die gemeinsam die Räumlichkeiten einer Ordina- tion und möglicherweise darüber hinaus auch zusätzliche Ressourcen wie beispiels- weise Marketing, Homepage oder Logo nutzen. Werden hingegen nur die medizi- nisch-technischen Geräte gemeinsam genutzt, spricht man von einer Apparatege- meinschaft. Beide können gleichzeitig vorliegen.


Gruppenpraxis vs. Gemeinschaftspraxis

Im Gegensatz zur Gruppenpraxis tritt jeder Arzt der Gemeinschaftspraxis nach au- ßen hin und gegenüber dem Patienten – auch haftungsrechtlich – alleine auf. Im In- nenverhältnis zwischen den Ärzten sind verschiedene Rechtsformen  – abhängig von gesellschafts-, haftungs- und steuerrechtlichen Gesichtspunkten – zulässig. Ein weiteres Merkmal der Gemeinschaftspraxis ist, dass diese Ordinationsform sowohl von Wahlärzten als auch Kassenärzten genutzt werden kann. Das ist auch durchaus üblich, muss aber den Patienten vermittelt werden. Unabhängig davon, für welche Form des Zusammenschlusses Ärzte sich letztlich entscheiden: Eine Kooperation

funktioniert nur mit Regeln, an die sich alle Beteiligten halten müs- sen. Daher sollten diese auch schriftlich in einer gemeinsamen Nutzungsvereinbarung festgehal- ten werden. Letztere kann unter anderem Regelungen betreffend der Nutzungszeiten, der Bezah- lung von Reparaturen und In- standhaltungen, der Aufteilung von Personal- und Reinigungskos- ten, aber auch hinsichtlich eines möglichen Ausstiegs aus der Pra- xisgemeinschaft definieren.


Vorteil: Kosten aufteilen

Der häufigste Grund, sich für die Ordinationsform der Gemein- schaftspraxis zu entscheiden, ist wirtschaftlicher Druck. Über Mehr- arbeit zusätzliche Einnahmen zu generieren, scheitert oft an der ei- genen Belastbarkeit. Gleichzeitig

verursachen – mitunter auch tageweise – ungenützte Ordinationsflächen unnötige Kosten. Die Lösung könnte eine „Untervermietung“ bzw. das sogenannte „Costsha- ring“ sein. Dabei kann beispielsweise die gesamte Ordination – sprich Räumlichkeiten, Geräte und Personal – oder auch nur einzelne Zimmer zu festgelegten Zeiten „über- lassen“ werden. Der Arzt kann sich somit ganz auf seinen Job konzentrieren, ohne sich um Infrastruktur und Organisation kümmern zu müssen, und dadurch einiges an Kosten sparen. Der Ordinationsinhaber kann wiederum zusätzliche Einnahmen gene- rieren. Die Gemeinschaftspraxis fungiert als Kostengemeinschaft. Das bedeutet, dass die Einnahmen jedes Arztes einzeln erwirtschaftet werden, während die Ausgaben nach einem sachgerechten (Umsatz- oder Arbeitszeit-) Schlüssel auf alle Beteiligten aufgeteilt werden.


Costsharing in der Praxis

Anhand eines fiktiven Beispiels lässt sich die Sinnhaftigkeit dieser Ordinationsform ver- deutlichen: Dr. Weiß hat eine Wahlarztordination für Dermatologie im 2. Bezirk. Da er aufgrund seiner Spitalstätigkeit die Ordination lediglich 20 Stunden die Woche nutzt, möchte er die Ordination einem Kollegen, dem Wahlarzt für Orthopädie Dr. Schwarz, stundenweise überlassen. Zwar bestünde die Möglichkeit für die gemeinsamen Kos- tenblöcke eine eigene Gesellschaft zu gründen, Weiß hat sich allerdings dafür ent- schieden, die Kosten seiner Ordination selbst zu tragen und an Schwarz weiterzuver- rechnen. Das Ziel von Weiß ist die Erzielung eines Gewinns bei gleichzeitiger Deckung der Kosten. Um dieses zu erreichen, muss er eine Planungsrechnung erstellen, in die seine Einnahmen und Ausgaben fließen. In einem ersten Schritt muss er entscheiden, welche Kosten bei der Weiterverrechnung zu berücksichtigen sind. Danach lassen sich die Costsharing-Einnahmen wie folgt erheben (siehe Tabelle „Kostenweiterver- rechnung“). Schlussendlich fließen die errechneten Costsharing-Einnahmen in die Ein- nahmen-Ausgaben-Rechnung der Ordination Weiß ein (siehe Tabelle „Erfolgsrech- nung“). Neben einer schriftlichen Nutzungsvereinbarung zählt zu den wichtigsten Vor- aussetzungen für eine funktionierende Zusammenarbeit im Rahmen des Costsharing vor allem eine transparente Daten- und Zahlenlage. Erfahrungsgemäß trägt aber vor allem eines zum nachhaltigen Erfolg bei: ein bestehendes Vertrauensverhältnis zwi- schen den Geschäftspartnern.

fotoS: zvg