PRAXEN & IMMOBILIENOrdination

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Wenn die Praxis

unter Baumaßnahmen

im Haus leidet

Für darauf zurückgehende wirtschaftliche Einbußen müssen Ärzte als Mieter

entschädigt werden.

Die Ordination läuft gut, die Zahl der Patienten wächst und wächst und dann das: Das Haus, in dem sich der Arzt eingemietet hat, wird umfassend renoviert. Seitdem ist an einen normalen Ordinationsbetrieb nicht mehr zu denken. Vielmehr gehören Dauerlärm sowie Staub und Bauschutt zum beruflichen Alltag. Da auch der Eingang zur Praxis aufgrund der Bauarbeiten schwer zugänglich ist und ein außen angebrachtes Werbeschild von einem Gerüst verdeckt wird, ist die Patientenfrequenz zurückgegangen. Dasselbe gilt für die Einnahmen.

So weit, so blöd. Denn grundsätzlich muss man im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes (MRG), also insbesondere in Altbauten, gemäß § 8 Abs. 2 MRG alle notwendigen oder zweckmäßigen Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten an allgemeinen Teilen des Hauses, aber auch die Behebung ernster Schäden in einzelnen Wohnungen zulassen. Allerdings müssen die betreffenden Arbeiten so durchgeführt werden, dass eine möglichste Schonung des Mietrechts des betreffenden Mieters gewährleistet ist. Anders ausgedrückt: Beeinträchtigungen gelten als unvermeidlich bzw. zumutbar, dürfen aber ein gewisses übliches Maß nicht übersteigen. Wenn das MRG nicht voll anwendbar ist, muss der Mieter gemäß der Rechtsprechung zu

§ 1098 ABGB Eingriffe soweit dulden, als dadurch seine Mietrechte nicht wesentlich erschwert oder gefährdet werden. Dabei sind die Interessen aller Beteiligten abzuwägen.


Recht auf Entschädigung

Allerdings sieht § 8 Abs. 3 MRG auch vor, dass der Vermieter oder der Mieter, der die Arbeiten durchführt, für wesentliche Beeinträchtigungen den betroffenen Mieter angemessen entschädigen muss. Wobei im Fall eines zumindest grob fahrlässigen Verstoßes gegen die Pflicht zur möglichen Schonung des Mietrechts auch auf erlittenes Ungemach Bedacht zu nehmen sei, heißt es ebendort. Klar ist jedenfalls, dass Renovierungsarbeiten, die eine geringere Patientenfrequenz – und in weiterer Folge auch wirtschaftliche Einbußen – mit sich bringen, getrost als „wesentliche Beeinträchtigung“ eingestuft werden können. Der im MRG definierte Entschädigungsanspruch gilt jedenfalls für Gebäude, die vor dem 1. Juli 1953 errichtet wurden, sowie für Hauptmietverhältnisse im Anwendungsbereich des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG), also Genossenschaftswohnungen.

Aber auch das ABGB bietet Abhilfe für den geschädigten Mieter: die Mietzinsminderung (§ 1096 ABGB). Um wie viel der Mietzins reduziert wird, hängt von Ausmaß und Dauer der Beeinträchtigung ab. Überhaupt keine Miete muss man laut Mietrechtsexperten dann zahlen, wenn der Mietgegenstand völlig unbenutzbar ist. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn durch die Renovierungsarbeiten ein schwerer Wasserschaden verursacht wurde.

Geht es hingegen um Baulärm, so kann eine Mietzinsreduktion von 5 bis 25 % zustehen, in Einzelfällen sogar mehr. Etwas anders gelagert ist das Ganze, wenn der Arzt aufgrund der Lärmbeeinträchtigung seine Dienstleistung gar nicht erbringen kann bzw. ihm der Vermieter laut Mietvertrag zur Berufsausübung einen gewissen Mindeststandard – wie etwa absolute Ruhe – schuldet. Hier wäre ebenfalls keine Miete zu entrichten. So oder so weisen Experten darauf hin, dass betroffene Ärzte die Beeinträchtigung(en) dokumentieren müssen, um einen Mietzinsminderungsanspruch geltend machen zu können. Um wie viel der Mietzins letztlich gemindert wird, wird im Einzelfall im Rahmen einer Angemessenheitsprüfung entschieden. Für verursachte Schäden, etwa an medizinischen Geräten, besteht selbstverständlich der Anspruch auf Schadenersatz.


pb