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Experten beobachten zunehmend Schmerzen am Bewe- gungsapparat, die auch bereits bei jungen Menschen auf- treten. Ursache ist die vermehrte statische Tätigkeit am PC oder Telefon sowie längeres Stehen, etwa im Verkauf. Diese Beschwerden sind meist unspezifisch.
Jeder Muskel unseres Körpers hat eine vom Nervensystem vorgegebene Grundspannung, auf die der Muskel selbst, aber auch Gelenke, Bänder, Bandscheiben und Sehnen eingestellt sind. Ist diese Grundspannung erhöht, kommt es einerseits zu schmerzhaften Veränderungen im Muskel, an- dererseits zu Reizerscheinungen der benachbarten Gelenke, Bandscheiben, Sehnen und Bänder. Diese Veränderungen verursachen Schmerzen und führen damit wieder zu einer Erhöhung der Muskelgrundspannung. Lang andauernde Schmerzen aktivieren das Schmerzgedächtnis. Damit werden die Schmerzen auch dann verspürt, wenn die auslösende Schmerzursache wegfällt.
Physikalische Kombinationstherapie
Physikalische Kombinationsbehandlungen aus dem Bereich der Thermo-, Mechano- und Elektrotherapie greifen direkt dämpfend in die beschriebe- nen Eskalationskreisläufe ein und sollten so früh wie möglich gestartet werden. Sie sind, da physikalische Wirkmechanismen zugrunde liegen, weit- gehend frei von Wechselwirkungen mit Medikamenten. Ergebnisse einer Multicenterstudie aus dem Jahr 2006 zeigen, dass durch zehn Sitzungen einer physikalischen Kombinationstherapie der Schmerz um 41 %, die Beweglichkeit um 34 % und das Wohlbefinden um 27 % gebessert werden können. Besonders wichtig dabei: Die gleichzeitige Medikamenteneinnahme erübrigt sich in 61 % der Fälle.
Damit physikalische Kombinationsbehandlungen ihre volle Wirksamkeit entfalten können, bedarf es allerdings einer sorgfältigen Bedachtnahme auf:
•Lokalisation der hauptauslösenden Strukturen der beschriebenen Eskalationskreisläufe
•Einschätzung des Eskalationsgrades und der Eskalationstreiber (Muskelgrundspannung, Reizzustand von Strukturen, Haltungsprovisorien)
•Stadium der Eskalation (akut, subakut, chronisch, rezidivierend)
•Das Vorliegen von Grund- und Begleiterkrankungen (zum Beispiel Herz-Kreislauf-System, psychische oder psychiatrische Erkrankungen, Hauter- krankungen, Allergien, Implantate oder aktive Medizinprodukte) und die Erhebung absoluter Kontraindikationen.
•Beachtung des Patientenwillens
Chronifizierung vermeiden
Wichtig ist, dass die Therapie rechtzeitig und ausreichend ein- setzt, um eine Eskalationssteigerung bis hin zur Aktivierung des Schmerzgedächtnisses zu vermeiden und soziale Folgen hintan- zuhalten. So zeigt zum Beispiel eine norwegische Studie, dass sich die Dauer des Krankenstandes durch physikalische Kombi- nationstherapie, wie zum Beispiel Massage, verschiedene Pa- ckungen, Ultraschall, Elektrotherapie sowie Einweisung in Bewe- gungsübungen, um mehr als 23 % verkürzt. Dadurch werden al- lein in Österreich jährlich ca. 450 Millionen Euro an Kranken- standskosten eingespart. Es ist daher wichtig, bei Schmerzen am Stütz- und Bewegungsapparat, insbesondere an der Wirbel- säule und den Gelenken, möglichst frühzeitig eine geeignete Diagnostik und Behandlung einzuleiten, um eine Chronifizierung samt ihren gesundheitlichen, seelischen und sozialen Folgen zu vermeiden.