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In kleineren Städten sind durch die negative Bevölkerungsentwicklung auch die Preise gesunken.

Keine Spur vom Boom

Gerne reden Immobilienmakler nicht davon, dass nicht überall der Immobilienboom zu spüren ist. Der Großteil des Geschäfts spielt sich in den Ballungsräumen ab. Abseits der Großstädte schaut die Situation durchaus anders aus.

Dorfzentren veröden, die Leerstände steigen, die Preise fallen – sowohl bei gewerblich als auch privat genutzten Immobili- en. Erst vor Kurzem ist eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zu dem Ergebnis gekommen, dass in ländli- chen Regionen deutlich mehr gebaut wird, als eigentlich sinnvoll wäre. Dadurch komme es zu verödenden Dorfzentren und Leerständen. In Österreich ist die Lage durchaus vergleichbar, auch wenn validierte Zahlen fehlen.


Überzogene Preisvorstellungen

Die Plattformen willhaben und IMMOunited, Spezialist für die Analyse von Immobilien-Transaktionen, haben untersucht, wie weit die Preisschere zwischen Angebots- und Verkaufspreis bei Wohnimmobilien in ganz Österreich aufgeht. Analysiert wurden dabei mehr als 130.000 Objekte. In Niederösterreich zeigte sich ein sehr gemischtes Bild: St. Pölten verbuchte die größte Abweichung bei Wohnungen (22 Prozent). Bei Häusern zeigte sich in Zwettl (7 Prozent) die geringste und in Melk (minus 28 Prozent) die größte Schere. In der Steiermark sind vor allem die Verkäufer in Murau zu optimistisch. In der Regel bekamen sie rund 43 Prozent weniger, also sie sich erhofft hatten. Während in Braunau für eine Wohnung fast exakt der Angebotspreis erzielt wurde, wich der realisierte Kaufpreis für Eigentumswohnungen in Kirchdorf an der Krems mit 41 Pro- zent am stärksten ab.

Hohe Abweichungen können durch überdurchschnittlich große oder teure Immobilienprojekte verursacht werden, die ohne Verkaufserfolg wieder vom Markt genommen werden. In manchen Fällen liegen bezüglich Objektqualität und Lage zu hohe Preisvorstellungen vor. Auch wenn ein Verkauf zu einem niedrigeren Preis schließlich realisiert wird, öffnet dies die Schere.

Differenzen können auch sozioökonomische Entwicklungen spiegeln. Mangelnde Ausbildungsstätten oder fehlende Jobs können Menschen vermehrt dazu bewegen, ihre Heimatregion zu verlassen. Herausforderungen dieser Art können punktu- ell auftreten oder eine langjährige Entwicklung darstellen. Sie beschränken die lokale Kaufkraft bzw. die Nachfrage. So können auch durchaus realistische Preisvorstellungen nicht ohne bedeutende Abschläge zum Kaufabschluss führen.


Erste die Spitze des Eisberges

Wie die Bevölkerung in Österreich 2030 verteilt sein könnte, zeigen die Prognose-Landkarten der Österreichischen Raum- ordnungskonferenz. Ihnen zufolge wird Wien ein Plus von 17,6 Prozent verzeichnen und 2,08 Millionen Einwohner zählen. Aber auch alle anderen Bundesländer – bis auf Kärnten – werden wachsen, allerdings nur in städtischen Gebieten. Den

größten Bevölkerungsschwund wird es in der obersteirischen Mur-Mürz-Furche und in Kärnten abseits des Zentralraumes Klagenfurt-Villach geben. Murau, Hermagor und dem Bezirk Zwettl steht ein enormes Schrumpfen bevor. Das heißt, in die- sen Regionen werden die Immobilienpreise fallen, wenn nicht gar einbrechen.

Ein kleiner Blick nach Oberösterreich: Obwohl Oberösterreich wächst, schrumpfen die Dörfer und Landgemeinden. Seit 2001 mussten 132 Kommunen einen teils enormen Schwund hinnehmen. 130 weitere Gemeinden stagnieren. 180 sind in dieser Zeit gewachsen – hauptsächlich im Zentralraum. Ein eindeutiges Symptom für einen Abzug vom Land. Hauptsäch- lich sind es die Jungen, insbesondere Frauen, die dem Land den Rücken kehren. Sie studieren und bleiben häufig in der Stadt, weil es in ihren Heimatdörfern keine adäquaten Jobangebote gibt. „Der Trend geht zur Höherqualifizierung. Vergli- chen zur Elterngeneration treffen junge Frauen die Entscheidung, welche Ausbildung sie wählen, nach ihren Neigungen, nicht nach dem Berufsangebot in ihrem Heimatort“, sagt Tatjana Fischer vom Institut für Raumplanung, Umweltplanung und Bodenordnung der Universität Wien.

Man muss sich die Bevölkerungsentwicklung vor Augen führen. Ein paar Beispiele von Orten mit Spitälern gefällig? So geht die Studie davon aus, dass zum Beispiel in Murau die Bevölkerung bis 2075 um 36,1 Prozent abnehmen wird. Lienz wird es nicht viel besser ergehen. Der prognostizierte Bevölkerungsschwund wird mit 23,7 Prozent angegeben. In Spital an der Drau wird die Anzahl der Einwohner um satte 28,4 Prozent abnehmen. Auch zukünftige Ärzte im Landesklinik Tams- weg werden sich über im Vergleich zu anderen Städten in Relation gesehen weniger stark steigende bzw. sinkende Immo- bilienpreise freuen dürfen.