Gelenke sind vielfältigen Beanspruchungen ausgesetzt. Ein schmerzendes Gelenk ist für jeden Lebensbereich ein Störfaktor und eine Behinde- rung – in der Arbeit, bei der Fortbewegung oder beim Freizeitsport. Wenn durch Schmerzen bedingte Ausweichbewegungen und Schonhaltungen dazukommen, entsteht der Circulus vitiosus aus Fehlbelastungen und damit weitere Schädigungen des Gelenks. Wie archäologische Befunde zei- gen, hatten schon unserer Vorfahren Arthrosen. Die Umstellung auf den aufrechten Gang forderte ihren Preis. Heute werden Menschen älter, sind Belastungen durch monotone Tätigkeiten ausgesetzt oder oder üben extrem gelenkbelastende Sportarten aus. Gelenksabnützungen und Gelenks- beschwerden sind daher verstärkt die Folge.
Unsere Vorfahren nutzten bereits die physikalischen Elemente Wärme, Wasser und manuelle Therapie zur Linderung ihrer Beschwerden, wie histo- rische Schriften und die zahlreichen archäologischen Ausgrabungen von Badeanlagen zeigen. Auch heute können mit den Methoden der physika- lischen Medizin schmerzende, bewegungseingeschränkte Gelenke behandelt werden, um dem Kreislauf aus Schmerz, Fehlbelastung und Struk- turdefekt entgegenzuwirken. Zu Beginn stehen wie immer die klassische Anamnese der Beschwerden, die Untersuchung des Gelenks und bei Be- darf die Anforderung nötiger Befunde wie Blutparameter, Röntgen, MRT und andere.
Unterschieden wird zwischen akuten oder chronischen Schmerzen, entzündlichen und nicht entzündlichen beim Einsatz physikalischer Methoden. Außerdem fallen unter Gelenkschmerzen auch Schmerzen, die nicht direkt das Gelenk betreffen, sondern die dem Gelenk zugeordneten Bänder, Sehnenansätze und Schleimbeutel. Nach diesen Gesichtspunkten ist die entsprechende physikalische Therapie einzusetzen. Dabei steht ein brei- tes Spektrum der physikalischen Medizin zur Verfügung:
• Wärme: Dazu zählen Packungen, wie zum Beispiel Moor oder Munari, Heißluft oder Kurzwellendiathermie. Die systemische Wirkung erklärt sich durch die Freisetzung von Endorphinen, lokale Wirkung durch massive Reduktion der Muskelgrundspannung und dem beschleunigten Abbau von Schmerzmediatoren, wie Substanz P.
• Elektrotherapie: Sie dient zur Schmerzreduktion oder Muskelstimulation. Häufig zur Schmerzreduktion einsetzbare Stromformen sind Impulsgal- vanisation (Gate-Control, Reduktion der Muskelgrundspannung), Galvanisation (Schmerzwirkung, Hyperämisierung), Einbringung lokal schmerz- und entzündungshemmender Medikamente durch Iontophorese, Interferenzstrom (Reduktion der Muskelgrundspannung, Beseitigung lokaler Mus- kelhärten), Stimulation innervierter, aber atrophierter Muskeln (Schwellstrom), Stimulation peripher denervierter Muskeln (Exponentialstrom).
• Mechanotherapie: Klassische Massage (systemische Wirkung: Endorphinausschüttung, lokale Wirkung: Beseitigung von Muskelhärten, Redukti- on der Muskelgrundspannung, Verbesserung der lokalen Perfusion), Spezialmassagen wie Bindegewebsmassage, Fußreflexzonenmassage, Aku- punktmassage, therapeutischer Ultraschall (Mikromassage, verstärkter Abbau von Schmerz- und Entzündungsmediatoren, Kavitationseffekt), Be- wegungstherapie (Einzel, Gruppe, geräteunterstützt): Entspannungstechniken, wie Muskelenergietechnik, postisometrische Relaxation, Auflösung von Haltungsprovisorien, Mobilisation von Blockierungen, Kräftigung, Dehnung etc.
Typische Anwendungsbeispiele aus dem Bereich der chronischen Arthrosen
• Aktivierte Gonarthrose: Salicyliontophorese, Ultraschalltherapie am Schmerzgeschehen, Schwellstrom zur Kräftigung des abgeschwächten M. Quadriceps, begleitet von Bewegungstherapie zur eventuell notwendigen Mobilisation des Gelenks sowie Kräftigung der stabilisierenden Muskula- tur und Aufdehnung von Verkürzungen.
• Coxarthrose: Einsatz von Niederfrequenz oder Interferenzstrom sowie Ultraschall zur Schmerzbekämpfung und Mobilisation der Beweglichkeit, Gangschulung sowie Kräftigung der Hüftmuskulatur. Große Gelenke sprechen im chronischen Stadium, wenn keine OP-Möglichkeit besteht, auch gut auf Wärmebehandlung wie zum Beispiel Moor oder Fangopackungen an.
• Fingerpolyarthrosen: durch familiäre Prädisposition und lange manuelle Tätigkeit sehr häufig und im Alltag sehr belastend. Hier wirken Paraffin- packungen, Elektrotherapie im Zellenbad sehr gut schmerzstillend und beweglichkeitsfördernd. Da diese ein chronisches Krankheitsbild ist und es kaum Operationsmöglichkeiten gibt, ist zu beobachten, dass die Patienten die Wirkung der Behandlungen zu schätzen wissen. Regelmäßig kom- men Sie wieder zur Behandlung, wenn die Beweglichkeit der Fingergelenke nachlässt.
Akute Gelenkbeschwerden im Rahmen von Arthritiden
Hier stehen die Reduktion des Entzündungsprozesses und die Erhaltung bzw. anschließende Wiederherstellung der Beweglichkeit im Vordergrund. Zum Einsatz kommen kühle Packungen, diadynamische Ströme zur Reduktion von Schmerzen und Schwellung, wieder Schwellstrom bei Bedarf zur Muskelstimulation, um einer begleitenden Muskelatrophie vorzubeugen, sowie natürlich Bewegungstherapie. Das Gelenk muss im schmerzfrei- en Raum beweglich gehalten werden und anschließend nach Abschluss des akuten Stadiums die Beweglichkeit wiederhergestellt werden.
Akute Gelenkbeschwerden nach Sporttraumen
Sehr häufig ist das Knie betroffen. Meniscus-, Seitenband-, und Kreuzbandläsionen werden meist operiert und anschließend erfolgen entsprechen- de Behandlungen. Wenn es nicht zur Operation kommt, wird physikalische Therapie auch als primäre Behandlungsmethode eingesetzt. Ziel ist wieder Schmerz- und Schwellungsreduktion mithilfe von Kältepackungen, niederfrequenter Elektrotherapie und Lymphdrainage. Eine an die vorge- gebene Ruhigstellung des Gelenks angepasste Bewegungstherapie kann sofort starten.
Nach Stabilisation des Geschehens erfolgen die Wiederherstellung der Beweglichkeit und die muskuläre Kräftigung, um das betroffene Gelenk vor weiteren Traumen zu schützen. Hier wird wieder die Bewegungstherapie mit Schwellstrom ergänzt.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass eine Vielzahl an Diagnosen hinter „Gelenkschmerzen“ stehen kann. Wenn die richtige erkannt wurde, gibt es aber auch eine Vielzahl an physikalischen Therapien, welche Schmerzen, Schwellung, Beweglichkeitseinschränkung, Instabilität usw. reduzie- ren können und eine Wiederherstellung der vollen Funktionsfähigkeit des Gelenks erreichen.