MEDIZIN I Allergie

Allergische Rhinitis

FotoS: adobe stock/ Jürgen Kottmann, The Aurora

In Österreich sind etwa 20 – 25 % der Bevölkerung Aller- giker, wobei die Häufigkeit der Diagnose in den letzten Jahrzehnten stets zugenommen hat. Am häufigsten fin- det sich unter den allergischen Erkrankungen die allergi- sche Rhinitis.

Aus Sicht des HNO-Arztes sind vorwiegend die Typ-I- oder auch Soforttyp-All- ergien von Interesse, wozu auch die allergische Rhinitis zählt. Die typischen Symptome der allergischen Rhinitis sind behinderte Nasenatmung, Hyperse- kretion der Nase, nasaler Juckreiz und Niesattacken. Häufig sind die Be- schwerden nicht nur auf die Nase begrenzt, Konjunktivitis sowie Abgeschla- genheit und ein allgemeines Krankheitsgefühl können zusätzlich vorhanden sein. In der täglichen Praxis geben die Patienten auch häufig eine störende Se- kretion im Rachen und Halsbereich an („postnasal drip“), diese ist gerne mit

einem Räusperzwang vergesellschaftet, sodass bei derartigen Beschwerden auch an eine nasale Ursache gedacht werden kann.


Rechtzeitige Therapie entscheidend

Als häufigste Auslöser der allergischen Rhinitis in Österreich sind Gräserpollen, Birkenpollen, Katzenhaare und Hausstaubmil- ben zu nennen. Bei der klassischen Pollenallergie finden sich die Symptome vorwiegend saisonal. Hingegen sind Reaktionen auf Hausstaubmilben, Schimmel oder Tierepithelien meist ganzjährig zu finden. Etwa 60 % der Patienten reagieren zusätzlich auch auf unspezifische Reize, wie etwa Rauch, Umweltgifte oder Temperaturschwankungen empfindlicher als Gesunde. Man spricht dann von einer nasalen Hyperreaktivität. Weitere Komorbiditäten wie Asthma, Nahrungsmittelallergien und atopische Ek- zeme sind regelmäßig nachzuweisen und können sich auch als Folge einer unzureichend therapierten allergischen Rhinitis ent- wickeln. Es konnte gezeigt werden, dass die nichttherapierte allergische Rhinitis zu einer massiven Einschränkung der Lebens- qualität mit Schlafstörungen, schlechterer Leistungsfähigkeit im Berufs- und Alltagsleben, Einschränkungen in der Freizeit und beim Sport sowie bei Schulkindern zu schlechteren Schulerfolgen führen kann. Daraus ergeben sich die sehr hoch geschätzten sozioökonomischen Gesamtkosten von etwa 1,5 Milliarden Euro jährlich in Österreich.


Hauttest mit raschen Ergebnissen

Bei positiver Anamnese sollte immer ein Hauttest (Skin-Prick-Test) sowie ein laborchemischer PRIST- und RAST-Test durchge- führt werden. Wichtig ist: Antihistaminika, kortisonhaltige Salben und Cremes müssen für zumindest 72 Stunden vor einer ge- planten Testung pausiert werden, um keine falsch negativen Ergebnisse zu erhalten. Mit Hilfe des Hauttests kann rasch und ge- zielt eine Sensibilisierung auf die häufigsten Allergene nachgewiesen werden. Die Auswahl der Allergene erfolgt nach dem Ana- mnesegespräch individuell. Beurteilt werden die Hautrötung und die Quaddelgröße. Die Diagnose der allergischen Rhinitis ist gesichert, wenn mindestens zwei typische Allergiesymptome und ein positives Testergebnis zu finden sind. Ansonst wird von ei- ner Sensibilisierung gesprochen.

Ein Prick-Test kann in beinahe jedem Alter erfolgen, da er praktisch schmerzfrei ist. Nach durchgeführtem Hauttest kann eine Blutabnahme mit Bestimmung des Gesamt-IgE und des spezifischen IgE eine Sicherung der Diagnose bringen bzw. kann bei fraglichen Testergebnissen sehr sinnvoll sein. Seit wenigen Jahren sind zusätzlich Allergenchip-Systeme verfügbar. Hiermit kön- nen aus geringen Mengen Serum Sensibilisierungen auf bis zu 300 Allergene nachgewiesen werden. Auch mögliche Differenzi- aldiagnosen sind wichtig zu bedenken und sollten gezielt abgeklärt werden. Bei neuaufgetretenen, einseitigen Symptomen sollte eine kurzfristig eine weitere Abklärung eingeleitet werden.


Allergenkarenz im Vordergrund

Aktuelle Therapieempfehlungen werden regelmäßig durch die ARIA (Allergic Rhinitis and its Impact on Asthma) herausgegeben und an den aktuellen Stand der Wissenschaft angepasst. Die derzeit gültigen Guidelines von 2016 empfehlen weiterhin ein Stu- fenschema entsprechend des Schweregrades. Das überarbeitete Klassifizierungssystem umfasst jetzt die Kategorien der inter- mittierenden und persistierenden (mehr als vier Tage/Woche, länger als vier Wochen/Jahr) allergischen Rhinitis. Die Schweregra- de der Symptome werden in leichtgradige und mittel- bis schwergradige eingeteilt. Abhängig, ob Symptome zu einer Beein- trächtigung der täglichen Aktivitäten führen. Als Basistherapie sollte immer die Allergenkarenz im Vordergrund stehen. Als zu- sätzliche Therapieformen stehen die spezifische Immuntherapie und rein symptomatische Therapieformen zur Verfügung.  Laut Leitlinie sollten zunächst nasale oder orale Antihistaminika der neuesten Generation eingesetzt werden. Zusätzlich können, ab- hängig vom Schweregrad, topische Steroide, Leukotrienantagonisten oder Cromone eingesetzt werden. Bei der spezifischen Im- muntherapie werden geringe Dosen des auslösenden Allergens in Tropfen- oder Tablettenform angeboten oder subkutan über einen längeren Zeitraum (zwei bis drei Jahre) injiziert, diese ist laut Guideline ab der Stufe der mittel- bis schwergradigen allergi- schen Rhinitis indiziert. Durch die EUFOREA (European Forum for Research and Education in Allergy and Airway Diseases) wur- de 2018 eine Empfehlung zur Adaptierung des Stufenschemas publiziert: Für die symptomatische Therapie der milden bis mit- telgradigen Verlaufsform werden einfach anzuwendende, rasch wirksame und effektive Kombinationspräparate empfohlen. Die- se Effekte konnten für Kombinationspräparate aus einem intranasalen Steroid und einem intranasalen Antihistaminikum (zum Beispiel MPAzeFlu) gezeigt werden. Bei 95 % der Fälle konnte in den ersten sieben Tagen nach Therapiebeginn eine Symptom- kontrolle der nasalen Beschwerden gezeigt werden. Patienten, die mit einem oralen Antihistaminikum allein beschwerdefrei sind, sollten diese Therapie nicht anpassen. Für saisonale und schwergradige, intermittierende Beschwerden wird weiterhin eine sub- kutane spezifische Immuntherapie (SCIT) oder eine sublinguale spezifische Immuntherapie (SLIT) empfohlen. Eine Empfehlung zur Allergenkarenz bleibt ebenso wie die übrigen Empfehlungen für die allergische Rhinitis weiterhin aufrecht.