MEDIZIN | Lebererkrankungen
Neues Verfahren
verbessert Diagnose von Fettleberer- krankungen
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Ob Patienten an einer nicht-alkoholischen Fettleber- erkrankung (NAFLD) oder einer Alkohol-assoziier- ten Lebererkrankung (ALD) leiden, spielt für die Therapie und Prognose eine bedeutende Rolle, kann aber mit den derzeit etablierten Diagnoseme- thoden nicht zuverlässig festgestellt werden.
Im Rahmen einer Studie unter Leitung der MedUni Wien wurde nun ein neues Verfahren eingesetzt, um Alkoholkonsum bei Fettlebererkrankungen nachzuweisen. Dabei zeigte sich, dass bei rund 30 % der Fälle von vermuteter NAFLD das Risiko einer alkoholbedingten Leberschädigung be- steht. Als besonders treffsicher stellten sich dabei Alkoholmarker im Haar der Patienten heraus.
Neues Testverfahren
Der Alkoholkonsum von 184 Patienten wurde untersucht, die wegen NAFLD bzw. ALD in den spezialisierten Leberambulanzen des Universitätskli- nikums AKH Wien sowie weiteren Zentren in Oberndorf und Wien behandelt wurden. Dabei verglich das Forschungsteam um Univ.-Prof. Dr. Katha- rina Staufer von der Klinischen Abteilung für Transplantation von MedUni Wien/AKH Wien und Dr. Michael Trauner von der Klinischen Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie der MedUni Wien/AKH Wien die Ergebnisse aus derzeit angewandten Methoden des Alkoholnachweises mit den Werten aus einem neuen Testverfahren. Dieses besteht in der Kombination aus den Alkoholparametern Ethylglucuronid in Haar (hEtG) und Urin (uEtG) sowie dem Fragebogen AUDIT-C (Alcohol Use Disorders Identification Test). Auf diese Weise wurde bei rund 29 % der Patienten mit Alkohol-assoziierter Lebererkrankung, aber auch bei rund 29 % der Patienten mit vermuteter nicht-alkoholischer Fettleber ein wiederholter modera- ter bis exzessiver Alkoholkonsum nachgewiesen.
25 % mit NAFLD diagnostiziert
Die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung wird mit Adipositas und Insulinresistenz als Teil des metabolischen Syndroms in Verbindung gebracht und bei bis zu 25 % der Bevölkerung festgestellt. Damit ist NAFLD die inzwischen am häufigsten diagnostizierte chronische Lebererkrankung welt- weit. Die Diagnose NAFLD schließt Alkohol in schädlichen Mengen als Ursache aus.
Der Einfluss von geringem bis mäßigem Alkoholkonsum auf das Entstehen und Fortschreiten einer Fettlebererkrankung ist in der medizinischen Forschung bis jetzt nicht endgültig geklärt. Bei Patienten mit Alkoholkonsum von > 60 g Ethanol/Tag (dies entspricht ungefähr 1,5 Litern Bier oder 0,75 Liter Wein/Tag) hat sich hingegen gezeigt, dass sich ernste Folgeschäden wie eine Steatohepatitis (Fettleber-Hepatitis), eine Fibrose (Leber- vernarbung) bis hin zur Leberzirrhose entwickeln können. Aktuelle Studien gehen von deutlich geringeren potenziell schädlichen Alkoholmengen von 10-20 g Ethanol/Tag aus, über denen eine Alkohol-assoziierte Lebererkrankung nicht sicher ausgeschlossen werden kann.
Früherkennung erforderlich
Potenziell schädlichen Alkoholkonsum bei Fettleber-Patienten frühzeitig zu erkennen, ist wichtig, um optimale Therapieempfehlungen anbieten zu können. Da Patienten die Menge des Alkoholkonsums häufig geringer oder gar nicht angeben – sei es aus rückblickender Un- terschätzung des eigenen Konsums, aus Sorge vor Stigmatisierung oder als Teil einer Alko- holerkrankung –, gestaltet sich dies in der klinischen Praxis allerdings oft als schwierig. „Die Messung von Ethylglucuronid in Haar und Urin zusätzlich zum AUDIT-C kann helfen, den Al- koholkonsum zu erfassen und so häufig erstmals ein offenes Gespräch über den tatsächli- chen Alkoholkonsum und seine Folgeschäden zu ermöglichen“, betont Staufer die Wichtig- keit einer vertrauensvollen Arzt-Patienten-Beziehung und unterstreicht weiter: „Es gilt das Stigma, das immer noch häufig mit Alkohol-assoziierten Leberschäden einhergeht, in der Ge- sellschaft abzubauen und eine optimale Behandlung zu ermöglichen.“ In diesem Zusammen- hang wurde in den letzten beiden Jahrzehnten von Experten vorgeschlagen, die NAFLD in
„Metabolische Dysfunktion-assoziierte Fettlebererkrankung“ (MAFLD) umzubenennen. „Die Ergebnisse unserer Studie werden die Verbesserung der Diagnosekriterien der Fettlebererkrankung weiter vorantreiben“, stellt Trauner in Aussicht.
rh
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Quelle:
Ethyl glucuronide in hair detects a high rate of harmful alcohol consumption in presumed non-alcoholic fatty liver disease Katharina Staufer, Ursula Huber-Schönauer, Georg Strebinger, Philipp Pim- ingstorfer, Silke Suesse, Thomas-Matthias Scherzer, Bernhard Paulwe- ber, Peter Ferenci, Thomas Stimpfl, Michel Yegles, Christian Datz, Michael Trauner DOI: https://doi.org/10.1016/j.jhep.2022.04.040