PRAXEN & IMMOBILIEN | Villen
Häuser, die Geschichten erzählen
Die Entscheidung zwischen einer alten, historischen Villa und einer modernen Architektenvilla ist letztlich Geschmackssache. Beide haben ihre Liebhaber.
Die Villa Meran in Weidlingbach (Klosterneuburg): die denkmalgeschützte
Jugendstilvilla, die von Engel & Völkers Wien angeboten wird, punktet mit
einzigartigen historischen Details.
__________________________________________________________________
Sie erzählen Geschichten aus vergangenen Zeiten. Sind meist in vermehrter Zahl in den Grünruhelagen der Großstädte oder ihren Speckgürteln zu finden, in die es das wohlhabende Bürgertum in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zwecks Sommerfrische zog. Die Rede ist von historischen Villen, die mit ihrem besonderen Flair und einzigartigen Elementen noch heute unzählige Menschen verzaubern. Aber auch moderne Architektenvillen haben ihren Reiz und ihre Liebhaber. Ihre Geschichte muss meist erst geschrieben werden. Dafür punkten sie mit individueller Architektur, großzügigen Grundrissen und State-of-the-art-Ausstattung und -Haustechnik.
Egal, ob alt oder modern, beide Villenarten haben aktuell jedenfalls eines gemeinsam: Selten zuvor war das Angebot derart spärlich bemessen. „Die Inflation, das knappe Angebot und die weiter steigenden Preise führen bei Kunden dazu, noch intensiver und rascher in Immobilien zu investieren“, erklärt Dipl.-BW Philipp Niemann, Geschäftsführer von Engel & Völkers Market Center Wien. Dass es an alternativen, attraktiven Anlagemöglichkeiten fehlt und für größere Barvermögen sogar spürbare Strafzinsen drohen, befeuere die Preise am Wohnimmobilienmarkt nur zusätzlich, so Niemann.
Mit sehr viel Geduld und Glück lässt sich aber auch jetzt die persönliche Traumvilla finden. Dazu zählt vielleicht die Villa Meran. Die prächtige dreigeschoßige Jugendstilvilla mit einer Wohnfläche von 650 m2, die in Weidling bei Klosterneuburg in einer Grünruhelage mit Blick auf das Weidlingbachtal und den Wienerwald thront, wurde 1909/1910 nach einem Entwurf des bekannten Architekten Hans Prutscher erbaut. Angesichts des Mansardendachs mit ornamentaler, glasierter Ziegeldeckung, des mittig vorschwingenden Balkonrisalits, der im Dachbereich von zwei Karyatidenpaaren flankiert wird, oder der vielen kunstvollen Details und Elemente im Inneren der denkmalgeschützten Villa werden die Herzen von Altbaufans höherschlagen.
Architektenvilla am Grazer Ruckerlberg
Szenenwechsel ins Grazer Villenviertel Ruckerlberg. Als krasser Gegenentwurf zur Villa Meran kann sicherlich die 2010 erbaute Architektenvilla mit 317 m2 Wohnfläche bezeichnet werden, die auf einen neuen Besitzer wartet. Sie überzeugt mit hervorragendem Wohnraumkonzept, lichtdurchfluteten Räumen
sowie raffinierten Details – ganz zu schweigen vom offenen Wohn- und Essbereich mit gemütlichem Kamin, dem Whirlpool auf der Dachterrasse mit bezauberndem Ausblick oder der Lage in einer ruhigen Sackgasse. Für Ärzte nicht uninteressant: Das Landeskrankenhaus-Universitätsklinikum Graz findet sich in der unmittelbaren Nähe zur Architektenvilla.
„Im Wiener Speckgürtel ist das Angebot an modernen und historischen Villen, ebenso wie an Villenetagen, aktuell leider deutlich niedriger als die Nachfrage“, sagt Karin Bosch, MBA, Leitung NÖ-Süd und s REAL Exklusiv. Im Vorjahr konnten sie und ihr Team vier historische Villen verkaufen, die teilweise schon länger auf dem Mark waren. „Eine längere Vermarktungszeit ist aber grundsätzlich nichts Ungewöhnliches in dem Segment“, so die s Real-Expertin. In der Regel dauere es ein halbes bis zwei Jahre, bis eine Liegenschaft verkauft werden könne. Falls ein historisches Objekt aber über einen längeren Zeitraum keinen neuen Eigentümer findet, dann sei Vorsicht angebracht. „Dann passt in der Regel etwas nicht“, bringt es Bosch auf den Punkt.
Auch Dipl.-Kfm. Fridolin Angerer, Experte für historische Landsitze und Villen bei Spiegelfeld Immobilien, berichtet, dass die
Vermittlung eines alten und renovierungsbedürftigen Hauses manchmal länger dauern kann. Als Beispiel nennt er eine seit 50 Jahren unbewohnte Villa im Joglland, die erst nach drei Jahren verkauft werden konnte. Die Kunden würden aber in den seltensten Fällen ein fertiges Haus wollen. „Vielmehr wollen sie sich selbst einbringen und sind bereit, ihrem Geschmack folgend zu investieren“, so Angerer. Das sei neben Kosten auch mit viel Zeit verbunden. So könne eine vollständige Renovierung durchaus viele Monate bis hin zu ein, zwei Jahren dauern.
Hoher Investitionsbedarf
„Die tatsächlichen Kosten, die neben dem Kaufpreis zusätzlich für Renovierungsarbeiten anfallen, variieren und sind vorab schwer in Zahlen zu fassen“, so der Spiegelfeld-Experte. Er erinnert sich an eine alte Mühle in Wilfersdorf, die um 130.000 Euro verkauft wurde, bei der schlussendlich ein
Investitionsbedarf von geschätzten 700.000 Euro vorlag. Nachsatz: „Das ist wohl der größte Unterschied zwischen historischen Objekten und einer neu errichteten Villa.“
Auch Angerer hatte schon mal mehr Objekte im Talon. Nachdem er im Vorjahr viele Landhäuser verkaufen konnte, hat er aktuell nur ein Herrenhaus in Karlstift im Waldviertel im Angebot. „Es ist derzeit selbst für mich überraschend, wie hoch die Nachfrage ist und welche Preise sich erzielen lassen“, sagt er. Das Angebot an historischen Landsitzen und Villen sei jedenfalls grundsätzlich sehr knapp. Seit der Corona-Pandemie und der Sehnsucht nach freier Bewegung in der Natur wären solche Liegenschaften wieder stärker gesucht als zuvor.
Stichwort Preise. Nach Niemanns Einschätzung entwickelt sich die eigengenutzte Immobilie angesichts der enormen Preissteigerungen zunehmend
zu einem Luxusgut. Im Übrigen stiegen die Preise für Einfamilienhäuser im Vorjahr im Vergleich zu 2020 in allen Bundesländern. Besonders deutlich fiel der Anstieg mit einem Plus von fast
73 % in Tirol aus, was auch auf die hohe Nachfrage im Premiumsegment zurückzuführen sei, so die Experten von Engel & Völkers. Unter den Landeshauptstädten gab es den höchsten Anstieg in Linz (+ 32,2 %), gefolgt von Bregenz (+ 23,1 %) und Graz (+ 20,9 %). In der Bundeshauptstadt wurde wiederum ein Plus von fast 23 % verzeichnet. Am meisten kostet ein Haus mit einem Durchschnittspreis von 1,26 Millionen Euro aktuell in Tirol. Auf den Rängen folgt Salzburg (994.000 Euro) noch vor Wien (855.000 Euro).
Dauerbrenner: Stilaltbau
Nach Einschätzung von Boschmann geht das Duell alte versus neue Villa, zumindest unter ihren Kunden, zugunsten schöner Stilaltbauten aus. Viele Käufer wären auch in einschlägigen Villen, Villenetagen oder Wohnungen aufgewachsen. „Viele Liebhaber von Altbauten denken sich: Ein Haus, das seit 100 Jahren steht, wird auch in 100 Jahren stehen“, so Bosch. Bei neuen Architektenvillen gelte hingegen: Was jetzt modern sei, müsse nicht auch in 20 Jahren modern sein. Oft stünden dann Umbauten auf dem Programm, um einen neuen Touch hinzukriegen. Der Großteil von Boschs Kunden bevorzugt jedenfalls schöne Stilaltbauten. „Dabei spielen Themen wie Raumhöhen und - klima ebenso wie historische Elemente wie unter anderem Stuckatur, Kastenfenster oder Flügeltüren eine Rolle“, sagt sie. In Kombination mit einer modernen Einrichtung könne das sehr stimmungsvoll sein.
pb
Die Innen- und Außenansicht einer Architektenvilla am Grazer Ruckerlberg. Das Objekt, das mit seinem Wohnraumkonzept und raffinierten Details überzeugt, wird für 2,6 Millionen Euro angeboten.
_________________________________________________________________
Die Innen- und Außenansicht einer Architektenvilla am Grazer Ruckerlberg. Das Objekt, das mit seinem Wohnraumkonzept und raffinierten Details überzeugt, wird für 2,6 Millionen Euro angeboten.
_________________________________________________________________
Eine 2017 erbaute Architektenvilla in Irenental (Gemeinde Tullnerbach), die von s Real angeboten wird. Die künftigen Besitzer erwartet eine stilvolle Oase der Ruhe.
__________________________________________________________________________
Eine 2017 erbaute Architektenvilla in Irenental (Gemeinde Tullnerbach), die von s Real angeboten wird. Die künftigen Besitzer erwartet eine stilvolle Oase der Ruhe.
__________________________________________________________________________
FOTO: SPIEGELFELD, ENGEL & VÖLKERS/ BYCKBONE, ENGEL & VÖLKERS, S REAL/LEMON ONE, SPIEGELFELD, SREAL
1847 errichtet und 2011 renoviert, wartet diese repräsentative Villa in Baden mit herrschaftlichen 600 m2 Wohn- und 2.250 m2 Grundfläche auf neue Bewohner.
_____________________________________________________________________
1847 errichtet und 2011 renoviert, wartet diese repräsentative Villa in Baden mit herrschaftlichen 600 m2 Wohn- und 2.250 m2 Grundfläche auf neue Bewohner.
_____________________________________________________________________