MEDIZIN | Allergien & Intoleranzen




Nehmen Sie Ihren Patienten die Angst vor der Untersuchung,

sie ist schmerzfrei möglich. Alle Sozialversicherungen stellen

eine Sedierung als Kassenleistung zur Verfügung. _________________________________________________

fotoS: zvg, istockphoto/ ljubaphoto, istockphoto/ romaset

Schmerzen um die Mitte

Allergien, Intoleranzen und Nahrungsmittelunver- träglichkeiten – steckt sonst wirklich nichts dahinter?

Bei Patienten mit unspezifischen abdominellen Beschwerden ist, wie immer, eine sorg- fältige ausführliche Anamnese der Schlüssel zur notwendigen weiteren Diagnostik und Erstellung einer korrekten Diagnose. Natürlich kann aber jemand plötzlich – das lässt sich durch die noch so genaue Anamnese nicht vorab klären – beispielsweise auf Erd- nüsse (deshalb gibt es die im Flugzeug nicht mehr!), Erdbeeren oder Scampi aller- gisch, bis zum anaphylaktischen Schock, reagieren.


Einige Patientenbeispiele

Eine junge Frau berichtet nach dem Genuss von Semmeln regelmäßig über Blähungen, Durchfälle und Bauchschmerzen. Die nächste wichtige Frage wäre, ob sich die Patientin in letzter Zeit weizenfrei ernährt hat. Hat sie das nicht, kann der Pathologe nach einer Dünndarmbiopsie bei der Gastroskopie histologisch eine für die Zöliakie beweisende Zottenatrophie diagnostizieren. Diese histologische Veränderung verschwindet aller- dings, wenn auf die Zufuhr von Weizenprodukten verzichtet wurde. In diesem Fall kann die Diagnose aber durch eine Blutabnahme gestellt werden.

Eine andere Patientin berichtet, dass sie nach Genuss von Hefe, Bergkäse, Parmesan oder Rotwein massive Bauchschmerzen bekommt, die ihr tägliches Leben stark einschränken. Hier besteht der dringende Verdacht auf das Vorliegen einer Histaminintoleranz. Dabei treten für die Patienten – zumeist bei Frauen – beträchtliche Beschwerden auf und schränken die Lebensqualität massiv ein. Die Bestimmung der Diaminooxidase im Blut führt zur Diagnose. Obwohl symptomlindernde Medikamente zur Verfügung stehen, besteht lebenslang die Notwendigkeit eines ziemlich einge- schränkten Speiseplans. Achtung bei Narkosen! Es gibt Triggermedikamente, daher unbedingt den Anästhesisten informieren!


Was H2-Atemtests aussagen

Laktose-, Fruktose- und Sorbitintoleranzen sowie Dünndarmfehlbesiedelungen lassen sich sehr einfach durch einen H2-Atemtest nachweisen. Das Testprinzip ist genial einfach. Die Probanden erhalten jeweils eine genau abgemessene Dosis Zucker zu trinken und müssen alle 30 Minuten in ein

Röhrchen blasen. Dabei wird die Wasserstoffkonzentration in der auszuatmenden Luft gemessen.

Normalerweise werden die Zuckerformen im Dünndarm durch Enzyme gespalten und verstoffwechselt. Besteht aber ein Man- gel an diesen, kommen die Zuckerformen unverdaut in den Dickdarm und werden durch Bakterien gespalten. Dabei ent- steht Wasserstoff, der übers Blut in die Lunge transportiert und dort ausgeatmet wird. Überschreitet nun die H2-Konzentration einen bestimmten Grenzwert, ist das der Beweis dafür, dass die jeweiligen Enzyme im Dünndarm fehlen. Als Vorbereitung auf die Untersuchung darf man nicht Zähne putzen, keinen Lippenstift verwenden und auch nicht Kaugummi kauen, da sonst der H2-Ausgangswert zu hoch sein kann. Bei Laktose- und Fruktoseintoleranz gibt es Enzympräparate in der Apothe- ke. Bei Fruktoseunverträglichkeit hilft auch die gleichzeitige Zufuhr von Traubenzucker, die Symptome zu lindern.


„Herr Doktor, ich habe einen Reizdarm“

Der Klassiker schlechthin ist die Gesprächseröffnung mit den Worten: „Herr Doktor ich habe einen Reizdarm“. Bei Hinterfra- gen stellt sich dann oft heraus, dass diagnostisch noch gar nichts erfolgt ist und einfach unspezifische, abdominelle Be- schwerden – oft nach Befragung von „Dr. Google“ – den Pati- enten zu der vermeintlichen Diagnose führten. Nun so einfach ist es jedoch nicht. Die korrekte Diagnose des Reizdarms ist eine reine Ausschlussdiagnose und orientiert sich klinisch an den Rom-IV-Kriterien:

• Symptombeginn mindestens sechs Monate vor Diagnosestellung

• Beschwerden durchschnittlich an mindestens einem Tag pro Woche in den letzten drei Monaten

• wiederkehrende Bauchschmerzen assoziiert mit mindestens zwei der folgenden Kriterien: Zusammenhang mit der Stuhlent- leerung, Änderung der Stuhlfrequenz, Änderung der Stuhlkonsistenz.


Das Diätprinzip der „Low FODMAPS“

Ein sehr guter Behandlungsansatz besteht in der Empfehlung der Low- FODMAPS-Diät. FODMAPS sind Kohlenhydratverbin- dungen, die Bauchschmerzen verursachen, enthalten zum Bei- spiel in Avocados oder Datteln. Im Internet finden sich lange Listen an FODMAPS-reichen und -armen Lebensmitteln. Das Diätprinzip beruht auf einem dreistufigen Plan.

1. Während der ersten sechs Wochen gilt die strikte Vermei- dung aller FODMAPS

2. In der zweiten Phase können nacheinander versuchsweise bisher verbotene Lebensmittel verwendet werden. Bei neuerli-

chen Problemen Vermeidung derselben für einige Monate

3. In der dritten Phase nochmaliger Versuch mit diesen Speisen. Wenn wieder Probleme auftreten, erfolgt die endgültige Streichung aus dem Speiseplan!

Extrem hilfreich hat sich für betroffene Patienten die medizinische Hypnosetherapie erwiesen, die beispielsweise im AKH Wien bei Univ.-Prof. Dr. Ga- briele Moser durchgeführt werden kann.


Endoskopie wichtig zur Ausschlussdiagnose

Die meisten Betroffenen benötigen allerdings eine endoskopische Abklärung ihrer Symptome, schon allein zur Ausschlussdiagnose anderer Darm- erkrankungen. Mein diesbezüglicher Appell an Sie lautet: Bitte nehmen Sie Ihren Patienten die Angst vor der Untersuchung, sie ist heute völlig schmerzfrei möglich!

In Wien sind wir in der glücklichen Lage, dass zunächst die WGKK eine Vorreiterrolle bei der Kassenübernahme der Sedierung zur Endoskopie ein- nahm. Inzwischen stellen alle Sozialversicherungen dies als Kassenleistung zur Verfügung. Damit können die Kosten für die medizinisch und foren- sisch nötige, zweite geschulte Kraft bei der Sedierung einfach via E-Card abgerechnet werden. Damit kann man aber versprechen, dass die endo- skopische Untersuchung praktisch völlig schmerzfrei für den Patienten abläuft. Man kann nicht oft genug betonen, dass die Kolonoskopie – ob zur Vorsorge oder kurativ – die einzige Methode ist, durch simultane Abtragung von Polypen die Entstehung von Frühformen des Kolonkarzinoms zu verhindern. Ein abgetragener Polyp am Weg zum Pathologen kann eben pro futuro nicht mehr bösartig werden.


Künstliche Intelligenz erhöht Entdeckungsrate

Bei jedem vierten Patienten fördert die Koloskopie einen oder mehrere Polypen zutage. Als beachtenswerte Neuerung steht seit Kurzem eine künstli- che Intelligenz in der Endoskopie zur Verfügung: Dabei wird durch ein integriertes Computerprogramm die Adenom-Entdeckungsrate laut aktuellen Studien nochmals um 10 % gesteigert. Der Polyp wird mit einem leuchtenden Viereck dargestellt (siehe Foto). Als Besonderheit zeigt das Programm auch an, ob die Abtragung wirklich komplett erfolgte, wodurch die Entstehung von Intervallkarzinomen reduziert werden kann.