PRAXEN & IMMOBILIENSpeckgürtel Landeshauptstädte

Auf der Suche nach mehr Wohnqualität

Auch in den Bundesländern boomt die Nachfrage nach Immobilien in den grünen Speckgürteln der Landeshauptstädte.

Ein Haus im Grazer Außenbezirk St. Peter. Laut Immobilienexperten ist es zurzeit sogar für liquide Immobiliensuchende nahezu unmöglich in der steirischen Landeshauptstadt ein Haus zu bekommen, was auch den Run auf das Umfeld erklärt. Dieses hier mit 260 m2 Wohnfläche steht für

1,7 Millionen Euro zum Verkauf.

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Egal ob in Wien oder im Speckgürtel der Landeshauptstädte: Schön zu Wohnen hat durch die Covid-19-Pandemie noch eine höhere Wertigkeit

erfahren. Gefragt sind: Mehr Ausstattungsqualität, mehr

Wohnfläche und Naturnähe.

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Tagsüber in Salzburg arbeiten und am Abend am See entspannen: Auf- grund der Nähe zur Mozartstadt haben sich in den vergangenen Jahren viele Pendler am Mondsee niedergelassen.

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fotoS: sissy furgler, ZVG

Im Osten geht er bis nach Gleisdorf, im Süden bis nach Leibnitz, im Westen – durch den Ausbau der Koralmbahn – bis in den Raum Deutschlandsberg. Die Rede ist vom Speckgürtel um Graz, der sich wie auch sein Wiener Pendant zuletzt weiter ausgedehnt hat. „Aber auch die Achse Köflach-Voitsberg ist durch den kürzlich angekündigten Ausbau der B70, der Packer-Straße, aufgrund der dadurch deutlich verkürzten Fahrzeit nach Graz, ins Blickfeld von Immobiliensuchenden geraten“, sagt Mag. Margot Clement, MBA, Geschäftsführerin RE/MAX For All Graz.

Wie auch in der Bundeshauptstadt und den anderen Landeshauptstädten Österreichs ist die Ausdehnung des Speckgürtels für Clement auf die starke Preisentwicklung in Graz und Graz-Umgebung zurück zu führen, wo Einfamilienhäuser im Vorjahr laut Daten von RE/MAX typischerweise 413.000 sowie 293.000 Euro kosteten. „Aber auch das knappe Angebot in Graz“, fügt die RE/MAX Immobilienexpertin hinzu. Denn selbst wenn man liquide sei, sei es derzeit fast unmöglich in der steirischen Landeshauptstadt ein Haus zu bekommen. „Aktuell lauten die Schlagworte Leistbarkeit und Verfügbarkeit“, hält Clement fest.


Graz: Grundstücke heiß begehrt

Am stärksten nachgefragt werden im Grazer Speckgürtel Grundstücke. Nur zwei Beispiele aus dem aktuellen RE/MAX-For-All-Portfolio: Rund 30 Autominuten von Graz entfernt, in der Gemeinde Allerheiligen bei Wildon nördlich von Leibnitz, wartet ein rund 4.400 m² großer Grund mit atemberaubendem Ausblick auf „Häuslbauer“, die bereit sind, dafür knapp 70.000 Euro auf den Tisch zu legen. Etwas tiefer in die Tasche greifen muss man für einen 4.500 m² großen Baugrund in Takern I, einer Ortschaft in der Gemeinde St. Margarethen an der Raab im Bezirk Weiz, die ungefähr gleich weit entfernt von Graz liegt wie Allerheiligen bei Wildon. Der Eigentümer verlangt dafür 195.000 Euro.

Nach Grundstücken werden im Grazer Speckgürtel Einfamilienhäuser am stärksten nachgefragt. Auch davon hat Clement aktuell einige im Angebot – etwa ein kürzlich

kernsaniertes Objekt in Großsulz südlich von Graz mit 126 m² Wohnfläche für 619.000 Euro oder ein Haus im Landhausstil (Wohnfläche: 180 m²) in Alleinlage in St. Stefan ob Stainz im Schilcherland für 519.000 Euro. Auf dem dritten Platz im Nachfrage- Ranking landen Doppelhaushälften und Wohnungen in Wohnhausanlagen. „Die Developer sind derzeit sehr umtriebig und es werden viele Projekte umgesetzt“, erklärt Clement.


Linz: Vierteuerste Landeshauptstadt

Szenenwechsel nach Oberösterreich. „Während früher 20 Autominuten zum Arbeitsplatz in Linz in Kauf genommen wurden, sind es heute 30 bis 40 Minuten“, sieht Ernst Mittermair, Geschäftsführer s Real Oberösterreich, eine höhere Bereitschaft unter Immobiliensuchenden, sich immer weiter weg von der oberösterreichischen Landeshauptstadt anzusiedeln. Auffallend sei, dass sich Käufer zuletzt verstärkt in Bezirken wie Freistadt, Steyr-Land, Wels-Land, Rohrbach oder Perg niedergelassen haben. „Dort sind zuletzt auch – bedingt durch das hohe Linzer Preisniveau – prozentuell die höchsten Preisanstiege verzeichnet worden“, so Mittermair.

Stichwort Preise: Im Vorjahr kosteten Einfamilienhäuser in Linz typischerweise 462.000 Euro, was einem Anstieg von fast 8 % gegenüber 2019 entspricht. Damit ist Linz die viertteuerste Landeshauptstadt Österreichs. Laut der Studie „s Real Wohnwert 2021“ kosten dort Einfamilienhäuser durchschnittlich 2.100 Euro/m² (Erstbezug: 4.000 Euro). Zum Vergleich: In den Mühlviertler Bezirken Rohrbach, Freistadt und Perg sind es 1.250 (Erstbezug: 2.250), 1.350 (2.150) sowie 1.400 Euro/m² (2.600).

Am beliebtesten sind aber auch im dortigen Speckgürtel Baugrundstücke. Für das begehrte Gut konnten 2020 Preise von 200 bis 350 Euro/m² erzielt werden. „Bedingt durch das geringe Angebot an Baugrundstücken und die Zurückhaltung seitens der Politik, was Umwidmungen betrifft, sind immer mehr Käufer dazu bereit bestehende Objekte abzureißen und neu zu bauen“, so Mittermair. Nachsatz: „Man kann in diesem Zusammenhang durchaus auch von einer Alternative zum Baugrundstück sprechen.“ Das erklärt auch, wieso sich angehende Bauherren zuletzt neuen Bezirken zugewendet haben. In Rohrbach kostet etwa der Quadratmeter Baugrund im Mittel 45 Euro, in Freistadt 75 Euro. In Perg können Baugrundstücke im Mittel für 160 Euro/m² verkauft werden.

„Die Covid-19-Pandemie hat den Immobilienmarkt deutlich verändert. Dadurch, dass die Menschen mehr Zeit zu Hause verbracht haben, hat Wohnen eine noch höhere Wertigkeit erfahren“, sagt Mag. Daniel Triffterer, Geschäftsführer Spängler Immobilien. Auch im Bundesland Salzburg gehe der Trend eindeutig in Richtung mehr Wohnqualität. Daher würde es Immobiliensuchende auch dort mehr aufs Land oder ins Grüne ziehen. „Gefragt ist die Nähe zur Natur und Naherholungsgebieten“, so Triffterer. Die Folge: Auch im Salzburger Speckgürtel sind Grundstücke noch begehrter und rarer geworden.


Salzburg wächst nach Norden

Im Salzburger Umland befinden sich die Wachstumsregionen eher im Norden. Den Grund für diese Entwicklung sieht Triffterer im räumlichen Entwicklungskonzept (REK), das einen wesentlichen Einfluss auf die Bildung von Speckgürteln hätte. „Auf der Suche nach günstigem Wohnen zieht es auch einige Salzburger ins benachbarte Deutschland – in verkehrstechnisch gut erschlossene Lagen wie beispielsweise Teisendorf oder Freilassing“, so der Experte von Spängler Immobilien. Mit einer guten Anbindung punkte auch Mondsee im Osten der Landeshauptstadt.

Gerade Mondsee hat aufgrund seiner hohen Lebensqualität in den letzten Jahren viele Pendler angezogen. Dementsprechend stark sind auch die Preise gestiegen. Sie haben mittlerweile durchaus das exklusive Niveau des benachbarten Attersees erreicht. Aber (Wohn-) Qualität hat eben ihren Preis. Das trifft sicherlich auf ein Anwesen in Schwarzindien am Südwestufer des Mondsees zu, das Engel & Völkers gerade im Angebot hat. Das 1993 errichtete Haus (Wohnfläche: 330 m², Grundstücksfläche: 3.100 m²) ist für 7,5 Millionen Euro zu haben.


pb