Praxis & Ordinationsgründung Primärversorgung 

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Häufig gestellte

Fragen zum Thema Primärversorgungs- einheit

Die Primärversorgungseinheit (PVE) ist ein me- dial viel diskutiertes Thema mit oftmals unter- schiedlich ausgelegten Begrifflichkeiten und Vorstellungen. Wir widmen uns diesem Thema, um ein wenig „Licht ins Dunkel“ zu bringen.

Die Sicherung der Gesundheitsversorgung ist eine der zentralen öffentlichen Aufgaben. Um eine Gesundheitsversorgung, die gleichmäßig verteilt und gut erreichbar, darüber hinaus in vergleichbarer Qualität und auf hohem Niveau angesiedelt ist, auch in Zukunft anbieten zu können, braucht es hinsichtlich ihrer (Weiter-)Entwicklung Vorgaben und Pläne. Ziel ist die Implementierung einer 24/7-Versorgung, von der Mediziner und Patienten gleichermaßen profitieren. Ein zentraler Baustein ist dabei die „neue Primärversorgung“.


?Was bedeutet Primärversorgung?

„Primärversorgung ist die erste Anlaufstelle für alle Menschen mit gesundheitsbezogenen Anliegen.“ Innerhalb der Primärversorgungseinheit (PVE) sind daher Hausärzte bzw. Allge- meinmediziner erste Ansprechpersonen, wenn es um gesundheitsbezogene Anliegen geht. Diese Primärversorgung wird nun durch teambasierte PVE erweitert. In diesen schließen sich Allgemeinmediziner mit weiteren Berufen des Gesundheitswesens, wie zum Beispiel

Therapeuten in einem Zentrum oder mittels Netzwerks, zusammen, mit dem Ziel, Patienten zu erweiterten Öffnungszeiten umfassend und wohnort- nah zu versorgen. Bei den PVE liegt der Fokus also auf der Arbeit im Team und auf einer gemeinsamen Patientenbetreuung. Bei der Sekundärver- sorgung handelt es sich wiederum um die Gesundheitsversorgung durch niedergelassene Fachärzte, die in der Regel erst nach einer Überwei- sung durch den Primärversorger konsultiert werden.


?Welche Aufgaben haben Primärversorgungseinheiten?

Die Aufgaben der PVE liegen sowohl in der Gesundheitsförderung und der Krankheitsprä- vention als auch in der Behandlung von chronischen und akuten Erkrankungen. Gleichzeitig koordinieren sie den Versorgungsprozess und gewährleisten so eine ganzheitliche und kon- tinuierliche Betreuung.


?Wer sind die Teammitglieder einer Primärversorgungseinheit?

Laut § 2 Abs. 2 des Primärversorgungsgesetzes (PrimVG) muss eine PVE aus einem Kern- team bestehen. Zu diesem Kernteam gehören Allgemeinmediziner und Angehörige des ge- hobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflegepersonal. Weiters können auch Ärzte für Kinder- und Jugendheilkunde Teil dieses Teams sein. Darüber hinaus dürfen de facto fast alle Gesundheitsberufe in einer PVE beschäftigt werden.


?Welche Arten von Primärversorgungseinheiten gibt es?

Es wird zwischen drei Arten von PVE unterschieden:

1. Netzwerk: Hier schließen sich Allgemeinmediziner und gegebenenfalls weitere Gesund- heitsberufe zu einem Netzwerk zusammen. Das bedeutet, dass sich die Beteiligten hinsicht- lich Öffnungszeiten, Vertretungsregelungen sowie Bereitschaftsdiensten abstimmen, aber nicht ihren jeweiligen Praxisstandort aufgeben.

2. Gruppenpraxis: Die Mitglieder der Gruppenpraxis, freiberufliche Allgemeinmediziner und gegebenenfalls weitere Gesundheitsberufe, sind gleichberechtigt und bieten an einem ge- meinsamen Standort ihre Versorgung an.

3. Gesundheitszentrum: Im Gesundheitszentrum wiederum arbeiten angestellte Ärzte und gegebenenfalls weitere Gesundheitsberufe unter einer ärztlichen Leitung an einem Standort zusammen.


?Wie wird eine Primärversorgungseinheit ge- gründet?

Zunächst muss jeder Einzelne für sich entschei- den, ob er überhaupt Unternehmer und vor allem Teamplayer sein möchte. Eine wichtige Frage ist, ob es mögliche Partner gibt, mit denen Sie gut und gerne zusammenarbeiten können und wol- len? Wenn dem so ist, können Sie, sofern Sie All- gemeinmediziner sind, in einem ersten Schritt mit einer PVE-Interessensbekundung Ihr Vorhaben mittels Formular inklusive Kurzkonzept offiziell be- kannt geben. Erst in einem zweiten Schritt geht es dann zum Ausschreibungs- und Bewerbungs- prozess. In Wien beispielsweise werden alle PVE- Ausschreibungen auf der Website der Ärztekam- mer veröffentlicht. Es gilt zu beachten, dass die

Bewerbungsfrist drei Monate beträgt und dass ein vollständiges Versorgungskonzept einzureichen ist. Nähere Informationen zu diesem Thema fin- den Sie unter: www.pve.gv.at/der-weg-zur-gruendung.


?Rechnet sich eine Primärversorgungseinheit überhaupt?

Es empfiehlt sich natürlich, wie bei jeder anderen zu gründenden Ordinationsart auch, den obligatorischen Businessplan zu erstellen. Denn nur an- hand eines individuellen Businessplans lassen sich die Chancen und Risiken Ihrer Ordinationsgründung überprüfen und welche Ressourcen Sie

für die Umsetzung benötigen (s. Kasten).

Durch das breitere Leistungsangebot, die erweiterten Öffnungszeiten und die Kooperation mit vielen weiteren Berufen des Gesundheitswesens erhöht sich üblicherweise der Patientendurch- lauf, was letztendlich zu höheren Umsätzen führt, auch wenn die fixen Kosten steigen. Darüber hinaus gibt es seitens Bund, Ländern, Gemeinden und der Sozialversicherungsträger attraktive Förderungen. In Wien beispielsweise erhält jede PVE 215.000 Euro und zusätzlich zur Fallpau- schale eine Sonderpauschale von sieben Euro. Auch gibt es die Möglichkeit von EU-Förderun- gen, speziell für die ländliche Entwicklung.


?Welche Vorteile haben Primärversorgungseinheiten?

Die Vorteile für die Mediziner liegen in der vernetzten Teamarbeit, den geregelten Arbeitszeiten und der damit verbundenen besseren Work-Life-Balance. Durch die Zusammenarbeit der un- terschiedlichen Berufsgruppen wird zusätzlich ein wesentlich breiteres Leistungsspektrum an- geboten. Außerdem gibt es bei der Gründung einer PVE die Möglichkeit der Anschubfinanzie- rung durch öffentliche Mittel (s. www.pve.gv.at). Die Vorteile für den Patienten liegen vorrangig in der wohnortnahen, vekehrsmäßig guten Erreichbarkeit und der ganzheitlichen Gesundheits- versorgung zu bedarfsgerechten Öffnungszeiten. Innerhalb von PVE gibt es darüber hinaus im Vertretungsfall immer einen Allgemeinmediziner, der den Patienten und seine Krankenge- schichte kennt. Der Patient wird so den gesamten Behandlungsweg über begleitet, Terminver- einbarungen werden erleichtert, doppelte Arztwege unterbunden und lange Wartezeiten vermieden.


?Gibt es auch Kritikpunkte?

Es gibt die Befürchtung, dass es zu Wettbewerbsvorteilen für die PVE kommen könnte, wenn sie Dienstleistungen und Öffnungszeiten anbieten, die Einzelordinationen in der näheren Um-

gebung nicht anbieten.


?Gibt es bereits Primärversorgungseinheiten?

Österreichweit gibt es derzeit 33 PVE, wovon 28 bereits in Betrieb sind, vier in der Planung und eine in der Diskussion stehen. Beispiele für die erfolgreiche Umsetzung sind die Gruppenpraxis PHC Medizin Mariahilf in Wien, das Gesundheitszentrum Feh- ring in der Steiermark oder das Primärversorgungnetzwerk Neuzeug-Siernig in Oberösterreich.