Praxis- & Ordinationsgründung | Gruppenpraxis

Wie gründe ich eine Gruppenpraxis?

Fotos: zvg, istockphoto/ AndreyPopov

Gemeinsam sind wir stark – so der Hauptgrund für Mediziner, sich zu einer Gruppenpraxis zusammen- zuschließen. Wir verraten Ihnen, wie dieser Schritt gelingt und welche Überlegungen im Vorfeld anzu- stellen sind.

AUTORIN:

Mag. Iris Kraft-Kinz

Steuerberaterin, Unternehmensberaterin MEDplan

iris.kraft-kinz@medplan.at

www.medplan.at

Einfach waren die letzten Jahre nicht. Viele Mediziner klagen mehr denn je über lange Arbeitszeiten und Patientenstress, der ihre Lebensqualität deutlich mindert. In solchen Situationen sollte man Überlegungen anstellen, ob die Gründung einer Gruppenpraxis eine bessere Work-Life-Balance mit sich bringen und ein Zusammenschluss mit einem Berufskollegen die Kosten senken, das Behandlungs- bzw. Serviceangebot verbreitern und Synergieeffekte schaffen kann.

Wenn Sie die Gründung einer Gruppenpraxis ernsthaft überlegen, sollten Sie sich mit folgenden Fragen auseinandersetzen:

• Welche Rechtsform ist die richtige und wo liegen die Unterschiede?

• Wie wird die Ordination bewertet?

• Was sind die steuerlichen Rahmenbedingungen?

• Was kostet der Beitritt zu einer Gruppenpraxis?


Rechtsform

Seit 2004 haben Ärzte die Möglichkeit, sich zu einer Gruppenpraxis in Form einer Offenen Ge- sellschaft (Ärzte OG) zusammenzuschließen. Zusätzlich steht ihnen seit 2011 auch die Mög- lichkeit offen, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Ärzte GmbH) zu gründen.

Schließen sich Ärzte zu einer Gruppenpraxis in Form einer Personengesellschaft zwecks ge- meinsamer Ausübung ihres Berufes zusammen, dann wird dadurch die abgabenrechtliche Be- urteilung ihrer Tätigkeit nicht beeinflusst. Die OG stellt eine Mitunternehmerschaft dar, die kei- ner Steuerpflicht unterliegt; Steuersubjekte sind die Gesellschafter. Der Gewinn wird zunächst auf Ebene der OG festgestellt und dann nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages auf die Gesellschafter aufgeteilt. Nach Verrechnung etwaiger Sonderbetriebsausgaben und -einnah- men erfolgt die Versteuerung beim jeweiligen Arzt.

Anders als bei einer Personengesellschaft wird bei der Besteuerung einer GmbH nicht auf die Gesellschafter durchgegriffen, sondern die GmbH an sich als Steuersubjekt angesehen. Ge- winne werden in der GmbH mit 25 % besteuert. Erfolgt die Ausschüttung an die Gesellschafter, so unterliegt diese Ausschüttung der Kapitalertragsteuer in der Höhe von 27,5 %. In Summe ergibt sich dadurch eine Steuerbelastung von 45,625 %, wie folgende Tabelle verdeutlicht (ak- tuelle Rechtslage vor geplanter Steuerreform):

Ab Anfang 2023 tritt auch eine Neuregelung in Kraft. Konkret wird der Körper- schaftsteuersatz ab diesem Jahr von 25 % auf 24 % gesenkt; ab dem darauf- folgenden Jahr von 24 % auf 23 %.

Gewinne, die künftig in einer Ärzte-GmbH verbleiben und nicht ausgeschüttet werden, werden in rund zwei Jahren mit nur 23 % besteuert. Ausschüttungen an die Gesellschafter unterliegen dann auch nur noch einer Gesamtsteuerbe- lastung von 44,175 % statt der bisherigen 45,625 %.


Günstigkeitsvergleich

Bei einem Günstigkeitsvergleich zwischen Personengesellschaft und GmbH dürfen natürlich nicht nur die Steuersätze verglichen werden, sondern auch

die Grundlagen, auf die diese angewendet werden. Während also etwa einem Arzt als Personengesellschafter oder Einzelunternehmer bei der Gewinnermitt- lung der Gewinnfreibetrag als Abzugsposten zur Verfügung steht, kann in der GmbH von dieser Absetzmöglichkeit nicht Gebrauch gemacht werden. Be- rücksichtigt man nun diesen Freibetrag, so erweist sich die GmbH erst ab ei- nem hohen Gewinn als günstiger, wenn dieser voll an den Arzt ausgeschüttet werden soll. Zu einem anderen Ergebnis kommt man natürlich, wenn kaum Ausschüttungen getätigt werden sollen bzw. nur geringe Investitionen im Sinne des Gewinnfreibetrages geplant sind. Die optimale Rechtsform hängt in Folge in erster Linie von der zu erwartenden Ausschüttungspolitik ab.

Die steuerlichen Unterschiede zwischen den beiden Rechtsformen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Was am besten passt, hängt von den eigenen Wünschen, dem finanziellen Bedarf sowie den bestehenden Möglichkeiten ab. Die Vor- und Nachteile lassen sich überblicksweise der Tabelle auf Seite 44 entnehmen. Die Rechtsformwahl sollte mit einem kompetenten Berater- team, das über umfangreiche Expertise bei der Gründung und laufenden Beratung von Gruppenpraxen verfügt, diskutiert werden.


Ablauf der Gründung einer Gruppenpraxis

Ist die Entscheidung für die Eröffnung einer Gruppenpraxis einmal gefallen, dann erfolgt die Gründungsphase, die rund sechs bis zwölf Monate in Anspruch nehmen kann.

Neben dem Gesellschaftsvertrag und der Geschäftsordnung sind in der Regel viele Vorbe- reitungen zu treffen, um eine wirtschaftlich sinnvolle und für alle Seiten akzeptable Ge-

schäftsgrundlage herzustellen. Der Start für eine Gruppenpraxis liegt im Bemühen um die Bewilligung durch Kammer und Kassen. Ohne die Zu- weisung eines Gruppenpraxisvertrages sind weitere Planungen sinnlos.

Die Kammer schreibt daraufhin die Partnerstelle in der Gruppenpraxis aus. Aufgrund diverser Fristen ist damit zu rechnen, dass das Verfahren zur Bewerbung einer Kassenplanstelle insgesamt in etwa zwei Quartale andauern wird. In der Zwischenzeit kann der Inhaber der gründenden Praxis

die Bewertungsphase einläuten: Beauftragte Steuerbera- ter ermitteln dabei den Verkehrswert der Gruppenpraxis. Dieses Gutachten liefert die Basis für die weiteren Ge- spräche zwischen den künftigen Praxispartnern.  Nach der Wahl des Partners – der gründende Kassenarzt kann unter den Bewerbern wählen, die zumindest 75 % der Punkte des Erstgereihten aufweisen – beginnen die Ver- handlungen über Wert und Verteilung der Geschäftsantei- le, Ausformung des Gesellschaftervertrages und der Er- stellung einer Geschäftsordnung. Dabei ist die Beiziehung von erfahrenen Experten sinnvoll, die die juristische Basis für eine reibungslose Zusammenarbeit der Praxispartner legen. Besser, man entdeckt Unvereinbarkeiten bereits im Vorfeld als nach Start des Projektes.

Wenn eine Einigung über die grundlegenden Punkte der Kooperation absehbar ist, sollten die notwendigen bauli- chen und infrastrukturellen Arbeiten in der Ordination in

Angriff genommen werden. Zwei praktizierende Kollegen benötigen eine andere Arbeitsumgebung als ein Einzelkämpfer, der nur seinen eigenen Bedürfnissen folgen muss.

In Summe sollte nach Bewilligung und vor Ausschreibung des Gesellschaftsvertrages mit einem Jahr Vorbereitungszeit gerechnet werden, bevor die neue Gruppenpraxis ihre Pforten öffnet.

Die Gründung einer Gruppenpraxis ist sicher eine weitreichende Entscheidung. Prüfen Sie gewissenhaft alle Für und Wider und lassen Sie sich von Experten beraten. So stellen Sie sicher, dass diese Weichenstellung Ihren Berufsalltag nachhaltig verbessert.