Pharmazie | Erektile Dysfunktion
Fotos: zvg, istockphoto: heibaihui, chengyuzheng
Erektile Dysfunktion –
ein Geschäft für Kriminelle
Als „rein pflanzlich und daher nebenwirkungs- frei“ angepriesene Potenzmittel zeigen bei che- misch-analytischen und molekularbiologi- schen Untersuchungen, dass sie durchaus schlechter sind als ihr Ruf.
Das im Jahr 2011 an der Universität Innsbruck gegründete Austrian Drug Institute (ADSI) beschäftigt sich mit chemisch-analytischen und molekularbiologischen Un- tersuchungen von Pflanzeninhaltsstoffen, die in der Phytopharmazie, Phytokosme- tik und als Nahrungsergänzungsmittel zum Einsatz kommen.
Im Rahmen solcher Untersuchungen wurden auch als rein pflanzlich – und daher nebenwirkungsfrei – angepriesene Potenzmittel, die auf dem freien Markt oder über den Internethandel bezogen werden können, analysiert. Dabei zeigte sich Er-
staunliches: In einigen Präparaten wurden neben den pflanzlichen Inhaltsstoffen auch ganz offensichtlich bewusst zugesetzte potenzfördernde Mittel wie Sildenafil (Viagra) und Derivate entdeckt. Die anschließend durchgeführte Quantifizierung ergab Konzentrationen von Sildenafil zwi- schen 45 mg und 85 mg pro empfohlener Tagesdosis. Zum Vergleich: Das verschreibungspflichtige Viagra wird in Stärken von 25 mg, 50 mg und 100 mg Sildenafil angeboten.
Keine Therapie ohne Diagnose
Nicht umsonst stehen potenzsteigernde Mittel auf der Liste der verschreibungspflichtigen Medikamente. Einerseits ist eine genaue Ursachensu- che und damit adäquate Behandlung die Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie, andererseits ist eine erektile Dysfunktion auch oft der ers- te Hinweis auf andere gefährliche Systemerkrankungen wie Diabetes mellitus oder Arteriosklerose. Der Einsatz der richtigen Dosierung schützt den Patienten vor gefährlichen Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, die im Falle der gleichzeitigen Einnahme von anderen, gefäßer- weiternden Substanzen sogar zum Tode führen können. Neben der Unsicherheit der Dosis gefäßerweiternder Substanzen in den verfälschten Po- tenzmitteln besteht auch die Gefahr der Verunreinigung, beispielsweise mit Blei. In der Vermutung, ohnehin keine Nebenwirkungen zu riskieren, da es sich ja nur um pflanzliche Produkte handelt, wird oft auch mehr als die empfohlene Menge eingenommen.
Rasche Wirkung gibt es nicht
Es gibt Pflanzen die dafür bekannt sind, eine potenzsteigernde Wirkung zu haben, wie beispielsweise Ginseng, Ginko oder Yohimba. Wissen- schaftlich fundierte Studien über deren Wirksamkeit liegen bis dato noch nicht ausreichend vor. Unumgänglich für das Erreichen eines Erfolges mit solchen rein pflanzlichen Substanzen ist jedoch die oft monatelange regelmäßige Einnahme. Das lässt den Umkehrschluss zu, dass ein
Wirkungseintritt binnen 30 bis 60 Minuten nach Einnahme eines sogenannten „rein pflanzlichen“ Erektionsmittels mit Sicherheit ein Hinweis darauf ist, dass illegale und damit gefährliche Zusatzstoffe enthalten sind.
Hier wird auf Kosten der Gesundheit der Anwender eine gefährliche Geschäftemacherei betrieben. Die Umsätze mit illegal verkauften Potenzmit- teln gehen in die Milliarden. Umso wichtiger ist es, Betroffene zu warnen und ihnen die Angst vor einem Arztbesuch zu nehmen.