Laut Statistik Austria wurden im Jahr 2016 15.919 Ehen rechtskräftig geschieden. Knapp 98 % in beiderseitigem Einvernehmen. Viele Verfahren werden strittig, weil kein Einvernehmen über die Aufteilung des Immobilienvermögens – in der Regel der ehelichen Wohnung – erzielt werden kann.
Macht es einen Unterschied, ob eine Scheidung oder bloß eine Trennung vorliegt?
Prinzipiell gilt bei einer Scheidung, dass sämtlicher Besitz sowie die Nutzungsrechte der gemeinsamen Eigentumswohnung zur Hälfte geteilt werden. Bei einer Trennung kommt es vor allem auf die Vereinbarungen an, die man vorab vertraglich fest- gehalten hat. In Frage kommen hier der Verkauf der Immobilie an einen Dritten oder an einen der Ex-Partner, Versteigerung der Immobilie, die Immobilie bleibt geteilt und wird an einen Dritten vermietet oder von einem der Ex-Partner zurückgemie- tet. Liegt kein Ehevertrag vor, gilt der gesetzliche Güterstand der Gütertrennung. Bei der Scheidung werden das eheliche Gebrauchsvermögen, die ehelichen Ersparnisse und die Schulden, die mit den ehelichen Ersparnissen im Zusammenhang stehen, aufgeteilt. Zum Gebrauchsvermögen zählen neben dem Hausrat die Immobilien, unabhängig davon, ob diese im Ei- gentum jeweils beider oder eines einzelnen Ehepartners stehen. In der Regel geht der Gesetzgeber davon aus, dass die Immobilie aufgeteilt wird. Eine gerichtliche Entscheidung bzw. Zuweisung über die Aufteilung an einen Ehepartner erfolgt nur in Ausnahmefällen – im Fall der strittigen Scheidung, da eine „einvernehmliche Scheidung“ die einvernehmliche Auftei- lung des Vermögens voraussetzt. Bei einer strittigen Scheidung erfolgt in einem weiteren Verfahren die Aufteilung des eheli- chen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse, in dem auch über das Schicksal der Ehewohnung zu entscheiden ist (§ 87 und § 88 Ehegesetz). Ein Antrag auf eine entsprechende gerichtliche Entscheidung über diese Aufteilung muss spä- testens innerhalb eines Jahres ab Rechtskraft der Scheidung eingebracht werden.
Wem wird in der Regel die Wohnung zugesprochen?
Auch wenn ein Ehepartner alleiniger Immobilienbesitzer ist, reicht dies meist nicht als Zuweisungsgrund aus. Das Schei- dungsverfahren klärt das Nutzungsrecht an einer gemeinsamen, ehelichen Immobilie. Das Wohl der Kinder steht beim Ge- setzgeber an erster Stelle. Deshalb wird die Nutzung des Wohneigentums fast immer der Partei zugesprochen, bei der die Kinder leben. Bei einem Alleineigentümer besteht dann meist ein Anspruch auf finanzielle Entschädigung zum Beispiel in Form eines Mietvertrages, der den verbleibenden Partner zu Zahlungen verpflichtet.
In die Entscheidung, wer in der Immobilie verbleibt, werden Alter und Gesundheit der Ehepartner, ebenso individuelle finan- zielle Aufwendungen in der Vergangenheit, sowie besondere Umstände des Lebensunterhalts oder die Nähe zum Arbeits- platz miteinbezogen.
Ein Ausnahmefall liegt allerdings dann vor, wenn eine geerbte Immobilie als Ehewohnung genutzt worden ist. Denn dann zählt sie zwar zu den aufzuteilenden Werten, das betrifft aber lediglich die Wohnung an sich und nicht den Wert, den sie re- präsentiert. Das bedeutet, dass es denkbar ist, dass die Ehewohnung, die der Mann geerbt hat, im Aufteilungsverfahren der Frau zugesprochen wird, wobei diese dann aber den Wert der Wohnung zu ersetzen hätte. Voraussetzung allerdings ist, dass der andere Ehegatte nicht auf die Benützung der Wohnung angewiesen ist. Die Weiterbenützung der Wohnung durch den anderen darf für den Eigentümer keine Existenzbedrohung darstellen.
Wie sieht diese Regelung aus, wenn keine Kinder vorhanden sind?
Lässt sich die Liegenschaft in der Natur teilen, so wird vom Richter entschieden, wer welches Teilstück, gegebenenfalls auch gegen Ausgleichszahlung, erhält. Ist diese sogenannte Realteilung nicht möglich, muss eine Zivilteilung erfolgen, was bedeutet, dass die Liegenschaft zur Versteigerung auszuschreiben ist und der Versteigerungserlös letztendlich zwischen den Miteigentümern entsprechend ihrer Anteile aufgeteilt wird. Die gerechteste und fairste Variante einer Aufteilung des Im- mobilienbesitzes bzw. der ehelichen Wohnung oder des Hauses im Zuge eines Scheidungsverfahrens ist somit unserer An- sicht nach der freihändige Verkauf. mn