Wiener Immobilienmarkt  |  Vorsorge

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Miete als

Zusatzpension

Eine sichere Zusatzpension kann nur durch sichere Mieteinnahmen erzielt werden. Jeder Leerstand kostet Geld.

Für den Dermatologen Harald B. kam die Erbschaft unerwartet, aber nicht ungelegen. Das Einkommen hatte sich in den vergangenen Jahren deutlich erhöht. Ein Finanzpolster konnte angespart werden. Mit der Erbschaft stand nun ein Betrag von 400.000 Euro zur Verfügung. Die Verwirklichung des lange gehegten Planes, mit Immobilien die drohende Pensionslü- cke gegenüber dem Aktivbezug durch Mieteinnahmen im Ruhestand zu schließen, rückte damit näher. Aber wie lassen sich mit 400.000 Euro Kapital höchste, aber gleichzeitig sichere Mieteinnahmen erzielen? Eine Wohnung, zwei Wohnungen, Alt- bau oder Neubau? Viele offene Fragen. Ein Patentrezept gibt es allerding nicht. Harald B. entschloss sich letztendlich für ei- nen Mix aus einer bereits vermieteten Altbauwohnung und zwei kleineren neuen Vorsorgewohnungen.

Die Erbschaft kam zum idealen Zeitpunkt. Das Einkommen lag bereits deutlich über der Höchstbemessungsgrundlage, der Pensionsantritt 2043 noch in weiter Ferne. Der Mediziner hörte sich bei Kollegen um und holte Rat im Freundes- und Be- kanntenkreis ein. Einige seiner Bekannten haben bereits seit Jahren in Immobilien investiert, vor allem aufgrund der schwa- chen Wachstumsraten in den Aktien- und Anleihenmärkten. Dass viele Investoren in den Immobilienmarkt drängen, ist ne- ben der starken Nachfrage von Eigennutzern an den stetig steigenden Preisen abzulesen.

Die stark steigenden Preise limitieren daher das Angebot an für Vermietungen geeigneten Anlegerwohnungen. Eine sichere Zusatzpension kann nur durch sichere Mieteinnahmen erzielt werden. Jeder Leerstand kostet Geld. Daher gilt: Die Größe der Wohnungen muss sich nach der Leistbarkeit der Mieter richten. Je höher die Miete, desto schwieriger kann die Vermie- tung werden – vor allem in der Zweitvermietung. Laut einer Analyse von mehr als 15 Millionen Suchanfragen des Jahres 2017 sind Herr und Frau Österreicher im Durchschnitt bereit, für eine durchschnittliche Mietwohnung – 70 Quadratmeter und 2,5 Zimmer – rund 850 Euro pro Monat zu bezahlen. Die Wiener sind an höhere Wohnungspreise gewöhnt. In der Bun- deshauptstadt liegt dieser Wert bei 990 Euro.


Risikostreuung

Daher raten die Experten zu 2-Zimmerwohnungen mit knapp 50 Quadratmeter, die um rund 200.000 Euro pro Wohnung ak- tuell am Markt zu haben sind. Diese können beim Erstbezug um knapp 800 Euro brutto vermietet werden. Ohne Kredit könnte sich Harald B. also zwei 2-Zimmerwohnungen leisten, die ihm bereits jetzt zu einem höheren Einkommen verhelfen könnten. Doch aktuell benötigt er kein Zusatzeinkommen. Die Mieteinnahmen stehen also für eine mögliche Kreditrückzah- lung zur Verfügung. Bei entsprechender Bonität sind aktuell 20 Jahre laufende 100.000-Euro-Hypothekarkredite mit einer Kreditrate von rund 550 Euro im Monat zu haben, die durch die Mieteinnahmen abgedeckt werden können. Der Dermatolo- ge könnte sich also mit dem verfügbaren Kapital gleich vier Vorsorgewohnungen leisten. Martin Müller, geschäftsführender Gesellschafter von JP Immobilien rät zu einer Risikostreuung. „Ich würde das Investment auf Blue-Chip-Wohnungen und Wohnungen mit Potenzial aufteilen. Blue-Chip-Wohnungen liegen in bereits attraktiven Lagen. Diese sind etwas teurer. Hier können Sie mit einer Rendite von 2,5 Prozent rechnen. In Potenziallagen, dazu zählen die Bezirke 16, 17, 21 und 22, sind die Wohnungen noch günstiger. In diesen Lagen liegt die Rendite mit 3,7, vielleicht 3,8 Prozent deutlich höher.“ Dazu kommt auch eine mögliche Wertsteigerung der Immobilie. Ein Vorteil, sollte die Immobilie verkauft werden müssen. Alle vier Wohnungen in einem Objekt zu kaufen, davon raten die Immobilienexperten ab, denn die Lage eines Objektes kann sich aus unbekannten Gründen verschlechtern – ein sogenanntes Klumpenrisiko wäre möglich.


Umsatzsteuervorteil nicht verlieren

Höhere Mieten sind nur bei größeren (gebrauchten) Vorsorgewohnungen und bisher eigengenutzten Wohnungen in attrakti- ven Innenstadtlagen innerhalb des Gürtels zu erzielen. Die Preise liegen dort aber deutlich höher – was sich wiederum eine niedrigere Rendite bedeutet. Vor allem aber: Diese Wohnungen sind kaum zu bekommen. Außerdem würde der Dermatolo- ge durch den Kauf einer bisher in Eigennutzung befindlichen Wohnung den Umsatzsteuervorteil verlieren, den er beim Kauf einer neuen Vorsorgewohnung nutzen kann. Ausnahme: Altbau-Vorsorgewohnungen. Diese unbefristet vermieteten Woh- nungen in Bestandsimmobilien werden zu Einstiegspreisen ab 1.800 Euro/Quadratmeter angeboten – und damit gut 40 Pro- zent unter den Quadratmeterpreisen für Vorsorgewohnungen. Die Mieten dieser Altbau-Vorsorgewohnungen wurden durch die Einführung des Friedenszinses bzw. der Kategoriemieten gesetzlich geregelt. Noch heute unterliegen Mietverträge aus dieser Zeit in Altbauten den historisch bedingten Mietzinsbeschränkungen. Das Potenzial: Mit Bestandsfreiwerdung kann bei Neuvermietung bzw. nach einer gegebenenfalls erforderlichen Wohnungssanierung der Mietzins um ein Mehrfaches an- gehoben werden. Dass dies innerhalb von 20 Jahre passieren kann, ist ein realistisches Szenario.

Schlussendlich investierte Harald B. in zwei klassische Vorsorgewohnungen und eine 120 Quadratmeter große Altbau-Vor- sorgewohnung. Die Mieteinnahmen decken die Raten der Hypothekarkredite mit Fixzinsen sicher ab. Über welche Mietein- nahmen Harald B. in 20 Jahren tatsächlich realisieren wird können, steht noch in den Sternen. Das hängt von der Wirt- schaftslage und den in zwei Jahrzehnten bestehenden Rahmenbedingungen für die Vermietung ab.