Volkskrankheit COPD:
maßgeschneiderte Behandlung möglich
Die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung, kurz COPD, ist nach Herzinfarkt und Schlaganfall die dritthäufigste Todesursache weltweit. Tendenz stei- gend. In der Therapie werden laufend Fortschritte gemacht, die eine zunehmend individualisierte, maßgeschneiderte Behandlung in Form einer soge- nannten Präzisionstherapie ermöglichen.
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In den letzten Jahren haben wir ein weitaus besseres Verständnis dieser komplexen und lebensbedrohlichen Erkrankung gewonnen. Ähnlich wie in der Krebstherapie wissen wir heute viel genauer, welche Medikamente und zusätzlichen therapeutischen Möglichkeiten bei welcher Ausprägungs- form der Erkrankung besonders wirksam sind. So ist es uns zunehmend möglich, die Therapie der COPD maßzuschneidern.
Präzisionstherapie bei COPD
Dank einer besseren Kenntnis der verschiedenen Ausprägungsformen der COPD, weiterführender Erkenntnisse und eines tieferen Verständnisses der komplexen Zusammenhänge dieser Erkrankung, moderner diagnostischer Möglichkeiten sowie neuer Medikamente und Begleittherapien kön- nen COPD-Patienten heute viel besser und mit deutlich weniger Nebenwirkungen behandelt werden. Menschen, die an COPD leiden, haben zwar dieselben Symptome, wie beispielsweise Husten, Auswurf und Atemnot, aber unterschiedliche Ausprägungsformen der Erkrankung. Und genau diese gilt es zu erkennen. Die richtige Therapie muss bei der richtigen Ausprägung zum Einsatz kommen. Und das gelingt immer besser.
Prinzipiell gibt es zwei besonders wichtige Ausprägungsformen der COPD: die chronische Bronchitis, die mit einer entzündlichen Verengung der Bronchien einhergeht, und COPD mit einem Lungenemphysem, also mit einer Zerstörung von Lungenbläschen und zunehmender Überblähung der Lunge. Oft treten beide Formen gemeinsam auf, wobei die eine oder andere Ausprägung jedoch das klinische Bild dominiert.
Biomarker weisen den Weg
Einerseits erfolgt die Orientierung am klinischen, andererseits am biologischen Status der jeweiligen Patienten. Beim biologischen Status spielen Biomarker, also messbare biologische Merkmale, eine große Rolle, wie zum Beispiel Eosinophile im Blut. Wenn diese gehäuft auftreten, weiß man, dass eine Inhalation mit Kortison-Präparaten besonders gut wirksam sein wird. Patienten mit niedriger Zahl an Eosinophilen würden hingegen nicht von dieser Therapie profitieren und ihnen erspart man auch somit die Nebenwirkungen einer Kortison-Therapie. Studiendaten untermauern, dass eine Triple-Therapie, bestehend aus der Verabreichung von zwei Bronchodilatatoren und einem inhalativen Kortikosteroid dann besonders gut wirkt, wenn Eosinophile im Blut stark vermehrt sind – und gehäuft Exazerbationen auftreten. Wenn die Laboranalyse des Blutes mehr als 400 Eosi- nophile pro mm³ ergibt, zeigt sich der vorteilhafte Effekt eines inhalativen Glukokortikosteroids vor allem in Hinblick auf die Reduktion weiterer Exa- zerbationen besonders deutlich.
Notfall Exazerbation
Eine Exazerbation bedeutet für die Patienten zunehmende Atemnot, vermehrten Husten und vermehrten Auswurf, ein allgemeines schweres Krank- heitsgefühl oder Fieber. Der Patient muss sofort in ärztliche Behandlung bzw. ins Krankenhaus. Diese Verschlechterung kann prinzipiell in allen Krankheitsstadien auftreten. Belastungen durch die kalte Jahreszeit, Infekte, Smog oder die Verschlechterung von Begleiterkrankungen sind mögli- che Auslöser. Und man darf nie vergessen: Eine Exazerbation kann lebensbedrohlich sein. Vor allem COPD-Patienten in höherem Alter und Patien- ten mit Begleiterkrankungen sind stark gefährdet.
Interventionelle und neue Therapieoptionen
Mit fortschreitender Erkrankung nimmt die Überblähung der Lunge zu, die Patienten können die verbrauchte Luft nicht mehr zur Gänze ausatmen. Das Zwerchfell, das normalerweise mit seiner Muskelkraft die Lunge zum Einatmen nach unten zieht, wird durch die große, überblähte Lunge nach unten gedrückt. Damit wird auch das Einatmen immer schwerer. Die Atemzüge werden immer flacher und schneller. Bei geringster Belastung tritt Atemnot auf. Um COPD-Patienten, die an einem Lungenemphysem leiden, das Ausatmen von verbrauchter und Einatmen von frischer Luft zu er- leichtern, können in bestimmten Fällen sogenannte endobronchiale Ventile endoskopisch eingesetzt werden.
Studien untersuchen derzeit auch weitere interventionelle Therapien, wie beispielsweise die bronchiale Thermoplastie. Dabei werden durch im Rahmen einer Bronchoskopie abgegebene Energieimpulse der Abbau krankhaft veränderter Bronchialschleimhaut und der anschließende Neuauf- bau von Schleimhaut mit weniger muzinproduzierenden Zellen erwirkt und die bronchiale Sekretproblematik potenziell günstig beeinflusst. Der vom schweren Asthma inzwischen gut bekannte Einsatz von Biologika wird auch bei der Erkrankung COPD in Einzelfällen erwogen und laufend in Stu- dien untersucht. Sowohl Anti-IL5 wie auch Anti-IL33 gehören hier zu den derzeit aussichtsreichsten Wirkstoffen.
Risikofaktoren und Prävention
Auch wenn man heute helfen kann – das Vermeiden von COPD wäre das Beste. Rauchen ist mit Abstand der größte Risikofaktor für das Entstehen einer COPD. Die Mehrzahl aller COPD-Patienten sind Raucher oder haben in ihrer Vergangenheit geraucht. Denn im Tabakrauch finden sich zahl- reiche Substanzen, die Entzündungsreaktionen verursachen, welche das Gewebe schädigen. Dadurch wird auch die Produktion von Bronchial- schleim verstärkt und der Selbstreinigungsmechanismus der Atemwege beeinträchtigt.
Auch Impfungen sind empfohlen, die vor möglichen Infekten der Atemwege und dadurch ausgelöster Exazerbation der COPD schützen können: Neben der Impfung gegen Corona sind dies besonders die Grippe-Schutzimpfung, die Pneumokokken-Impfung und Auffrischungen gegen Pertussis.
BUCHTIPPS FÜR IHRE PATIENTEN