PRAXEN & IMMOBILIEN | Aktien

Das Einsteinova Business Center der s Immo ist über eine Donaubrücke direkt mit der Altstadt von Bratis- lava verbunden.

s Immo hat das denkmalgeschützte Haus mit zehn Wohnungen in der Schlüterstraße in Erfurt im Vorjahr erworben.

Foto: s immo, erste immobilien KAG, Foto: s immo/T. smetana

Reale Werte

Sachwerte wie Immobilien werfen ansehnliche Erträge ab. Mutige Mediziner greifen zu Immobilienaktien, vorsichtige zu offenen Immobilienfonds.

Man muss schon sehr langfristig investieren, will man mit Zinspapieren von sehr verlässlichen Emittenten überhaupt noch Geld verdienen. Denn die Rendite der zehnjährigen Anleihen des Staates Österreich liegt seit 18. Juni im negativen Bereich. Interes- sante und durchaus lukrative Investmentmöglichkeiten finden Mediziner dagegen in Sachwerten – allen voran in Immobilien: Je nach verfügbarem Kapital und individuellem Risikoappetit reicht die Palette von Einzelinvestments wie Zinshäusern oder Vorsor- gewohnungen bis hin zu breit gestreuten Portfolios über eine Beteiligung an Immobilien-Aktiengesellschaften, Immobilienaktien- fonds oder offenen Immobilienfonds.

Wie ertragreich Immobilienwertpapiere für den Anleger sein können, lässt sich am besten an der Kursentwicklung der heimischen börsennotierten AGs ablesen: In den vergangenen drei Jahren ist der Aktienkurs von Spitzenreiter s Immo um rund 29 % pro Jahr gestiegen, jener von CA Immo um rund 22 % und von Immofinanz um knapp 7 % Die deutsche Vonovia, seit dem Vorjahr die Konzernmutter der österreichischen Buwog, kommt auf knapp 10 % pro Jahr. Die Aktien der Deutsche Wohnen, die über ein signifikantes Wohnportfolio in Berlin verfügt, wurden im Zuge der Debatte um Mietpreisobergrenzen dagegen ordentlich abge- straft, sodass Anleger auf Sicht drei Jahre mit minus 0,34 % pro Jahr leer ausgehen. Mit offenen Immobilienfonds, die besonders strengen Regularien unterliegen, konnte man im gleichen Zeitraum immerhin zwischen 2,0 und 2,5 % pro Jahr lukrieren. Sowohl die Grundstückspreise als auch die Baukosten sind insbesondere in Deutschland, wo die genannten Immobilien-AGs tätig sind, aber auch in Österreich in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Für die Immo-Konzerne hat dies Licht- und Schattenseiten: Die im Bestand gehaltenen Immobilien gewinnen durch Neubewertungen und etwaige Mietpreisanpassungen an Wert. Anderer- seits wird es für die Immo-AGs und für die offenen Immobilienfonds schwieriger, neue Objekte zu attraktiven Kaufpreisen zu finden.


Entwicklung und Bestand

Die auf Büroimmobilien in Zentral- und Osteuropa spezialisierte CA Immo ist diesbezüg- lich in einer kommoden Position: „Wir haben den Vorteil, über eine große eigene Land- bank hauptsächlich in Deutschland, vor allem in Berlin, Frankfurt und München, zu ver- fügen, die uns die Entwicklung von bis zu 800.000 m2 Projektvolumen erlaubt“, freut sich CEO Andreas Quint. Rund 15 % des Immobilienvermögens von 4,7 Milliarden Euro entfällt auf die Entwicklung von Projekten, die großteils nach Fertigstellung in den eige- nen Bestand übernommen und zum kleineren Teil verkauft werden. Die Nachfrage nach den von CA Immo entwickelten Büro-Projekten ist jedenfalls ungebrochen.

Immofinanz kann nach längerer Restrukturierungsphase endlich durchstarten: Altlasten wurden mit dem Verkauf des Russland-Portfolios bereinigt, Kosten gesenkt, die Bilanz gestärkt, das operative Geschäft optimiert und 2018 erstmals wieder Gewinn erwirt- schaftet. Das aktuelle Immobilienportfolio beträgt 4,5 Milliarden Euro in Zentral- und Ost- europa. Knapp zwei Drittel entfallen auf Büros, die unter dem „myhive“ vermarktet wer- den, und ein Drittel auf Einzelhandel mit den Markennamen „Stop Shop“ und „VIVO!“. Erstere stehen für Retail Parks mit einem breiten Angebot von Produkten des alltägli- chen Bedarfs als Nahversorger, zweitere für Shoppingcenter, die das Einkaufen mit ei- nem Erlebnisfaktor verknüpfen. Immofinanz ist somit von der Verlagerung des Einzel- handels in den Onlinehandel kaum betroffen. Nachdem sie sich neu und effizienter auf- gestellt hat, schließt das heurige Halbjahresergebnis an die gute Entwicklung des Vor- jahres an. „Vor diesem Hintergrund erhöhen wir unseren Ausblick für den FFO I vor Steuern im Geschäftsjahr 2019 von mehr als 100 auf mehr als 115 Millionen Euro,“ be- richtet CEO Oliver Schumy.

S Immo, mit ihrem Portfolio von 2,3 Milliarden Euro ebenfalls in den zentral- und osteu- ropäischen EU-Ländern aktiv, legt ihren Fokus aktuell auf Deutschland. „Vor allem in mittelgroßen Städten, die von Berlin aus gut erreichbar sind, wie zum Beispiel Leipzig, Erfurt oder Kiel, sehen wir ein attraktives Preisniveau und gleichzeitig großes Wertstei-

gerungspotenzial“, erklärt Vorstandsvorsitzender Ernst Vejdovszky. „Diese Städte überzeugen nicht zuletzt durch sehr positive demographische und ma- kroökonomische Daten.“ Im so genannten Berliner Speckgürtel kauft s Immo Grundstücke mit mittel- bis langfristigem Entwicklungshorizont zu, zumal das Berliner Umfeld im Gegensatz zu anderen gro- ßen Städten noch wenig erschlossen ist. Von der für Berlin diskutierten Mietobergrenze für Wohnungen wäre s Immo nur am Rande betroffen. Das aktuelle Wohnportfolio von rund 1.900 Einheiten besteht zum überwiegenden Teil aus Objekten im leistbaren Bereich mit durchschnittlichen Mieten von 7,35 Euro/m2.

„Der Anteil an den Gesamterlösen liegt deutlich un- ter 10 %“, beruhigt Vejdovszky.


Fusion aufgeschoben

Die heiße Diskussion um engere Verflechtungen zwischen den österreichischen Immo-AGs im vorigen Jahr hat sich inzwischen merklich abgekühlt: Immofinanz hat ihren 26-%-Anteil an CA Immo an Starwood Capital Group verkauft. CA Immo schichtet ihren 4,9-%-Anteil an Immofinanz gemächlich ab.

S Immo, die 6,3 % an CA Immo und 11,9 % an Immofinanz hält, freut sich über deren florierende Aktivitäten, Wertgewinne und Dividenden. Ähnliches gilt für Immofinanz und ihre 29,4-%-Beteiligung an s Immo. „Nachdem Immofinanz in Polen zugekauft hat, halte ich ein Cash-Offer im Augenblick für unwahrscheinlich“, meint Florian Rainer, Asset Manager der Wiener Privatbank und Fondsmanager des European Property. Christoph Schultes, Sector Analyst Real Estate der Erste Group, ergänzt: „Eine Übernah- me käme für Immofinanz teuer, weil der EPRA NAV der s Immo mittlerweile von 20 auf über 24 Euro gestiegen ist“. Bei einer Kombination der Unternehmen müsste in beiden Hauptversammlungen eine qualifizierte Mehrheit, also 75 % der anwesenden Stimmen, dem Zusammenschluss zustimmen. Diese Konstellation habe schließlich auch etwas Positives: „Sie schützen einander vor feindlichen Übernahmen“, so Schultes.


Konservative Alternativen

Trotz eines sehr engen Veranlagungskorsetts haben sich die Renditen von offenen Immobilienfonds „langfristig in einer Bandbrei- te zwischen 2,2 und 3,5 % pro Jahr bewegt“, berichtet Peter Czapek, Sprecher der Geschäftsführung Bank Austria Real Invest Immobilien-Management.

Die gestiegenen Immobilienpreise und niedrigen Zinsen bekommen freilich auch die Manager der offenen Immobilienfonds zu spüren. „Die Rahmenbedingungen sind heute zwar herausfordernder als etwa vor fünf Jahren“, konzediert Czapek. „Wir müssen stärker selektieren und intensiver prüfen“. So gelinge es trotzdem geeignete Immobilien und Projekte zu finden. Der Real Invest Austria ist mit knapp vier Milliarden Euro der größte heimische Immobilienfonds, der mit rund 130 Einheiten nur österreichische Objekte, vorwiegend im Wohnbereich samt Infrastruktur (wie Schulen, Kindergärten) hält.

Viele Anleger schätzen die Stabilität der offenen Immobilienfonds. „Daher ist die Nachfrage der Kunden riesengroß“, beobachtet Peter Karl, Geschäftsführer der Erste Immobilien KAG.  Doch wegen des begrenzten Angebots an neuen qualifizierten Objekten nehmen manche Anbieter zeitweise kein frisches Anlegergeld an. „Wir reglementieren die Zuflüsse“, so Karl, „um bestehende Kunden zu schützen“. Das bedeutet: „Der Fonds ist nicht geschlossen, weil Rückgaben jederzeit möglich sind. Aber wir sind im Augenblick ausverkauft.“ Der Fonds werde wieder geöffnet, wenn neue attraktive Objekte angekauft werden. Diese seien etwa in Stadtentwicklungsgebieten wie etwa der Seestadt Aspern zu finden. Auch bei immofonds 1 oder LLB SemperReal Estate wird die Neuausgabe von Anteilscheinen zeitweise begrenzt.

Kurzum, Mediziner haben bei Immobilienwertpapieren die Wahl: Mehr Pepp mit Immobilien-Aktien oder mit Immobilien-Aktien- fonds, die auch über Emittenten streuen, oder weitgehend risikoarm mit offenen Immobilienfonds.


emb