MEDIZIN | HNO-Infekte
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Phythotherapie bei
respiratorischen Infekten
Phytotherapeutika sind in der Behandlung
respiratorischer Infekte ein unverzichtbarer Be- standteil zur Symptomlinderung und können in jeder Phase der Erkrankung eingesetzt werden.
Prim. Dr. Desiree Margotti, Vorstandsmitglied in der Österreichischen Gesellschaft für Phytotherapie und Leiterin des Instituts für Physikalische Me- dizin und Rehabilitation am Landesklinikum Amstetten, gibt Einblick, wie Phytotherapeurika bei respiratorischen Infekten erfolgreich eingesetzt werden können. Dabei reicht das Spektrum von klassischen Hausmitteln bis hin zu RX-Präparaten.
?Mit welchen Beschwerden kommen Patienten am Beginn der Erkältungssaison besonders häufig?
Das Hauptsymptom ist primär eine seröse Rhinitis, dazu kommen Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit und mitunter auch Fieber. Husten ist je nach Stadium trocken oder produktiv, er kann allein auftreten oder in Kombination mit Halsschmerzen, Schnupfen oder Fieber. Respiratorische Infekte laufen in verschiedenen Phasen ab. Phytotherapeutika können in jeder dieser Phasen erfolgreich eingesetzt werden – am besten bereits sofort, wenn die ersten Symptome eines beginnenden Infektes auftreten.
?Sind die Beschwerden eine klassische Domäne für Phytotherapeutika?
Ja, weil einfache Hausmittel wie Inhalationen oder Wickel schon eine lange Tra- dition haben und bewährt sind. Und genauso gut in der Therapie eingesetzt werden können, wie hochmoderne Phytotherapeutika. Pflanzliche Arzneimittel kommen den Patientenbedürfnissen grundsätzlich sehr entgegen, denn wer krank ist, möchte ein Präparat, das dabei unterstützt, rasch wieder in den Alltag zurückkehren zu können und die Symptome, die mit der Erkrankung einherge- hen, zu lindern. Kurz gesagt: das Krankheitsgeschehen zu verkürzen. Pflanzli- che Arzneimittel sind ein Vielkomponentengemisch, das heißt, dass sie auf mul- tifaktorielle Weise in die Pathogenese der Infektionskrankheit eingreifen: Sie wir- ken antibakteriell, antiviral, sekretolytisch, sekretomotorisch und immunmodulatorisch.
?Fragen Patienten gezielt nach pflanzlichen Arzneimitteln?
Ja, speziell wenn Kinder in der Familie sind, die häufig sechs- bis achtmal pro Jahr an respiratorischen Infekten erkranken. Erwachsene kennen viele pflanzli- che Hausmittel aus ihrer eigenen Kindheit, daher ist das Vertrauen in Phytothe- rapeutika hoch.
?Erhöht das auch die Compliance?
Ja, weil gerade wenn respiratorische Infekte sehr häufig auftreten, kann das schon die Lebensqualität nicht nur der Betroffenen, sondern der gan- zen Familie stark beeinträchtigen. Eltern haben hier dann häufig den Wunsch, vorzubeugen und mit möglichst natürlichen Pflanzenstoffen zu be- handeln. Immerhin kommen viele wirklich starke Wirkstoffe aus der Natur und sind über viele Jahre erprobt. Die Gefahr dabei ist, dass viele den- ken, dass es ohnehin kein Medikament ist. Daher ist es wichtig, über die richtige Dosierung und Einnahmevorschriften aufzuklären. Auch ist eine gewisse Konsequenz bei der Einnahme erforderlich – das beste Medikament hilft nicht, wenn man es nur sporadisch nimmt.
?Wie beeinflussen Phytotherapeutika die Pathogenese der Infektionskrankheit?
Sobald man merkt, dass sich eine Verkühlung ankündigt, sollte man darauf reagieren. Wirklich bewährt haben sich hier Schwitzkuren, das ist nicht evidenzbasiert, aber Erfahrungswissen. Dazu eignen sich schweißtreibende Tees wie Lindenblüten oder Holunderblüten. Damit verhindert man, dass die Erkrankung überhaupt erst ausbricht oder zumindest nur sehr abgeschwächt. Zudem haben sich in der Frühphase Inhalationen mit Salz oder Eukalpytus, Pfefferminz oder Kamille bewährt. Gut belegt ist, dass ätherische Öle sekretolytisch wirken und Mucilaginosa, wie z.B. Eibisch- wurzel, die gereizte Schleimhaut beruhigen. Infektanfälligen Patienten kann man auch eine mehrwöchige Kur empfehlen, zum Beispiel mit einem Extrakt aus Echinacea oder Pelargonium sidoides, der südafrikanischen Kapland-Pelargonie. Beide Wirksubstanzen sind sehr gut beforscht und liefern Evidenz, dass es zu einem milderen und kürzerem Krankheitsverlauf und auch zu einem weniger häufigen Auftreten von Infektionskrankhei- ten kommt.
?Worauf ist bei der Verschreibung von Phytotherapeutika besonders zu achten?
Zum Ersten auf die Aufklärung zum Verständnis, dass es sich auch bei Phytotherapeutika um ein Medikament handelt und die Dosierung genau einzuhalten ist. Wichtig ist es auch, die Patienten engmaschig zu kontrollieren, denn aus jedem banalen Infekt kann sich eine Suprainfektion entwi- ckeln. Es ist wichtig, abwendbare gefährliche Verläufe auszuschließen. Steht fest, dass es sich um eine virale Infektion handelt, so kommen in der Behandlung auch Phytotherapeutika zu Einsatz. Alles, was zur Linderung der Symptome beiträgt, macht diese Phase erträglicher und kann die Krankheitstage verkürzen. Zudem wird durch eine passende Behandlung mit pflanzlichen Arzneimitteln der geschwächte Körper dahingehend un- terstützt, dass es zu keinen Folgekrankheiten des grippalen Infektes, wie zum Beispiel einer schweren Bronchitis oder Pneumonie kommt. Ver- schlechtern sich die Symptome, muss die Therapie sofort angepasst werden!
?Worauf ist bei der Verschreibung von Phytotherapeutika bei Kindern besonders zu achten?
Präparate für Kinder sollten frei von Alkohol sein. Außerdem ist auf einen geringen Zuckergehalt zu achten und sollten in einer für Kinder passen- den Darreichungsform verfügbar sein. Mittlerweile gibt es auch für Kinder zugelassene Phytotherapeutika mit entsprechenden Altersfreigaben. Um mehr Erfahrung in der Verschreibung von Phytotherapie zu erhalten, werden entsprechende Ausbildungen mit ÄK-Diplom angeboten.
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