MEDIZIN | Eisenmangel

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Eisenmangelanämie:

Neue orale und par- enterale Therapien

Sowohl die orale als auch die parenterale Thera- pie war in der Vergangenheit durch

relevante Nebenwirkungen gekennzeichnet, neue Entwicklungen könnten dies ändern.

Eine Eisenmangelanämie liegt vor, wenn es zu einer Verminderung der Hämoglobinkonzentration unterhalb der Altersnorm gekennzeichnet durch hyporegeneratorischen, mikrozytären und hypochromen Erythrozyten mit einer ausgeprägten Anisozytose kommt. Der Grund ist eine Verminde- rung der Verfügbarkeit von Eisen für die Erythropoese. Für eine Eisenmangelanämie kann generell ein übermäßiger Blutverlust oder eine inadäqua- te Eisenaufnahme oder -resorption verantwortlich sein. Als Ursache finden sich bei prämenopausalen Frauen häufig ein übermäßiger Blutverlust über die Regelblutung, bei postmenopausalen Frauen und Männern sind es eher gastroenterale Blutungen, bei Kindern und Schwangeren oft ein gesteigerter Eisenbedarf, die zu einer Eisenmangelanämie führen. Die genaue Ursache sollte in jedem Fall sorgfältig abgeklärt werden.


Wann wird therapiert?

Eisen als Therapie gab es bereits seit der Antike, seit über 200 Jahren sind Tabletten gegen Eisenmangel erhältlich, die optimale Therapie einer Ei- senmangelanämie wird aber bis heute vielfach kontroversiell diskutiert. Das Ziel einer optimalen Therapie ist, die Eisenspeicher wieder aufzufüllen und die Hämoglobinwerte zu normalisieren. Die Indikation für die Therapie eines Eisenmangels sind 1) Anämie, 2) assoziierte Symptome, 3) Ereig- nisse, die dazu führen könnten, dass der Eisenmangel zu einem unmittelbaren Gesundheitsrisiko führen könnte, wie eine Operation oder eine Schwangerschaft, 4) wenn eine Progression der Anämie zu erwarten ist, wie bei Kindern im Wachstum, bei einer chronisch verminderten Resorpti- on oder einem anhaltenden Blutverlust. Patienten mit Eisenmangel ohne Anämie sollten bei Vorhandensein der Symptome therapiert werden, wäh- rend Patienten ohne Symptome beobachtet werden können, wobei ein weiteres Absinken des Speichereisens verhindert werden sollte.


Orale Eisensubstitution

Die meisten Patienten erhalten primär orale zweiwertige Eisenpräparate (z.B. Eisen-II- Eisensulfat, Gluconat, Fumarat) zur Substitution. Diese sind sicher, kostengünstig und einfach für Patienten einzunehmen. Sie stellen derzeit den Therapiestandard für Patienten mit einem niedrigen bis mittle- ren Eisenbedarf ohne entzündliche Komponenten und für Patienten, die orale Eisentabletten auch über eine Therapiedauer von mehreren Monaten gut vertragen. Leider treten bei rund 70 % aller Patienten relevante gastrointestinale Nebenwirkungen auf, wie Bauchschmerzen, Übelkeit, Diarrhoe und Obstipation, viele Patienten beenden daher die Einnahme vorzeitig.

Die orale Eisentherapie folgt generell zwei Prinzipien, je höher die Dosis einer oralen Eisentherapie, desto schneller erfolgt der Hämoglobinanstieg, desto eher ist aber auch mit Nebenwirkungen zu rechnen. Studien haben gezeigt, dass sich durch längere Pausen zwischen den Einnahmen die Nebenwirkungen vermindern lassen. Bei jungen Frauen mit niedrigem Speichereisen hat die Einnahme von 60 mg elementarem Eisen an jedem zweiten Tag zu einer besseren Eisenabsorption geführt als die tägliche Einnahme von 60 mg Eisen, wobei es zu einem geringeren Auftreten von gastrointestinalen Nebenwirkungen kam.

Neuere Leitlinien empfehlen deutlich niedrigere Dosen (z. B. 65 bis 200 mg) und längere Pausen zwischen den Einnahmen (z. B. jeden zweiten Tag). Die Eisentherapie sollte nach Normalisierung des Hämoglobinwerts über weitere drei Monate fortgesetzt werden, um die Eisenspeicher voll- ständig aufzufüllen. Weitere Entwicklungen zu den klassischen zweiwertigen Eisensalzen sind dreiwertige Eisenformulierungen wie Eisen(III)-Mal- tol/Polymaltose und Eisen(III)-Trimaltol, die eine gute enterale Resorption von Eisen bei weniger Nebenwirkungen ermöglichen sollen. Für Eisen-III- Maltol zeigten sich in randomisierten Studien mit Patienten mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung keine erhöhten schwerwiegenden Neben- wirkungen im Vergleich zu Plazebo. Auch eine neue orale Eisen-(III)-Formulierung, eine liposomale (sucrosomale) Eisenverbindung, wurde kürzlich in Europa zugelassen und zeigte ein gutes Wirkungs-/Nebenwirkungsprofil und Sicherheitsprofil im Vergleich zu parenteralem Eisen. Eine orale Ei- sentherapie stößt an ihre Grenzen, wenn sich die Hämoglobinkonzentration nicht ausreichend erhöht. Studien haben aber gezeigt, dass ein An- stieg von mehr als 1,0 g/dl am Tag 14 ein guter Prädiktor für eine anhaltend erfolgreiche Therapie ist. Besonders für Patienten mit gastrointestinalen Resorptionsstörungen oder chronischem Blutverlust, z. B. über eine Hypermenorrhoe oder Teleangiektasien, reicht eine orale Therapie häufig nicht aus. Auch für Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz und malignen Erkrankungen wird eine parenterale Eisensubstitution empfohlen. Viele Ex- perten raten auch Patienten mit Herzinsuffizienz, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, abnormalen Uterusblutungen, in der Schwanger- schaft und nach bariatrischen Operationen bei Eisenmangelanämie zu einer primären parenteralen Eisensubstitution.


Prinzipien der parenteralen Eisentherapie

Parenterale Eisenpräparate umfassen die klassischen Eisensalzte Eisensucrose und Eisenglukonat, sowie das niedermolekulare (LMW) Eisendex- tran. Neuere Entwicklungen sind Komplexe aus dreiwertigem Eisen und einer Kohlenhydrat-Schale aus Carboxymaltose, Derosimaltose oder Fer- umoxytol. Diese Komplexe verlangsamen die Eisenabgabe im Blut, was die Verabreichung einer höheren Eisenmenge in einer Dosis erlaubt und damit weniger Sitzungen zur Eisentransfusion notwendig macht. Auch das LMW Eisendextran ist mit weniger Nebenwirkungen assoziiert als das klassische hochmolekulare Eisendextran, unter dem es in der Vergangenheit gehäuft zu anaphylaktischen Reaktionen kam. Ein systematischer Re- view evaluierte alle nicht-hochmolekularen Eisenpräparate und fand kein vermehrtes Auftreten von schweren Nebenwirkungen im Vergleich zu ora- len Eisenpräparaten oder Plazebo. Es gab allerdings im Vergleich zu Plazebo ein erhöhtes Auftreten von Infusionsreaktionen (kein Auftreten von Anaphylaxie), mit Eisenglukonat sogar ein erhöhtes Auftreten schwerer Infusionsreaktionen. Die Zulassungsbehörden empfehlen, dass parenterale Eisenpräparate nur dort gegeben werden können, wo auch eine allenfalls auftretende Anaphylaxie behandelt werden kann. Eine parenterale Eisen- therapie darf nur unter Beobachtung gegeben werden, die Nachbeobachtungszeit sollte mindestens 30 Minuten betragen.


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