Schlaganfall durch verstecktes Vorhofflimmern
Schlaganfälle sind in Österreich die häufigste Ursache für bleibende Behinderung im Erwachsenenalter.
Rund 85 % aller Schlaganfälle sind Folge einer Unterbrechung der Blutversorgung von Hirnarealen. Typisch dafür ist das schlagartige Auftreten von Seh-, Sprach- bzw. Ge- fühlsstörungen oder Lähmungserscheinungen. Bei diesen Symptomen gilt es, sofort die Rettung zu alarmieren, da durch den Einsatz moderner Akuttherapien bei vielen Patienten die Blutversorgung wiederhergestellt und Folgeschäden reduziert werden können.
Neben der Akuttherapie ist der Nachweis der konkreten Schlaganfallursache für die Behandlung und Vermeidung eines weiteren Schlaganfalls entscheidend. Trotz moder-
ner Diagnostik bleibt jedoch die Ursache jedes vierten Schlaganfalls zunächst unklar, wobei insbesondere die Erfassung von herzbedingten Schlaganfallquellen herausfordernd sein kann. Um die Schlaganfallabklärung zu optimieren, wurde daher ein Studienprojekt an der Universi- tätsklinik für Neurologie in Kooperation mit der Klinischen Abteilung für Kardiologie der Universitätsklinik für Innere Medizin der Med Uni Graz ins Leben gerufen.
Vorhofflimmern und Schlaganfall
Die häufigste Ursache von herzbedingten Schlaganfällen ist die Herzrhythmusstörung Vorhofflimmern, die, sofern nicht erkannt und passend behandelt, mit einem stark erhöhten Risiko für die Bildung von Blutgerinnseln im Herz einhergeht. Diese können mit dem Blutstrom in die hirn- zuführenden Gefäße gelangen und die Blutversorgung des Gehirns unterbrechen. Neben einem unregelmäßigen Pulsschlag sind Herzrasen und -stolpern typische Symptome des Vorhofflimmerns.
Tückisch ist jedoch, dass viele Patienten keine Beschwerden aufweisen und Vorhofflimmern häufig nur in kurzen Episoden auftritt, die nachfol- gend für Tage bis Wochen einem normalen Herzschlag weichen können. Das kann dazu führen, dass im Rahmen der stationären Schlaganfall- abklärung durchwegs unauffällige Herzrhythmen erfasst werden, obwohl Betroffene an Vorhofflimmern leiden. Besondere Bedeutung erlangt das dadurch, da diese Rhythmusstörung mit schweren und wiederkehrenden Schlaganfällen in Verbindung gebracht wird, die richtige medika- mentöse Vorsorge dieses Risiko jedoch drastisch reduzieren kann.
Wer suchet, der findet
In den durchgeführten Studien wurden aus klinischen Informationen, Charakteristika der Gehirnbildgebung, Herzultraschall, EKG und Blutunter- suchungen Marker für Vorhofflimmern identifiziert und darauf aufbauend wurde ein Risikoscore entwickelt, der ein zugrunde liegendes Vorhof- flimmern bei Patienten mit initial unklarer Schlaganfallursache vorhersagt. Die international veröffentlichten Studienergebnisse untermauern die Wertigkeit des entworfenen Risikoscores für die Abklärung von Schlaganfallpatienten. So weisen Patienten mit hohen Risikoscores eine hohe Wahrscheinlichkeit für die nachfolgende Detektion von Vorhofflimmern auf. Bei diesen Patienten ist somit eine intensivierte, zunehmend kontinu- ierliche Herzrhythmusüberwachung angezeigt. Idealerweise erfolgt das durch einen kleinen implantierbaren Monitor, dem Loop Recorder, der
das Herz rund um die Uhr überwacht und auch kurze Vorhofflimmerepisoden zuverlässig de- tektieren kann. Ziel ist es, Patienten mit Vorhofflimmern frühzeitig zu erkennen und durch An- passung der medikamentösen Therapie einen neuerlichen Schlaganfall zu verhindern.
Der Risikoscore, der sich in der klinischen Praxis bereits als äußerst effektiv erwiesen hat, wird seit Kurzem bei allen Schlaganfällen unklarer Ursache, die an der Universitätsklinik für Neuro- logie des LKH-Universitätsklinikums behandelt werden, angewendet und soll in den nächsten Wochen an allen steirischen Schlaganfallspezialeinheiten und kooperierenden internistisch- kardiologischen Abteilungen flächendeckende Umsetzung finden.
Für seine Dissertation wurde Markus
Kneihsl mit dem „Award of Excellence“
des Bundesministeriums für Bildung,
Wissenschaft und Forschung der
Republik Österreich ausgezeichnet.