PRAXIS | Tagesklinik
FotoS: Orthopädie Wiener Neustadt, Raimo Rudi Rumpler, Markus Dittrich, zvg
Organisation ist alles
Tagesklinische Eingriffe im extramuralen Be- reich haben sich als zukunftsträchtige Lösung für die Entlastungen der Ambulanzen und Spi- täler erwiesen. Trotz großen Errichtungsauf- wands rechnen sich Eingriffsräume für die Or- dinationen und Patienten nehmen Zuweisun- gen gerne an.
Die Gruppenpraxis Orthopädie Wiener Neustadt ist eine hochmoderne Praxis mit Tagesklinik, in der rund 1.600 ambulante Eingriffe jährlich durch- geführt werden. Derzeit führen vier Orthopäden – Dr. Markus Baumgartner, Dr. Christoph Reisner, MSc, Dr. Bernhard Stitz, Dr. Thomas Wagner – und die Orthopädin Dr. Daniela Joos Bielesz alle orthopädischen Untersuchungen sowie alle Eingriffe an Fuß, Hand, Ellenbogen, Wirbelsäule, Hüf- te, Knie und Schulter, die tagesklinisch möglich sind, durch. Größere Operationen wie Endoprothesen werden aus Sicherheitsgründen und auf- grund der notwendigen Nachbehandlung in das klinische Setting verlagert. Auch bei Operationen mit erhöhtem individuellem Operationsrisiko er- folgt ein Eingriff nicht tagesklinisch, um im Fall von Komplikationen das Umfeld eines Krankenhauses nutzen zu können. Die Praxis setzt bewusst auf ein breites Behandlungsspektrum, wobei die Tagesklinik das Herzstück darstellt. Der 50 m2 große Eingriffsraum ist technisch topmodern aus- gestattet und entspricht dem derzeitigen technischen Standard. Vom Erstgespräch über die Diagnosestellung, die zielgerichtete, individuelle Be- handlungsplanung bis zu Operation, (Schmerz-) Therapie und Nachbehandlung erfolgt hier alles unter einem Dach.
Medico Chirurgicum in Wien 23 ist eine chirurgische Gruppenpraxis von Dr. Friedrich Anton Weiser und Dr. Halkawt Al-Mufti, die auf Endoskopien spezialisiert ist, aber auch Magen- und Darmspiegelungen oder kleinchirurgische Eingriffe werden durchgeführt, und zwar beeindruckende 1.000 Eingriffe pro Monat. Venen- oder Hernien-OPs werden nicht tagesklinisch durchgeführt, da sie zu komplex und im klinischen Setting besser aufge- hoben sind. Die Praxis ist auch samstags und sonntags geöffnet, was besonders gerne Senioren, ärztliche Kollegen und Berufstätige in Anspruch nehmen. Das Personal arbeitet wochentags nur an drei Tagen und schreibt am Wochenende Überstunden, sodass Weiser keine personellen Eng- pässe verzeichnet. In beiden Gruppenpraxen fällt die akribisch festgelegte Organisation auf, die rasch für Vertrauen sorgt und deutlich macht, dass hier jeder Handgriff sitzt.
Mit und ohne Anästhesisten
Zwei Anästhesisten, Dr. Robert Fitzka und Dr. Markus Dittrich von „Die Narkoseärzte“, stehen für tagesklini- sche Eingriffe in der Orthopädie Wiener Neustadt zur Verfügung. „Tageskliniken sind die Zukunft, um über- volle Spitäler zu entlasten“, ist Dittrich überzeugt und ergänzt: „Außerdem ist es nicht nur im Interesse der Patienten, dass sie nach dem Eingriff nach Hause gehen können, sondern auch der Volkswirtschaft, um teure Spitalsaufenthalte zu reduzieren.“
Die Anästhesisten werden in die OP-Planung einge- bunden, denn die Entscheidung, welches Anästhe- sieverfahren – ob Allgemein-, Kombinations- oder Lo- kalanästhesie inklusive Regionalanästhesie – ange- wandt wird, erfolgt nach individuellen Erfordernissen. Auch in schwierigen Fällen wird im Rahmen regelmä- ßiger Teambesprechungen eine gute Lösung gefun- den. „Ein wesentlicher Grundsatz bei der Auswahl des Anästhesieverfahrens ist, so wenig invasiv wie möglich, so viel wie nötig“, sagt dazu Dr. Christoph Reisner, MSc, Orthopäde und Präsident der Ärzte- kammer für Niederösterreich. Für alle Eingriffe, die eine Narkose oder Spinalanästhesie erfordern, ist
auch ein Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin anwesend. Die Wahl der Anästhesieform sei jedoch keine Ad-hoc-Entscheidung, sagt Reis- ner, sondern genauso wie die Operation detailliert geplant. „Die Aufklärung über die Anästhesieform und die Art der Operation erfolgt im Regelfall circa eine Woche vor der Operation, für den Patienten ist dies also keine Überraschung“, erklärt der Orthopäde.
Dr. Weiser benötigt in seiner chirurgischen Praxis keinen Anästhesisten. Die Sedierung erfolgt mit Propofol, ein zweiter Kollege ist für den Fall ei-
nes Atemstillstands stets anwesend. Die extrem kurze Halbwertszeit von Propofol begüns- tigt das Management der Aufwachphase. „Ich habe in drei Aufwachbetten investiert. Ein Pulsoximeter misst die Sauerstoffsättigung und ich bekomme das Ergebnis direkt in meinem OP auf einen Bildschirm gesendet. Dadurch steht der Patient in der Aufwachphase unter ständiger Überwachung und ich kann weiteroperieren“, so Weiser.
OP-Aufklärung im Fokus
Die OP-Aufklärung nimmt einen wichtigen Part im Ablauf beider Tageskliniken ein. „Die Art und das Ziel der Operation müssen so erklärt werden, dass der Patient den Eingriff und auch die Nachbehandlung verstehen kann“, sagt Reisner. „Dies ist besonders wichtig, da es bei manchen Operationen notwendig ist, sich vier bis sechs Wochen streng zu schonen. In diesen Fällen muss auch für diese Zeit das tägliche Leben wie Einkauf, Wäscheversor- gung oder Wohnungsreinigung vom Patienten geplant und organisiert werden.“ Zentral sei natürlich außerdem die Aufklärung über mögliche Komplikationen und alternative Behand- lungsoptionen. „Es besteht kein Unterschied zwischen Aufklärung für tagesklinische Opera- tionen oder Eingriffe mit stationärer Behandlung“, so Reisner.
Wie beim Operateur beginnt auch die Arbeit des Anästhesisten deutlich vor der Operation. „Bereits eine Woche vor der Operation wird im Rahmen der Aufklärung die Art der geplan- ten Anästhesie erklärt, Blutbefunde werden besprochen und das Risiko eines Eingriffes wird evaluiert. Am Operationstag erfolgt nach einem erneuten Gespräch die Einleitung der Nar- kose, die Überwachung während der Operation und die Nachbeobachtung nach dem Ein- griff, bis zur Feststellung der Entlassungsfähigkeit“, sagt Reisner. Vor der Entlassung wird dokumentiert, wer den Patienten abholt und welche Person die nächsten Stunden den Pati- enten begleitet. „In den Tagen nach der Operation stehen unsere Narkoseärzte telefonisch zur Verfügung und von orthopädischer Seite werden die Patienten am nächsten Tag zur Kontrolle einbestellt und weiterhin betreut. Die Patienten haben auch die Möglichkeit, nach der Operation über unser Notfalltelefon sieben Tage die Woche 24 Stunden einen unserer Fachärzte für Orthopädie und orthopädische Chirurgie ständig zu erreichen“, ergänzt Reis- ner. Das Sicherheitsnetz ist also sehr engmaschig, nichts wird dem Zufall überlassen.
Gleiches gilt für Medico Chirurgicum: Das Aufklärungsgespräch nimmt eine Schlüsselrolle ein. „Ich lege sehr großen Wert darauf, dass nicht nur ich den Patienten sehr genau kennen-
lerne, sondern auch der Patient unsere Praxis. Die Chemie muss passen“, so Weiser. „Für mich endet die Haftung nicht an der Ausgangstür. Jeder Patient bekommt meine Handy- nummer und kann sich melden, wenn Fragen oder Probleme auftauchen.“ Entsprechend ausführlich wird das Aufklärungsgespräch gestaltet. Dabei vermittelt er den Patienten zu- dem den hohen Wert einer guten OP-Vorbereitung, die es ihm wiederum möglich macht, zum Beispiel Polypen in oder unter dem Schleimhautniveau zu entdecken, die ihm sonst entgehen würden. „Je besser die Vorbereitung, desto erfolgreicher verläuft auch die OP“, ist Weiser überzeugt.
Ein zukunftsträchtiges Modell
Für eine derart genaue Arbeit sind freilich auch besonders hochwertige, moderne Geräte erforderlich, die leider nicht kostengünstig zu haben sind. Als größte Hürde bezeichnet Wei- ser außerdem die Hygieneanforderungen, die sich laufend ändern und immer komplexer werden. Allein die Waschmaschinen zur Geräteaufbereitung kosten ein kleines Vermögen. Aufgrund der hohen Eingriffszahl kann beides aber wettgemacht werden. Bei den Patienten
kommen tagesklinische Eingriffe entsprechend gut an, denn sie fühlen sich gut aufgehoben und begrüßen es, wenn keine stationären Aufenthalte nötig sind. „Die Akzeptanz ist extrem hoch“, bestätigt Reisner. „Gerade in der Corona-Pandemie zeigte sich ein enormer Bedarf für tagesklinische Chirurgie, da durch die Reduktion von Operationskapazitäten in öffentlichen Krankenhäusern, bedingt durch den Ausbau an Intensivbetreuungsstationen, die Wartezeiten in Krankenhäusern massiv angestiegen sind. Weiters versuchen Patienten – wenn möglich – Aufenthalte in Krankenhäusern zu vermeiden.“ Auch Weiser sieht in tagesklinischen Eingriffen ein klares Zukunftsmodell. Seine Ordination bezeichnet er als „DIE Leidenschaft“, die ihn an- treibt – und das ist auch für Patienten spürbar. Mit einer Top-Organisation, die alle Eventualitä- ten abdeckt und die Patienten umfassend aufklärt, steht dem erfolgreichen Betrieb einer Ta- gesklinik also nichts im Wege.
bw