MEDIZIN |  Magen-Darm-Erkrankungen

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Gastroösophageale

Refluxkrankheit (GERD)

In Ländern der westlichen Welt ist die Refluxkrankheit die häufigste Erkrankung des oberen Gastrointestinaltrakts und weist eine steigen- de Inzidenz auf.

Die Montreal Klassifikation definiert GERD als Reflux von Mageninhalt, der zu Beschwer- den und/oder Komplikationen führt, wobei auch asymptomatische Patienten mit Schä- den durch Reflux erfasst werden. Zwischen zehn und 20 % der Erwachsenen in den In- dustriestaaten sind von symptomatischer GERD betroffen, Spontanheilungen kommen vor, der größere Teil der Erkrankungen verläuft jedoch chronisch. Der Barrett-Ösopha- gus, als mögliche Folge einer langjährigen Refluxkrankheit, ist darüber hinaus als Prä- kanzerose für Adenokarzinome des distalen Ösophagus einzustufen. Asymptomatische Refluxösophagitiden und Barrett-Läsionen werden bei mehr als 5 % der Bevölkerung im Rahmen einer Endoskopie gefunden.


Symptome und Definition

Patienten mit Refluxbeschwerden äußern häufig die Belastung durch das Leitsymptom Sodbrennen, Reflux kann sich jedoch auch oder zusätzlich durch Brennen im Rachen, saures oder nichtsaures Aufstoßen oder Regurgitation von Mageninhalt äu- ßern. Ebenso möglich sind Symptome wie retrosternaler Druck (non cardiac chest pain, NCCP), Dysphagie und extraösopha- geale „atypische“ Manifestationen wie epigastrische Schmerzen, Reizhusten, morgendliches Räuspern, belegte Stimme, Hei- serkeit, Zahnschäden oder Asthmaanfälle durch Reflux.

Die Begriffsdefinition GERD erfasst neben der erosiven (ERD) auch die nicht-erosive Refluxkrankheit (NERD) sowie den hyper- sensitiven Ösophagus (die Anzahl der Refluxepisoden liegt in der Norm, wird jedoch als Sodbrennen mit einem positiven Sym- ptomindex wahrgenommen) sowie funktionelle Refluxbeschwerden (kein Reflux, negativer Symptomindex).


Pathophysiologie der GERD

Die regelrechte Anatomie des unteren Ösophagussphinkter (UÖS) wirkt als Schutzmechanismus gegen ösophagealen Reflux durch spiralig angeordnete Muskelzüge und die spitzwinkelige Einmündung in den Magen. Er weist einen Ruhetonus von 18- 24 mm Hg auf, die zeitgerechte Relaxation ist Teil des normalen Schluckakts. Durch mechanische Ursachen oder Einwirkung verschiedener Substanzen oder Gewohnheiten kann der Tonus gesenkt werden und somit Reflux ermöglicht und gefördert werden. Die Hiatushernie ist eine häufige Ursache für mechanische Störungen, Nikotinabusus, Essgewohnheiten, Adipositas können zu den Beschwerden beitragen, ebenso Medikamente wie unter anderem Anticholinergika, Calciumantagonisten, Ben- zodiazepine und Östrogenpräparate.


Diagnostik und initiale Therapie

Bei der Anamnese sollte neben typischen und atypischen Symptomen auch eine Befragung bezüglich anderer Erkrankungen und Erfassung der Medikamente durchgeführt werden. Falls die typischen Symptome (Sodbrennen 1x/Woche mit Einschrän- kung der Lebensqualität, ohne Alarmsymptome) vorliegen, ist eine empirische Therapie mit Protonenpumpeninhibitoren (PPI) und Überprüfung des Therapieerfolgs gerechtfertigt. Die Therapie mit PPI ist eine rein symptomatische Therapie und sollte möglichst kurzzeitig erfolgen, eine Langzeittherapie kann mit möglichen Komplikationen wie u.a. erhöhtem Risiko für Hüftfrak- turen, möglicher bakterieller Fehlbesiedelung des Dünndarms und erhöhter Anfälligkeit für Pneumonien verbunden sein.

Falls atypische (Gewichtsverlust, Dysphagie, Anämie) oder unklare Symptome vorliegen bzw. wenn aufgrund der Krankheits- dauer ein Barrett-Syndrom vorliegen könnte, sollte eine endoskopische Abklärung erfolgen, die Refluxösophagitis klassifiziert werden und weitere Befunde (Stenosen, Vorliegen einer Hiatushernie) dokumentiert werden. Außer bei makroskopisch unauf- fälliger Ora serrata sollten hierbei standardisierte Biopsien entnommen werden.

Zur Sicherung der Diagnose GERD – oder bei ausbleibendem Erfolg einer empirischen PPI Therapie – kann eine 24h-pH-Me- trie in Kombination mit einer Manometrie durchgeführt werden. Die Untersuchung weist eine hohe Spezifität und Sensitivität für ERD auf, es werden die Refluxepisoden quantitativ erfasst und eine Korrelation zu Beschwerden überprüft. Die Manometrie er- fasst Motilitätsstörungen des Ösophagus (u.a. distaler Ösophagusspasmus, Jackhammer Ösophagus, Achalasie) und sollte vor einer Antireflux-Operation und bei unklaren retrosternalen Beschwerden durchgeführt werden.


Chirurgische Therapie

Unter Anwendung bestimmter Kriterien lässt sich die Lebensqualität durch eine Anti-Reflux-Operation erhöhen. Die Indikation kann bei Vorliegen einer Hiatushernie, den typischen Symptomen und jahrelangen Refluxbeschwerden gestellt werden, Vor- aussetzung dafür ist die Diagnose der inkompetenten Anti-Reflux-Barriere durch Ösophagus-Manometrie, Symptomkorrelation mit Refluxepisoden (24h pH-Metrie) und wenn wahrscheinlich eine lange Behandlungsbedürftigkeit vorliegt. Die Methode der Wahl ist die laparoskopische Fundoplikatio mit Hiatoplastik zur Einengung des erweiterten Hiatus ösophageus und Anlage ei- ner kompetenten Anti-Reflux-Barriere. Zwei Methoden – die Fundoplikatio nach Nissen und nach Toupet – haben sich etabliert, wobei die Operation nach Toupet mit einem unvollständigen Manschettenschluss als nebenwirkungsärmer bei gleicher Er- folgsrate über fünf Jahre gilt. Bei Hiatushernien kleiner als 3 cm kann seit 2012 auch der LINX Ring zum Einsatz kommen, durch den die physiologische Funktion des UÖS durch eine magnetische Titan-Perlenkette unterstützt wird.


Barrett-Ösophagus

Als Präkanzerose für das Adenokarzinom des unteren Ösophagus kommt dem Barret-Ösophagus als Folgeerscheinung lang- dauernder Refluxerkrankung besondere Bedeutung zu. Die Läsionen entstehen durch die Umwandlung in Zylinderepithel mit Becherzellen mit oder ohne Dysplasie. Bei einem Barrett ohne Dysplasie wird empfohlen nach einem Jahr eine Kontrolle durchzuführen. Im Falle des Vorliegens einer Dysplasie sollte ein Referenzpathologe die Diagnose sichern und die weitere Therapie an einem Zentrum erfolgen. Bei geringer Dysplasie ist eine PPI Therapie zu etablieren und eine endoskopische Kon- trolle nach 6 und 18 Monaten zu planen, im Falle von sichtbaren Läsionen ist eine endoskopische Mukosaresektion empfeh- lenswert. Bei hochgradiger Dysplasie und pT1a Karzinomen sollte eine endoskopische Resektion oder Radiofrequenzablation erfolgen.



Literatur:

• S2k Guideline: Gastroesophageal Reflux Disease Guided by the German Society of Gastroenterology • AWMF Register No. 021-013w

• H. Koop, K. H. Fuchs, J. Labenz, P. Lynen Jansen, H. Messmann, S. Miehlke, W. Schepp, T. G. Wenzl, und die Mitarbeiter der Leitliniengruppe