MEDIZIN | Covid-Update

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Zellmutationen beein- flussen Covid-19- Verläufe

Bestimmte genetische Voraussetzungen von Men- schen beeinflussen maßgeblich ihre Immunantwort gegen das Sars-CoV-2 Virus und können die Schwe- re der Covid-19-Erkrankung beeinflussen.

Eine Forschungsgruppe unter Leitung der MedUni Wien konnte zeigen, dass bestimmte genetische Varianten des CD16a-Antikörperrezeptors mit dem Risiko einer schweren Covid-19 einhergehen. Rund 15 % der Bevölkerung sind davon betroffen. Natürliche Killerzellen (NK-Zellen) spielen eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung der Virusvermehrung bereits in der Anfangsphase viraler Infektionen. NK-Zellen weisen auf ihrer Oberflä- che spezielle Rezeptoren auf, die an einen Teil der Antikörper binden, die spezifisch gegen Viren gebildet werden. Dadurch wird eine antikörper- abhängige Aktivierung der Killerzellen (ADCC) ermöglicht, die zur Zerstörung der virusinfizierten Zellen führt und die Ausschüttung von entzün- dungsfördernden Faktoren auslöst.


CD16a-Rezeptor im Fokus

Diese Interaktion zwischen Antikörper und NK-Zell-Oberflächenrezeptor wird durch bestimmte genetische Faktoren beeinflusst, die entweder in stark (hoch-affin) oder schwach (niedrig-affin) bindenden genetischen Rezeptorvarianten resultiert. Eine Forschungsgruppe des Zentrums für Viro- logie der Medizinischen Universität Wien unter der Leitung von Dr. Hannes Vietzen und Univ.-Prof. Dr. Elisabeth Puchhammer-Stöckl hat nun in Ko- operation mit Priv.-Doz. Dr. Alexander Zoufaly aus der Klinik Favoriten gezeigt, dass bestimmte genetische Varianten des CD16a-Antikörperrezep- tors mit dem Risiko einer schweren Covid-19 einhergehen.

In ihrer Studie, die kürzlich im Journal „Genetics in Medicine“ erschienen ist, zeigen die Autoren, dass Personen, die aufgrund einer Sars-CoV-2- Infektion mit schwerem Verlauf hospitalisiert werden mussten, signifikant häufiger die hoch-affine Variante des CD16a-Rezeptors aufwiesen. Diese hoch-affine Variante kommt nur in etwa 15 % der Bevölkerung vor und Träger dieser Variante weisen ein deutlich erhöhtes Risiko für schwere Co- vid-19-Verläufe auf. Besonders häufig war diese hoch-affine Variante bei Patienten, die mit Covid-19 auf Intensivstationen behandelt werden muss- ten oder mit Covid-19 verstarben.


Keine routinemäßige Untersuchung

In anschließenden Zellkulturexperimenten konnte das Forschungsteam zeigen, dass diese hoch-affine Variante des Antikörperrezeptors zu einer signifikant gesteigerten Antikörper-abhängigen Aktivierung von NK-Zellen und zu einer besonders hohen Ausschüttung von entzündungsfördern- den Faktoren führt. „Bei der Antikörper-abhängigen Aktivierung von NK-Zellen handelt es sich um eine relativ späte Immunantwort. Diese späte Im- munantwort scheint nun nicht mehr zur Kontrolle der Sars-CoV-2-Virusvermehrung, sondern durch eine überschießende Immunreaktion zu einer Verschlechterung der Covid-19-Erkrankung beizutragen“, sagt Vietzen.  Bei den Tests handelt es sich um wissenschaftliche Spezialuntersuchun- gen. Eine routinemäßige Untersuchung in Labors auf diese Parameter ist nicht angedacht, da es derzeit keine auf diese genetische Prädisposition abzielenden therapeutischen und präventiven Möglichkeiten gibt, um das Risiko einer schwer verlaufenden Covid-19 zu verringern. Dabei ist die genetische Prädisposition nur einer von mehreren Faktoren, die die Schwere der Erkrankung beeinflussen.


rh