Kur & Gesundheitsvorsorge | Anleitung zur Selbsthilfe

Betreuung auf dem Weg

zum individuellen Therapieziel

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So unterschiedlich die Ziele und Inhalte von Kur, „Gesundheitsvorsorge aktiv“ und Rehabilitation sind, so gibt es eine Gemeinsamkeit: Im Mittelpunkt stehen neben der Therapie vor allem die Krankheitsinformation, Schulung und Anleitung zur Selbsthilfe.

Kur-Heilverfahren, die „Gesundheitsvorsorge aktiv“ (GVA) sowie statio- näre und ambulante Rehabilitation sind Gesundheitsleistungen, die in den meisten Fällen von den Sozialversicherungen zur Verfügung ge- stellt werden. Privatzahler sind in diesen Bereichen, gesehen auf die Gesamtzahl, eher die Ausnahme. Trotz unterschiedlicher Zugänge, Ziel- setzungen und Inhalte dieser Verfahren gibt es eine Gemeinsamkeit: Bei all diesen Gesundheitsleistungen steht weniger die diagnostische Schiene, sondern vielmehr einerseits die Therapie, aber andererseits stehen auch Krankheitsinformation, Schulung und Anleitung zur Selbst- hilfe im Mittelpunkt.


Das Sonderfach Physikalische Medizin und Allgemeine Rehabilitation umfasst genau diese Bereiche, nämlich definitionsgemäß die Präventi- on, Diagnostik, Behandlung, Rehabilitation und Palliation von Funktions- und Gesundheitsstörungen aller Organsysteme und relevanter Erkran- kungen, insbesondere mit physikalischen und rehabilitativen Mitteln zur Analgesie und zur Wiederherstellung der Besserung der Körperstruktu- ren, der Körperfunktionen, der Aktivität und der Partizipation. Weiters beinhaltet das Aufgabengebiet insbesondere die Diagnose und Indika- tionsstellung für Thera-piemaßnahmen sowie Verfahren der rehabilitati- ven Intervention mit konservativen physikalischen und manuellen Thera- pien sowie die Anordnung und Evaluierung der gesetzten rehabilitativen Maßnahmen. Diese Definition der Aufgaben der Physikalischen Medizin ist in der Ärzteausbildungsordnung im Bundesgesetzblatt II, ausgege- ben am 29. Mai 2015, Nr. 147, Anlage 25, geregelt.


Rechtliche Grundlagen

Die Ausbildungsordnung umfasst neben der Sonderfach-Grundausbil- dung insgesamt sieben Wahlvertiefungsmodule, unter anderem das Modul 2 „Remobilisation und Nachsorge“ und das Modul 3 „Fachspezi- fische Rehabilitation“, die beide entsprechend ihrer Benennung einen Bezug zu speziellen Rehabilitationsphasen haben.

Die Themen Frührehabilitation, Indikationsstellung, Planung, Verord- nung, Durchführung und Kontrolle von komplexen bewegungstherapeu- tischen Behandlungskonzepten, rehabilitatives Assessment, Indikati- onsstellung zur Rehabilitation, Beurteilung von Rehabilitationspotenzial und -fähigkeit, Rehaprognose und das Erarbeiten von Rehabilitations- zielen zählen, und das nur auszugsweise, zu den wichtigen Bereichen der Basisausbildung und der speziell vertiefenden Facharztausbildung.

Auch die Koordination, Durchführung, Überwachung, Evaluation und Dokumentation von Therapie- und Rehabilitationsprozessen zählen ebenso zur Ausbildung eines Facharztes für Physikalische Medizin und Allgemeine Rehabilitation. Besonderer Wert wird auf die fachliche und organisatorische Führung eines interdisziplinären und multiprofessionel- len Teams gelegt.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

Die Grundsätze, Vorgaben und Zielsetzungen der Kur-Heilverfahren, der GVA und der Rehabilitation-Anschlussheilverfahren wie Indikatio- nen, Kontraindikationen, Leistungsinhalt und Leistungsumfang sowie Qualitätskriterien werden von den Sozialversicherungen auf Basis der Leistungsprofile der Pensionsversicherungsanstalt erstellt.

Die Kur, von einigen Sozialversicherungen auch als Heilverfahren be- zeichnet, ist als Gesundheitsvorsorge bzw. Maßnahme zur Festigung der Gesundheit sowie Heilbehandlung unter besonderer Berücksichti- gung der zur Verfügung stehenden Heilvorkommen unter Hervorhebung des medizinisch-sekundärpräventiven Charakters definiert.

Die Kombinationstherapie aus Behandlungen der Therapiegruppen Massage, Bewegungstherapie und Trainingstherapie, Elektrotherapie, Ultraschall, Diätologie, Klinische und Gesundheitspsychologie, Schu- lungen, ortsgebundene Heilmittel und in der Dermatologie der UV-B-Be- strahlung stehen bei Kur-Heilverfahren im Mittelpunkt.

Das Team im Kur-Heilverfahren setzt sich entsprechend aus Fachärz- ten, vornehmlich aus dem der Indikation entsprechenden Sonderfach und der Physikalischen Medizin, Allgemeinmedizinern, gegebenenfalls mit dem Kurarztdiplom, Physiotherapeuten, Sportwissenschaftlern, Mas- seuren, Medizinisch-Technischen Fachkräften MTF, Diätologen und Psy- chologen zusammen.


Verpflichtende Bewegungstherapien

Die GVA wurde von der Pensionsversicherungsanstalt 2014 als neues Kurheilverfahrensmodell zur Vorsorge bei Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates eingeführt. Die Schwerpunkte liegen im Bereich von Maßnahmen, die Patienten bei einer notwendigen Lebensstilmodifi- kation unterstützen sollen. Der Fokus liegt auf dem Vermeiden der Risi- kofaktoren Bewegungsmangel, psychische Überlastung, ungesunde Er- nährung und Nikotinabusus. Den Kurgästen wird neben einem Basis- modul, das über diese potenziell gesundheitsbeeinträchtigenden Le- bensstilfaktoren informieren soll, ein individueller, ihrer persönlichen Si- tuation angepasster Betreuungsschwerpunkt in der Diätologie, der Be- wegung oder der mentalen Gesundheit zugeteilt. Einzelberatung, Work- shops und Schulungen sowie Entspannungsmethoden stehen im Mittel- punkt dieser Module. Im Basismodul sind verpflichtende Bewegungs- therapien für alle das zentrale Element, ergänzt durch Thermo- und Elektrotherapien, Ultraschall sowie hydrophysikalische Anwendungen nach medizinischer Erfordernis. Heilmassagen sind auf insgesamt drei pro GVA-Aufenthalt limitiert. In allen Fällen wird fakultativ ein Nikotinent- wöhnungsprogramm angeboten. Dementsprechend stehen bei der GVA folgende Therapieformen im Vordergrund: Physiotherapie, vor allem die Trainingstherapie, die psychologische Betreuung und diätologische Hil- festellungen, sodass der Schwerpunkt des therapeutischen Teams bei diesen Berufsgruppen liegt.

Phasenmodell der Rehabilitation


Die Rehabilitation ist eine Maßnahme zur bestmög- lichen Wiederherstellung der Gesundheit. Die Welt- gesundheitsorganisation WHO definierte im Tech- nical Report 1981 die Rehabilitation als den koordi- nierten Einsatz medizinischer, sozialer, beruflicher, pädagogischer und technischer Maßnahmen so- wie Einflussnahmen auf das physische und soziale Umfeld zur Funktionsverbesserung zum Erreichen einer größtmöglichen Eigenaktivität zur weitestge- hend unabhängigen Partizipation in allen Lebens-

bereichen, damit der Betroffene in seiner Lebensgestaltung so frei wie möglich wird. Die weitreichende Begriffserklärung spiegelt sich in weiten Teilen des Tätigkeitsspektrums der Fachärzte für Physikalische Medizin und Allgemeine Rehabilitation wider.

Der unmittelbare Bezug zur Physikalischen Medizin zeigt sich vor allem in den Stufen I bis III des Pha- senmodells der Rehabilitation: Die Phase I umfasst die Frühmobilisation im Akutkrankenhaus. Bei opti- mierter Struktur koordiniert der Facharzt für Physikalische Medizin und Allgemeine Rehabilitation in Ab- sprache mit dem fallführenden Arzt das therapeutische Vorgehen entsprechend seiner im Basismodul und im Modul Remobilisation erlernten Ausbildungsinhalte.

Stationäre oder ambulante Rehabilitationsprozesse bzw. Anschlussheilverfahren sind Inhalt der Phase II. Sie schließen an den Aufenthalt im Akutkrankenhaus oder an eine akute Erkrankung an und werden in vielen Fällen auch mit einem geringen Abstand, der zur Konsolidierung der Gesundheit beitragen soll, in einer Sonderkrankenanstalt durchgeführt. Laut Rehabilitationsplan 2012 sind Rehabilitationsver- fahren bei Erkrankungen folgender neun Indikationsgruppen vorgesehen: Erkrankungen des Bewe- gungs- und Stützapparats sowie des rheumatischen Formenkreises, Zustand nach posttraumatischen Veränderungen und neurochirurgischen Eingriffen, des zentralen und peripheren Nervensystems, von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, der Onkologie, des Stoffwechsels und der Verdauungsorgane, psychiatri- scher Krankheitsbilder, der Pulmologie und von sonstigen Erkrankungen inklusive Veränderungen des Lymphsystems. Die Rehabilitation von chronischen Schmerzpatienten erfolgt indikations- bzw. organbezogen.

Die Rehabilitation in der Phase III kann nur nach erfolgter Rehabilitation der Phase II eingeleitet werden. Sie soll wohnortnah durchgeführt werden, setzt bei den erzielten Veränderungen der Phase II an und zielt darauf ab, im ambulanten Setting diese Therapieerfolge zu stabilisieren oder weiter zu optimieren.

Lediglich die Stufe IV, die Langzeitrehabilitation, obliegt in unserem medizinischen System Vereinen und Selbsthilfevereinigungen.

gestaltung so frei wie möglich wird. Die weitreichende Begriffserklärung spiegelt sich in weiten Teilen des Tätigkeitsspektrums der Fachärzte für Physikalische Medizin und Allgemeine Rehabilitation wider.

Der unmittelbare Bezug zur Physikalischen Medizin zeigt sich vor allem in den Stufen I bis III des Pha- senmodells der Rehabilitation: Die Phase I umfasst die Frühmobilisation im Akutkrankenhaus. Bei opti- mierter Struktur koordiniert der Facharzt für Physikalische Medizin und Allgemeine Rehabilitation in Ab- sprache mit dem fallführenden Arzt das therapeutische Vorgehen entsprechend seiner im Basismodul und im Modul Remobilisation erlernten Ausbildungsinhalte.

Stationäre oder ambulante Rehabilitationsprozesse bzw. Anschlussheilverfahren sind Inhalt der Phase II. Sie schließen an den Aufenthalt im Akutkrankenhaus oder an eine akute Erkrankung an und werden in vielen Fällen auch mit einem geringen Abstand, der zur Konsolidierung der Gesundheit beitragen soll, in einer Sonderkrankenanstalt durchgeführt. Laut Rehabilitationsplan 2012 sind Rehabilitationsver- fahren bei Erkrankungen folgender neun Indikationsgruppen vorgesehen: Erkrankungen des Bewe- gungs- und Stützapparats sowie des rheumatischen Formenkreises, Zustand nach posttraumatischen Veränderungen und neurochirurgischen Eingriffen, des zentralen und peripheren Nervensystems, von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, der Onkologie, des Stoffwechsels und der Verdauungsorgane, psychiatri- scher Krankheitsbilder, der Pulmologie und von sonstigen Erkrankungen inklusive Veränderungen des Lymphsystems. Die Rehabilitation von chronischen Schmerzpatienten erfolgt indikations- bzw. organbezogen.

Die Rehabilitation in der Phase III kann nur nach erfolgter Rehabilitation der Phase II eingeleitet werden. Sie soll wohnortnah durchgeführt werden, setzt bei den erzielten Veränderungen der Phase II an und zielt darauf ab, im ambulanten Setting diese Therapieerfolge zu stabilisieren oder weiter zu optimieren.

Lediglich die Stufe IV, die Langzeitrehabilitation, obliegt in unserem medizinischen System Vereinen und Selbsthilfevereinigungen.

Realistische Therapieziele

Das Rehabilitationsteam wird vor allem durch die Fachärzte der jeweiligen Sonderfächer, den Pflege- dienst und indikationsspezifisch um Therapeuten wie die Ergotherapie, Logopädie oder beispielsweise die Orthopädietechnik erweitert.

Ein entscheidender Punkt für eine erfolgreiche Rehabilitation ist eine realistische patientenbezogene Auswahl des Therapieziels, das optimalerweise Patient und betreuender Arzt gemeinsam abstimmen sollten. Im Vordergrund sollten funktionelle Ziele, die an die persönliche, soziale, Arbeits-, Freizeit- oder Lebenssituation des Patienten angepasst sind, ausgewählt werden. Das Bewegungsausmaß der im- plantierten Knietotalendoprothese stellt zwar einen gut messbaren, aber nur kleinen Teil des Rehabilita- tionsergebnisses dar. Wesentlich wichtiger für das Outcome insgesamt ist es, wie der Patient im Alltag zurechtkommt, wie gut er wieder in sein alltägliches Umfeld integriert werden kann und ob er beispiels- weise bei seinen Alltagsaktivitäten Unterstützung braucht oder selbstständig sein alltägliches Leben meistern kann. Für den einen Patienten kann es für seine Grundmobilität erforderlich sein, Stiegen stei- gen zu können, andere haben in ihrem Umfeld keine Stufen und benötigen diese Fertigkeit nicht.

In der Akutmedizin stehen sogenannte ICD-10 Diagnosen im Vordergrund. Diese internationale statisti- sche Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme ist zwar derzeit das wichtigs- te, weltweit anerkannte Diagnoseklassifikationssystem der Medizin, das von der WHO herausgegeben wird. In der Rehabilitation sind diese krankheits- und strukturorientierten, aber nicht funktionsbezoge- nen Diagnosen in vielen Fällen weniger hilfreich. Ebenso können Scores nur Durchschnittswerte von verschiedenen Funktionen darstellen und dementsprechend nicht immer gezielt die Erreichung des pa- tientenspezifischen Therapieziels bewerten.

Wesentlich aussagekräftiger ist aus Sicht der Physikalischen Medizin die sogenannte ICF, die Interna- tional Classification of Functioning, Disability and Health, eine ebenfalls von der Weltgesundheitsorgani- sation, und zwar 2001, erstellte Klassifikation, die den funktionellen Gesundheitszustand, die individuel- le Behinderung, die soziale Beeinträchtigung unter Berücksichtigung der für den Patienten relevanten Umweltfaktoren erfasst.

Rehabilitation bedeutet immer eine sogenannte „restitutio ad optimum“. Das optimale Ergebnis eines Therapieprozesses für den einzelnen Patienten ist meist so unterschiedlich, wie es die Patienten selbst sind. Der Bogen der individuellen Zielsetzung kann sich von der Rückkehr in den Beruf, einer Umschu- lung in eine andere Tätigkeit, der Wiedererlangung der Sportfähigkeit bis zur sozialen Reintegration, der Erlangung seiner Grundmobilität und der Vermeidung bzw. Verminderung der Pflegebedürftigkeit spannen.


Zusammenfassend entsprechen die medizinischen Anforderungen in Diagnostik und Therapie der Kur- Heilverfahren als Sekundärprävention, der GVA als Lebensstilmodifikation und der Rehabilitation zur Wiederherstellung und Funktionsverbesserung zur Erlangung einer größtmöglichen Eigenaktivität der Fachkompetenz der Fachärzte für Physikalische Medizin und Allgemeine Rehabilitation. Die Betreuung am Weg zum individuellen Therapieziel ist ein wesentliches Tätigkeitsfeld für Fachärzte dieses Sonder- faches.  Literatur beim Verfasser

Autor: Prim. Dr.

Christian Wiederer

Facharzt für Physikalische Medizin und Allgemeine

Rehabilitation,

Klinikum Am Kurpark

Arten & Ziele von Prävention


• Die Primärprävention soll die Gesundheit fördern und erhalten so- wie die Entstehung von Krankheiten möglichst verhindern.

• Die Sekundärprävention hat die Zielsetzung, das Fortschreiten ei- ner Erkrankung durch Frühdiagnostik und möglichst frühzeitige Be- handlung zu verhindern.

• In der Tertiärprävention stehen die Verringerung der Schwere einer Erkrankung, die Rückfallprophylaxe und die Prävention von Folgestö- rungen im Mittelpunkt.

• Bei der Quartärprävention ist das zentrale Anliegen die Vermeidung unnötiger medizinischer Maßnahmen gemäß dem medizinischen Grundsatz „primum non nocere“.

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Die weitreichende Begriffserklärung der WHO zur „Rehabilitation“ spiegelt sich in weiten Teilen des Tätigkeitsspektrums der Fachärzte für Physikalische Medizin und Allgemeine Rehabilitation wider.