MEDIZIN | Pfeiffersches Drüsenfieber 

Spezifische Immunantwort

gegen Epstein- Barr-Virus entdeckt

fotoS: med uni wien/houdek, adobe stock/ Dr_Microbe

Warum das Epstein-Barr-Virus bei einem Teil der erstmals Infizierten Pfeiffersches

Drüsenfieber auslöst und bei einem ande- ren nicht, konnte von der medizinischen

Wissenschaft bislang nicht erklärt werden.

Ein Forschungsteam am Zentrum für Virologie der MedUni Wien hat nun als Ursache eine spezifische Immunantwort und damit ein mögliches Ziel für die Entwicklung von Impfstoffen entdeckt. Die Vermehrung des Epstein-Barr-Virus (EBV) im Körper wird durch eine antivirale Immunantwort vor allem mittels T-Zellen bekämpft. Neben den klassischen T-Zell-Mechanismen gibt es auch eine „nichtklassische“ T-Zell-Antwort, die zur Zerstörung virusinfizierter Zellen führt. Hier werden den T-Zellen bestimmte EBV-Bestandteile durch ein spezifisches Molekül (HLA-E) präsentiert, das sich auf der Oberfläche von EBV-infizierten Zellen befindet. Aufgrund der Genvariation HLA-

E*0103/0103 sind in etwa einem Drittel der Bevölkerung natürlicherweise mehr HLA-E-Moleküle auf Zellen vorhanden.

Dass das Risiko für die Entwicklung des Pfeifferschen Drüsenfiebers nach einer EBV-Infektion stark von dieser nichtklassischen EBV-spezifischen Immunantwort abhängt, hat ein Forschungsteam um Univ.-Prof. Dr. Elisabeth Puchhammer-Stöckl, Leiterin des Zentrums für Virologie der MedUni Wien, in Kooperation mit Kollegen der Universitätskliniken für Thoraxchirurgie sowie für Innere Medizin III der MedUni Wien und des Erasmus Uni- versity Medical Centers in Rotterdam in einer aktuell publizierten Studie gezeigt. „Bei unseren Untersuchungen haben wir festgestellt, dass Perso- nen mit der HLA-E*0103/0103-Genvariante viel seltener Pfeiffersches Drüsenfieber entwickeln als Menschen, die eine andere HLA-E-Variante tra- gen. Wie unsere Laborexperimente ergaben, war diese Genvariante auch mit einer stark ausgeprägten EBV-spezifischen Immunantwort verbun- den“, erläutert der Erstautor der Studie Dr. Hannes Vietzen, MSc, BA, vom Zentrum für Virologie der MedUni Wien.


Präventive und diagnostische Möglichkeiten

Infektionen mit EBV gehören zu den häufigsten Virusinfektionen des Menschen. Die Erstinfektion mit dem Virus verursacht bei einem Teil der Kinder und jungen Erwachsenen infektiöse Mononukleose, die von unspezifischen Symptomen wie Fieber, Lymphknotenschwellungen und einer teils mo- natelangen Erschöpfung gekennzeichnet ist. Warum eine erstmalige EBV-Infektion nur bei einer Minderheit der Personen zu Pfeifferschem Drüsen-

fieber führt und bei den meisten gänzlich ohne Symptome verläuft, war bisher unklar. Mit der EBV-spezifischen Immunantwort haben die Forscher nicht nur die Ursache für dieses Phänomen identifiziert, sondern auch ein mögliches Ziel für die Erforschung präventiver Maßnahmen: „Da diese Immunantwort auch noch Jahre nach der ersten EBV-Infektion messbar war und einen langanhaltenden Schutz vor einer erneuten EBV-Infektion bietet, könnte es sich lohnen, diesen Mechanismus für die Entwicklung zukünftiger Impfstoffe ins Visier zu nehmen“, blickt Vietzen in die Zukunft. Chancen für künftige diagnostische Möglichkeiten könnten in einer weiteren Erkenntnis aus der Studie liegen: „Die Kombination von ungünstiger HLA-E-Genvariante und bestimmten EBV-Peptiden scheint auch bei der Entstehung von EBV-assoziiertem Lymphdrüsen- krebs bei immunsupprimierten Patienten nach einer Transplantation eine wichtige Rol-

le zu spielen“, sagt Vietzen. „Möglicherweise ist eine Analyse der EBV-Stämme, die bei diesen Patienten nachgewiesen werden, hilfreich, um Risi- kopatienten frühzeitig identifizieren und rechtzeitig behandeln zu können.“


rh

Univ.-Prof. Dr. Elisabeth Puchhammer- Stöckl,

Leiterin des Zentrums für Virologie

der MedUni Wien



Dr. Hannes Vietzen, MSc, BA,

vom Zentrum für Virologie

der MedUni Wien.

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QUELLE:

Hannes Vietzen, Philippe L. Furlano, Jan J Cornelissen, Georg A. Böhmig, Peter Jaksch, Elisabeth Puchhammer-Stöckl, HLA-E-Restricted Im- mune Responses Are Crucial for the Control of EBV Infections and the Prevention of PTLD, Blood, https://doi.org/10.1182/blood.2022017650