MEDIZIN | Covid-Update 

Long-Covid: Gelenkschmerzen als

Symptom noch weitgehend unerforscht

Patienten klagen über Arthralgien eher in der Akutphase. Es muss geprüft werden, ob die Beschwerden am Bewegungs- apparat neu aufgetreten sind, oder ob es sich um eine reaktive Erkrankung handelt.

FOTO: DIAKONISSEN LINZ

AUTOR:

Mag. Dr. Rainer Hochgatterer

FA für Orthopädie und Traumatologie,

Belegarzt im Diakonissen-Krankenhaus Linz,

LASK Teamarzt

smart@movio.at, www.movio.at

Das britische National Institute for Health and Care Excellence (NICE) de- finiert Long-Covid als eine Vielzahl von Symptomen, die mehr als zwölf Wochen nach Beginn der Covid-19-Infektion bestehen bleiben. Long-Co- vid, auch Post Covid Syndrom oder PASC (post acute sequelae of Sars- CoV-2 infection) genannt, ist eine multisystemische postvirale Erkrankung, die durch mehr als 100 Symptome charakterisiert ist. Die meisten publi- zierten Studien gehen davon aus, dass zehn bis 20 Prozent der Erkrank-

ten von Long-Covid-Symptomen betroffen sind. Es scheint so, dass vor allem Ältere, Patienten mit schwerem Verlauf und Patienten mit Vorerkran- kungen damit zu kämpfen haben. Doch auch bei leichten Verläufen sind Langzeitfolgen nicht ausgeschlossen.

Die Beschwerdebilder sind vielfältig. Die Patienten klagen unter anderen über Beeinträchtigungen am Bewegungsapparat, die als Muskel- und Ge- lenkschmerzen beschrieben werden. Die weitaus häufigeren Ursachen für Gelenkschmerzen sind vorausgegangene Gelenkentzündungen und Verschleißerkrankungen. Nach derzeitigem Kenntnisstand spielen Gelenkschmerzen als Long-Covid-Symptom eine untergeordnete Rolle und tre- ten eher in der Akutphase auf.


Einzigartige Long-Covid-Verläufe

Jeder Mensch ist einzigartig und ebenso ist jeder Long-Covid-Verlauf individuell. Die ganzheitliche Behandlung der Long-Covid-Patienten steht im Mittelpunkt. Die Arthralgien müssen erfasst, analysiert und behandelt werden. Mittels klinischer Untersuchung wird die Beweglichkeit und Kraft der peripheren Gelenke und der Wirbelsäule untersucht. Dabei wird auf Auffälligkeiten wie Schwellung, Druckschmerzhaftigkeit und Überwärmung pe- ripherer Gelenke geachtet. Labor und Bildgebung können als weiterführende Maßnahmen zur Anwendung kommen.

Hinsichtlich Gelenkschmerzen im Zuge einer Gelenkentzündung bei reaktiver Arthritis gibt es aktuell nur Vermutungen zur Pathogenese der sich unter dem Bild einer reakti- ven manifestierenden akuten Arthritis nach Sars-CoV-2-Infektionen. Eine direkte virale Infektion des Gelenkes wurde bisher in der Synovialflüssigkeit nicht nachgewiesen und in der Synovialis nicht untersucht. Diskutiert wird die Möglichkeit einer durch Im- munkomplexe verursachten Entzündung, ohne dass jedoch bisher entsprechende Untersuchungen von Gelenkmaterial durchgeführt wurden. Wichtige Fragen des kau- salen Zusammenhanges und der Pathogenese sind hier aber noch weitgehend unerforscht.


Untergeordnete Thematik beim Sport

Gelenkschmerzen als Corona-Langzeitfolge sind auch bei Sportlern im Moment kein großes Thema. Vorrangige Long-Covid-Symptome sind eher Muskelschmerzen schon in Ruhe oder nach kleinster Belastung. Möglich wäre jedoch, dass Arthralgien als Überlastungsbeschwerden im Zuge ei- nes verfrühten Wiedereinstieges in das Training nach Sars-CoV-2-Infektionen entstehen.

Die Prognose des vermehrten Auftretens von Arthralgien im Zuge von Long-Covid ist nicht pauschal möglich. In vielen Fällen bessern sich be- stimmte Beschwerdekon-stellationen wieder. Monatelange Einschränkungen sind oftmals eher neurologisch begründet. Insbesondere bei einer vorausgegangenen intensivmedizinischen Covid-Behandlung sind auch langfristige Einschränkungen möglich. Reaktive Krankheitsbilder müssen genau beobachtet werden.