PRAXEN & IMMOBILIEN | #Stayathome
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Corona verändert Wohnansprüche
#StayAtHome ist dabei, die Bedeutung von Wohnen auf der Werteskala der Österreicher nachhaltig zu verändern – sofern man den Umfragen einiger Immo-Plattformen Glauben schenkt.
Nicht jede Wohnung bietet ausreichend Platz für das Arbeiten von zu Hause aus.
Wenn Menschen merken, dass sie gut von zu Hause arbeiten können, spielt es keine Rolle mehr, ob sie nah bei ihrem Arbeitge- ber und mitten in der Stadt leben.
So schätzt jeder Zweite nun laut der Umfrage für ImmoScout24 sein Zuhause mehr als zuvor. Für 48 % ist das eigene Heim mehr denn je ein wichtiger Rückzugsort, an dem man sich vollkommen sicher fühlt. Die Zeit zu Hause hat aber auch bei jedem Fünften dazu geführt, dass die Mängel des aktuellen Zuhauses stärker auffallen. 21 % sehen vermehrt Dinge im eigenen Heim, die sie stören oder die ihnen fehlen. Bei 8 % der Österreicher ist die Unzufriedenheit sogar so groß, dass ihnen jetzt klar geworden ist, wie dringend sie ein neues Haus oder eine neue Wohnung benötigen.
Hauptwunsch: Raus ins Grün
Der Siegeszug des Homeoffice wird Auswirkungen auf den Kauf von Immobilien haben. Wenn Menschen merken, dass sie gut von zu Hause arbeiten können, spielt es keine Rolle mehr, ob sie nah bei ihrem Arbeitgeber und mitten in der Stadt leben. Das könnte den Trend zur Umkehr der Urbanisierung beschleunigen. Vom Homeoffice werden ebenfalls die Ränder Wiens und der Speckgürtel profitieren, übrigens auch, weil man sich dort eher ein Haus oder eine Wohnung mit einem Arbeitszimmer leisten kann – sofern man bereit ist, den einen oder anderen Kilometer mehr auf sich zu nehmen. Doch werden wir in Zukunft jeden Tag ins Büro fahren (müssen)? Die Frage, ob man unbedingt mitten in Wien leben muss, stellt sich durch die positiven Erfahrungen mit Homeoffice neu. Schon jetzt berichten einige Makler unisono, dass sich die Ansprüche ändern: Ein Balkon wird wichtiger, viel- leicht ein kleiner Garten, die Möglichkeit, ein Arbeitszimmer einzurichten. Immer mehr Menschen erkennen in der Krise die Gren- zen ihrer Wohnungen, aber auch die Grenzen ihres dicht besiedelten Stadtteils.
Die sich langsam verändernden Ansprüche spiegeln sich in den Nachfrageprofil deutlich wider. ImmoScout24 verzeichnete seit Jänner einen Anstieg von etwa 42 % bei Suchanfragen nach Immobilien mit Garten, Terrasse oder Balkon. „Wohnen ist ein Grund- bedürfnis. Wohnen erfüllt aber auch starke emotionale Bedürfnisse, wie die derzeitige Situation noch deutlicher zeigt“, merkt Im- moScout24-Österreich-Geschäftsführer Markus Dejmek dazu an.
Je kleiner, desto unzufriedener
Deutlich auf die Wohnzufriedenheit drückt die Krise bei Bewohnern kleiner Einheiten mit bis zu 60 m2 Wohnfläche: Hier ist jeder Fünfte unzufriedener als vor der Pandemie. Die Unzufriedenen klagen vor allem über zu wenig Platz (33 %) und geben an, dass ihnen häufig „die Decke auf den Kopf fällt“ (34 %). Wenig verwunderlich daher, dass sich von dieser Bevölkerungsgruppe rund ein Drittel eine neue Immobilie wünscht – mit mehr Platz, einem Garten zum Ent- spannen und die Natur vor der Haustür: Drei Viertel der Österrei- cher sind der Meinung, dass es während der Krise besser ist, in ei- nem ländlichen Gebiet zu leben. „Wien und unsere Landeshaupt- städte haben alle ihre besonderen Wohnqualitäten, aber der Sehn- suchtsort der Österreicher ist eindeutig das ‚Glücksdorf‘ auf dem Land“, bestätigt auch Mag. Nikolaus Lallitsch, Geschäftsführer von Raiffeisen Immobilien Steiermark und Sprecher von Raiffeisen Im- mobilien Österreich.
Fast dreiviertel derer, die im Homeoffice arbeiten, wünschen sich das auch für die Zeit nach Corona. Lallitsch: „Sollte dieser Wunsch nach Homeoffice von den Arbeitgebern aufgegriffen werden, könn- te dies mittel- bis langfristig zu einer Verkleinerung von Büroimmo- bilien sowie neuen Anforderungen im Wohnbau führen. Flexiblere Grundrisse werden dann noch gefragter sein.“
Keine Preisrückgänge
In der Bevölkerung erst teilweise angekommen sind die finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise auf die Bereiche Wohnen und Im- mobilien. 18 % haben Bedenken, für eine Immobilie in Zukunft kei- ne Finanzierung zu erhalten. 17 % befürchten, Miete oder Kreditra- ten für Haus oder Wohnung nicht mehr aufbringen zu können und 16 % sorgen sich, notwendige Renovierungsmaßnahmen nicht fi- nanzieren zu können. Einen Wertverfall ihrer Immobilie befürchten nur 8 %.
Auch die Experten von Raiffeisen Immobilien rechnen bei Wohnim- mobilien nicht mit Preisrückgängen. „Die Ungewissheit über die Dauer der Einschränkungen macht eine Prognose schwierig. Da Wohnen ein Grundbedürfnis ist und bleibt, hoffen wir bei Kaufob- jekten auf eine rasche Erholung des Marktes nach Ende des Shut- down“, erläutert Peter Weinberger. In bestimmten Segmenten wie etwa Kleinwohnungen ist trotz Krise weiterhin mit Preissteigerungen zu rechnen. Hier machen sich die Vorzüge von Immobilieninvest- ments bemerkbar: Sicherheit und Wertbeständigkeit.
mn