FORTBILDUNG & KLINIK I Kommunikation
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Sind Sie eine Schön- wetter-Führungskraft?
Eigene Resilienz und Zeit für ein offenes Ohr – gerade in schwierigen Zeiten wird ersichtlich, wie bedeutsam die Kommunikationsqualität einer Führungskraft ist.
Während die Rahmenbedingungen im medizinischen Arbeitsumfeld generell schon als mental belastend gelten, ist dieser Bereich von den Heraus- forderungen und Krisen der vergangenen Jahre noch stärker betroffen als andere. Achten Entscheidungsträger aber auf eine gute Krisenkommuni- kation sowie auf ihre psychische Widerstandskraft und die der Mitarbeiter, kann ein Team an Krisen sogar wachsen.
Leadership-Qualität gefragt
Krisen wirken wie ein Vergrößerungsglas für interne Probleme. Schönwetter-Führungskräfte haben es zwar leicht, doch sind sie eigentlich obsolet. Wahre Leadership-Qualität zeigt sich erst in schwierigen Phasen. Zunächst stellt sich daher die Frage: Was macht eine gute Führungskraft in ei- nem medizinischen Team aus? Hier gilt zu verinnerlichen, dass man selbst einmal an einer unteren Stufe der Karriereleiter gestanden ist, und sich in die Position der eigenen Mitarbeiter zu begeben. Denn deren Probleme nachvollziehen zu können, ist ein wichtiger erster Schritt. Herausfordern- de Situationen sollten daher weder beschönigt werden, noch sollten Personen in höheren Positionen sich in der unrealistischen und auch altmodi- schen Rolle des Superhelden präsentieren, der mit jeder Situation problemlos zurechtkommt und nie Hilfe braucht. Im Krankenhaus oder in Arzt- praxen zählt die Zusammenarbeit im Team.
Ehrliches Interesse zeigen
Daher sollten Führungskräfte neben inhaltlichen Themen auch regelmäßig Raum und Zeit für Dialogangebote über aktuelle psychische Herausfor- derungen der Mitarbeiter schaffen, wobei darauf zu achten ist, dass diese Gespräche im geeigneten Setting eröffnet werden. Es ist ratsam, sich über relevante Themen im Vorfeld Gedanken zu machen und Verständnis aufzubringen. Ein ehrliches Interesse am Gegenüber ist dabei essenziell. Ein guter Tipp, um Aufmerksamkeit zu signalisieren, ist das Paraphrasieren der Worte des Gegenübers. Das schafft Vertrauen, erleichtert den Dia- log und beugt Missverständnissen vor.
Zu beachten ist außerdem, dass Gespräche über psychische Belastungen kaum erfolgsversprechend sind, wenn sie beispielsweise am Schreib- tisch des Chefarztes stattfinden. Das neutrale Wartezimmer, in dem nicht gemeinsam gearbeitet wird, stellt beispielsweise einen geeigneteren Rah- men dar. Mitarbeiter sollten die Chance erhalten, offen über Probleme zu reden, und es gilt darauf zu achten, wesentlich länger zuzuhören als selbst zu sprechen. Mit jenen Mitarbeitern, die psychologische Unterstützung brauchen, sollte über mögliche Therapie- oder Coachingangebote gesprochen werden. Hier hilft es zu verdeutlichen, wie viele Personen therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen, oder sogar über eigene Therapie- erfahrungen zu sprechen, um das Thema zu normalisieren. Eigene Belastungen zu offenbaren, fördert den Aufbau einer Beziehung und den Ab- bau von interpersonellen Mauern zwischen medizinischem Personal und den Entscheidungsträgern.
Eigene Resilienz als Basis
Nur wer auf sich selbst schaut, kann auch anderen beistehen. Um die eigene Resilienz zu fördern, sollte man sich trotz Stress auch als Mediziner zunächst ab und zu bewusst von den Alltagbelastungen distanzieren und mit Abstand auf das eigene Leben blicken. So wird einerseits klarer, wo- von man selbst emotional betroffen ist und andererseits, welche Tätigkeiten persönlich Kraft schenken. Diese gilt es verstärkt in den Alltag zu inte- grieren. Weiters bestätigen zahlreiche Studien die positiven Einflüsse durch regelmäßige Meditation und Bewegung. Sie halten Körper und Geist in jedem Fall fit. Führungskräfte im medizinischen Bereich tragen eine besonders große Verantwortung. Um ein Team erfolgreich auch durch schwieri- ge Zeiten zu navigieren, sollte daher auf die eigene Resilienz und auf die der Mitarbeiter geachtet werden.