Kur & Gesundheitsvorsorge | Standpunkt

„Gesundheitsvorsorge aktiv“ und natürliche ortsgebundene Heilvorkommen

Für die medizinische Therapielandschaft Österreichs wäre es ein dramatischer Verlust, wenn natürliche Heilvorkommen nicht mehr zum Einsatz kämen. Derzeit scheint es, als könnten die „Gesundheitsvorsorge aktiv“ und ortsgebundene natürliche Heilvorkommen zielbringend kombiniert werden.

Über die „Gesundheitsvorsorge aktiv“ (GVA) zu schreiben, ist ein mutiges Unterfan- gen, da das endgültige Leistungsprogramm noch nicht ausgeschrieben ist. Von man- chen wir die GVA, in deren Nomenklatur das Wort Kur vermutlich vermieden wird, als Todesstoß der klassischen Kur gesehen. Da stellt sich nun die prinzipielle Frage, was eigentlich die klassische Kur ist und ob sie überhaupt sinnvoll ist.

Die klassische Kur ist eine tradierte Form der medizinischen Anwendung, wobei hier in regelmäßiger Abfolge über drei, manchmal auch vier Wochen ein natürliches Heilvor- kommen wie Bäder, Packungen oder Inhalationen seriell verabreicht wird. Ergänzend dazu kommen physikalische Therapien wie zum Beispiel Massagen oder Gymnastik zur Anwendung.

Durch diese Kombination wird eine Änderung in der (Patho-)Physiologie des Körpers angeregt. Stoffwechselprozesse ändern sich, es kommt zu einer besseren Reaktions- lage sowie einer Beeinflussung immunologischer Geschehen. Diese positiven Effekte und die dahinterstehenden Mechanismen sind reichlich in der Literatur beschrieben.


Eine Frage der Einteilung

Die klassische Kur hat eine Schwäche: die Wissensvermittlung von Prävention, da die- se nicht systematisch, sondern optional integriert ist. Das besserte sich mit der vor etli- chen Jahren etablierten Form der Sozialversicherungskur. Haben nun die natürlichen ortsgebundenen Heilvorkommen einen Platz in der GVA? In den bestehenden Konzep- ten ja, sind sie doch wörtlich erwähnt und in einer ausreichenden Minutenanzahl vor- gesehen und – wenn auch nur optional, also prinzipiell – einplanbar.

Es wird wohl an der Zeiteinteilung der Anwendungen liegen, wie die vielen Maßnah- men, die in der GVA vorgesehen sind, mit den natürlichen Heilvorkommen kombiniert werden können und wollen. Vermutlich wird es ein wenig anspruchsvoll, die Ruhezei- ten, die nach jeglicher Therapie für den guten Effekt erforderlich sind, in den Tagesthe- rapieplan einzuplanen. Da gibt es einen zu lösenden Konflikt mit den Personalstunden und -arbeitszeiten. Die Physiologie lässt sich aber nicht wegrationalisieren, zu kurze Ruhezeiten nach den Therapien können den Therapieeffekt ins Schlechte wenden. Die jeweilige Kuranstalt ist nun gefordert, im Sinne der Qualität vorzugehen.

Wir freuen uns als Verband der österreichischen Kurärztinnen und Kurärzte, dass zu- mindest in den vorliegenden Konzepten der GVA die natürlichen Heilvorkommen vor- gesehen sind und hoffen, dass dies in der Schlussversion der GVA so bleibt. Es wäre ein dramatischer Verlust für die medizinische Therapielandschaft Österreichs, wenn natürliche Heilvorkommen nicht mehr zum Einsatz kämen.



Kurdauer: zwei oder drei Wochen?

Die Wirkung der natürlichen Heilvorkommen erstreckt sich am besten in der jetzi- gen Form mit einer Drei-Wochen-Kur. Angeblich wird überlegt, eine GVA in Form von zunächst zwei Wochen und nach einigen Monaten noch einer Woche zu ab- solvieren. Das erscheint uns unphysiologisch und nicht sinnvoll. Kurärztlich täti- ge Experten können bestätigen, dass es einige Tage braucht, allein bis die Ad- aptation an den Kurort eingetreten ist. Auch der Trainingseffekt der Therapien braucht Zeit. Die Kur nun in zwei und irgendwann später eine Woche zu spalten, ist nicht günstig – ein dreiwöchiger Aufenthalt in einem Stück ist zweifelsohne der beste Weg.

Wir müssen uns nicht schämen, den Ausdruck Kur zu verwenden, auch wenn unter Kur oft sehr Unterschiedliches verstanden wird. Wir brauchen keine Sprachbereinigung, sondern einen Gesinnungswandel. Der Geist, nicht das Wort soll geändert werden – das würde uns besser gefallen.

Daher: keine Sorge mit der GVA und den ortsgebundenen natürlichen Heilvor- kommen. So wie es jetzt aussieht, kann beides sehr gut und sicher zielbringend kombiniert werden. ■

Autor:

Dr. Wolfgang Foisner

Präsident des Verbandes Österreichischer Kurärzte

„Wir müssen uns nicht schämen, den Ausdruck Kur zu verwen- den, auch wenn unter Kur oft sehr Unterschiedliches verstanden wird. Wir brauchen keine Sprachbereinigung, sondern einen Gesinnungswandel.“