MEDIZIN | Chronische Rhinosinusitis 

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Fortschritte

bei Diagnose

und Therapie

Die chronische Rhinosinusitis (CRS) ist eine kom- plexe entzündliche Erkrankung der oberen Atemwe- ge mit einem breiten Spektrum an klinischen Varianten.

Die Endotypisierung wird gegenüber phänotypbasierten Klassifikationen immer beliebter, da sie das Potenzial hat, den Schweregrad der Erkran- kung zu prognostizieren und eine präzise Behandlung zu ermöglichen. Sie ist besonders nützlich bei herausfordernden CRS-Fällen mit nasaler Po- lyposis, für die jetzt neuartige Behandlungsoptionen wie etwa mit Biologika verfügbar sind. EPOS2020 ist das aktuellste europäische Positionspa- pier zu Rhinosinusitis und Nasenpolypen und spiegelt diese Veränderungen mit aktualisierten Rhinosinusitis-Klassifikationen und neuen integrier- ten Behandlungspfaden wider.

Die Prävalenz einer chronischen Entzündung der Nase und der Nasennebenhöhlen liegt bei 10 bis 28 %. Der Anteil der Patienten, die keine Dia- gnose haben, ist hoch, nur etwa 4 bis 9 % werden im Zuge einer Endoskopie oder mithilfe bildgebender Diagnostik diagnostiziert. Meist ist der Verlauf der Erkrankung langwierig und es entstehen signifikante Auswirkungen auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität. Häufig sind eine langfristige Nachsorge, die regelmäßige Einnahme von Medikamenten und wiederholte Nebenhöhlenoperationen erforderlich. Die Folge ist eine er- hebliche Kostenbelastung für das Gesundheitssystem, die durch eine personalisierte Therapie und die Prognose der Behandlungserfolge redu- ziert werden könnte.


EPOS2020: Das europäische Positionspapier

Traditionell wird CRS anhand des Vorhandenseins oder Fehlens von Nasenpolypen klassifiziert. Es ist offensichtlich, dass diese auf einem visuellen Merkmal basierende Klassifizierung wahrscheinlich eine zu vereinfachte Darstellung eines heterogenen Zustands mit einem Spektrum von klini- schen Präsentationen und Schweregraden ist. Daher besteht in den letzten Jahren ein zunehmendes Interesse daran, die entzündlichen Mechanis- men aufzudecken. Mit dem Aufkommen neuer Behandlungsoptionen, einschließlich Biologika, ist die Fähigkeit, Endotypen genau zu definieren und das Ansprechen auf spezifische Behandlungen anhand von Biomarkern vorherzusagen, wichtig, um eine individualisierte Patientenversorgung zu ermöglichen.

Das Europäische Positionspapier zu Rhinosinusitis und Nasenpolypen ist die letzte Version des europäischen Positionspapiers, das sich einer um- fassenden Übersicht über die neuesten Forschungsergebnisse zu Rhinosinusitis widmet. In dieser Ausgabe wurden mehrere Aktualisierungen ein- geführt. Im Zusammenhang mit dieser Überprüfung von CRS ist ein Hauptmerkmal der Vorschlag eines neuen Klassifikationssystems für CRS, das sich nicht mehr um den Polyp-Phänotyp zentriert. CRS wird nun zunächst entweder als primäres oder sekundäres CRS definiert und anschließend in Abhängigkeit von der anatomischen Verteilung der Erkrankung in lokalisierte versus diffuse Erkrankung kategorisiert. Dies wird dann bei primär diffusem CRS weiter in Typ-2- oder Nicht-Typ-2-Endotyp differenziert. Sekundäre CRS ist eine eigene Kategorie, da sie das Ergebnis von Immun- defekten oder anderen selteneren Erkrankungen wie Granulomatose mit Polyangiitis, primärer Ziliendyskinesie oder zystischer Fibrose ist, die im Vergleich zum primären CRS sehr unterschiedliche Behandlungsansätze haben.

Ein weiteres Merkmal ist die Einführung integrierter Versorgungspfade, die auf dieser neuen Klassifizierung basieren. Für primäre diffuse CRS wird ein umfassender Behandlungsplan, basierend auf Typ-2- oder Nicht-Typ-2-Endotyp, vorgeschlagen. Diese integrierten Behandlungspfade weisen Parallelen zu anderen kürzlich vorgeschlagenen CRS-Behandlungsalgorithmen auf, die eine Verlagerung hin zu einer endotypgesteuerten Behand- lung widerspiegeln. Künftig können neuartige Behandlungsoptionen wie Steroid freisetzende Implantate oder atemzuggesteuerte Kortikosteroid- Aerosol-Inhalatoren in diese Managementpfade aufgenommen werden, wenn sich die Evidenz für ihre Verwendung etabliert.


CRS in Zeiten von Covid-19

Eingriffe in die oberen Atemwege, einschließlich Nasenendoskopien und elektive Nasennebenhöhlenoperationen, sollten bei Covid-positiven Pati- enten vermieden werden, bis ein negatives Testergebnis vorliegt. Bisher zeigt sich, dass Patienten mit vorbestehender Entzündung der oberen Atemwege nicht automatisch für schwerere Formen von Covid-19 prädisponiert sind.

Auch zeigte sich, dass Patienten mit Covid-19 und begleitendem schwerem Asthma keine erhöhte Hospitalisierungsrate aufweisen. Dennoch ist es ratsam sicherzustellen, dass alle Patienten mit vorbestehender Entzündung der oberen und unteren Atemwege ihre Basistherapie fortsetzen, ein- schließlich intranasaler Kortikosteroide und Biologika. Dies ist wichtig, um die Entzündung unter Kontrolle zu

halten und die Übertragung von Krankheiten zu minimieren. Die Sicherstellung einer guten CRS-Kontrolle reduziert auch unnötige Arztbesuche, insbesondere in Zeiten begrenzter medizinischer Ressourcen.


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