Aufgrund von Covid-19 können Psychotherapien in persönlicher Anwesenheit nur eingeschränkt mit entsprechenden Schutz- maßnahmen abgehalten werden. Um die Veränderungen der Psychotherapie-Angebote zu erfassen, wurden Antworten von über 1.500 Psychotherapeuten über ihren Arbeitsalltag ausgewertet. Die Onlineumfrage zeigt, dass während der ersten Wochen der Covid-19-Ausgangsbeschränkungen durchschnittlich 979 Prozent mehr Patienten per Telefon im Vergleich zu den Monaten vor Covid-19 behandelt wurden. Bei Psychotherapien via Internet war der Anstieg sogar noch deutlicher mit 1.561 %.
Trotz der hohen Prozentzahlen entspricht der Anstieg noch nicht den Erwartungen, um die in der Studie festgestellte Reduktion an Psychotherapien in persönlicher Anwesenheit aufzufangen. „Ein weiterer Anstieg an Psychotherapien per Telefon oder via In- ternet wird nötig sein, um die erhöhten psychischen Belastungen in der österreichischen Bevölkerung in Zeiten von Covid-19 so schnell wie möglich versorgen zu können“, so Univ.-Prof. Dr. Thomas Probst, Department für Psychotherapie und Biopsychoso- ziale Gesundheit, Donau-Universität Krems. „Die Berufsgruppe der Psychotherapeuten ist in ausreichendem Maß vorbereitet und aufgestellt, um zukünftige Anforderungen und Bedarfssteigerungen gut erfüllen zu können“, sagt der Präsident des ÖBVP Dr. Peter Stippl.
Positive Erfahrungen
In Zeiten von Covid-19 übernehmen die meisten Krankenkassen in Österreich erstmals auch Kosten für Psychotherapien via Te- lefon und Internet. „Viele Patienten sowie Psychotherapeuten standen Psychotherapie per Telefon oder via Internet kritisch ge- genüber. Forschungsergebnisse vieler anderer Studien und auch die Erfahrungen der letzten Monate sprechen allerdings dafür, dass die Arbeit via Internet oder Telefon gleich effektiv wie mit persönlicher Anwesenheit sein kann“, so Probst. Aufgrund von Covid-19 sind Psychotherapien in persönlicher Anwesenheit für unbestimmte Zeit weiter nur unter besonderen Auflagen mög- lich. Daher sollten diese neuen positiven Erfahrungen mit Telefon und Internet in der Psychotherapie auch für die Zukunft ge- winnbringend genutzt werden, um den steigenden Bedarf an Psychotherapie auch längerfristig von den Krankenkassen finan- ziert decken zu können.
„Die große psychische Belastungsreaktion kommt erst, wenn den Menschen klar wird und sie es erleben, dass die zukünftige Realität anders als vor der Pandemie sein wird. Es werden viele Neuerungen und Herausforderungen lange bestehen bleiben. Trotz der belastenden Folgen dürfen aber auch die Chancen nicht außer Acht gelassen werden. Wenn über die Covid-19-Krise hinaus Psychotherapien per Telefon oder via Internet kassenfinanziert bleiben, hätte das für viele Patienten erhebliche Vorteile“, ist Stippl überzeugt. So entfällt etwa die Anreise für Patienten mit körperlichen Beschwerden oder weiteren Wegstrecken.
rh