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Wenn Familienmit- glieder zu „Fremden“ werden müssen

Kann man Ehepartner in der Ordination anstellen oder können sich die Kinder ihr Taschengeld hier verdienen? Ja, das geht, jedoch sind einige Besonderheiten bei Dienstverhältnissen unter nahen Angehörigen zu beachten, um später keine bösen Überraschungen seitens des Finanzamtes zu erleben.

Grundsätzlich darf jeder Arzt frei entscheiden, wen er in seiner Ordination beschäftigen, bzw. mit wem er eine Leistungs- beziehung eingehen möchte. Dies können unter Umständen auch der Ehepartner oder die eigenen Kinder sein, falls sie das 15. Lebensjahr vollendet haben. Auch beim Dienstverhältnis unter nahen Angehörigen müssen alle Merkmale eines echten Dienstverhältnisses vorliegen. Das heißt, dass das Dienstverhältnis nicht als Beweggrund herangezogen werden darf, um einen „Splitting-Effekt“ zu erzielen, indem man steuerlich nicht abzugsfähige Zuwendungen in Betriebsausgaben „kleidet“.


Gleichstellung ist gefragt

Folgende wesentlichen Kriterien müssen erfüllt sein, damit das Dienstverhältnis auch steuerlich anerkannt wird und es bei späteren Überprüfungen seitens des Finanzamtes nicht zu bösen Überraschungen kommt:

•Publizitätswirkung: Das Dienstverhältnis muss nach außen ausreichend zum Ausdruck gebracht werden. Ein Schriftlich- keitsgebot liegt zwar nicht vor, jedoch wird die Erstellung eines schriftlichen Dienstvertrages empfohlen, da dies ein Be- weismittel darstellt.

•Inhalt der Vereinbarung: Die Vereinbarung muss einen klaren, eindeutigen und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt ha- ben und wesentliche Vertragsbestandteile enthalten. Dies betrifft beispielsweise die wöchentliche Arbeitszeit bzw. die Ver- gütung von Überstunden. Widersprüchliche Angaben führen in der Regel zur Nichtanerkennung der Vereinbarung.

•Fremdvergleich: Die erste Prüfung der Vereinbarung erfolgt hinsichtlich der Gehaltshöhe und der Tätigkeit, das heißt, ob die Vereinbarung mit dem Familienmitglied in der gleichen Weise geschlossen wurde, wie sie mit einem fremden Dritten abgeschlossen worden wäre. Die Entlohnung darf dabei weder über noch unter dem Vergleichswert liegen, den ein frem- der Dritter für die gleiche Tätigkeit vergütet bekommen hätte. Darüber hinaus muss auch die Qualität der Arbeit stetig überprüft werden, zum Beispiel ob die geleistete Arbeitszeit auch der vereinbarten Arbeitszeit entspricht. Hier ist zu be- achten, dass die Arbeitszeiten allein durch das seit dem 1.1.2017 verschärfte Lohn- und Sozialdumping-Gesetz (LSd-BG) aufgezeichnet werden müssen. Eine zweite Prüfung des Fremdvergleichs erfolgt in der Form, dass tatsächlich ein neuer Arbeitsplatz benötigt und geschaffen wird bzw. eine Ordinationskraft ersetzt wird. Dies muss im Einzelfall begründet wer- den, etwa mit der nachweislich steigenden Zahl der Patienten, der Verlängerung der Öffnungszeiten der Ordination, dem Ausfall einer bestehenden Ordinationskraft etc.


„Fremdübliche“ Konditionen

Wenn alle Kriterien erfüllt sind, so ist das Dienstverhältnis mit dem Familienmitglied einem fremden Dritten gleichgestellt. Der Arzt darf die gesamten Zahlungen als Betriebsausgaben geltend machen, muss aber auch die Lohnnebenkosten be- rechnen und fristgerecht an die zuständige Bundesabgabenstelle abführen. Es können den Familienmitgliedern auch Aus- und Fortbildungskosten ersetzt, Pensionszusagen gemacht oder Dienstfahrzeuge zur Verfügung gestellt werden, falls die- se fremdüblich sind.

Anforderungen wie etwa die Erstellung eines Dienstvertrages bzw. Dienstzettels, das Führen von Arbeitszeitaufzeichnun- gen, Urlaubsverwaltung etc. müssen vom Dienstgeber auch für den nahen Angehörigen erfüllt werden. Diese können von den Behörden jederzeit überprüft werden.

Scheindienstverhältnisse, für die ein Entgelt gezahlt wird, obwohl keine entsprechende Dienstleistung erbracht wird, bei- spielsweise mit dem Hintergrund, dass der Ehepartner versichert ist und beim Arzt der Progressionseffekt bei der Einkom- mensteuer positiv genutzt wird, sind nicht anerkannt und führen zu Strafen sowohl nach dem Finanzstrafgesetz als auch nach dem Strafgesetzbuch.

Last but not least gilt auch für Dienstverhältnisse mit nahen Angehörigen der seit dem 1.7.2017 gültige Beschäftigungsbo- nus, falls ein neuer Arbeitsplatz geschaffen wird. Dem Arzt als Dienstgeber werden dabei für die nächsten drei Jahre 50 % der Lohnnebenkosten des zusätzlich aufgenommenen Dienstnehmers rückerstattet. Der Antrag muss binnen 30 Tagen nach Anmeldung des Mitarbeiters gestellt werden.