MEDIZIN | Onkologie

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Zentrale Zytostatika- zubereitung

Im Bereich der Onkologie ist eine rasante Entwick- lung zu verzeichnen, die den Patienten bessere Hei- lungschancen bei guter Lebensqualität während ei- ner Therapie ermöglicht.

Die Anstaltsapotheke im Elisabethinen-Krankenhaus in Klagenfurt in Kärnten ist die zentrale Anlaufstelle für die Versorgung des Krankenhauses mit Medikamenten und medizinischen Verbrauchsmaterialien. Auch die Versorgung onkologischer Patienten spielt eine bedeutende Rolle. Seit über drei Jahren werden in der hauseigenen Zytostatika-Abteilung in der Anstaltsapotheke Arzneimittel für onkologische Therapien gebrauchsfertig ge- macht. Mehr als 7.000 Zubereitungen werden pro Jahr hergestellt. Neben Infusionen werden auch andere Darreichungsformen wie Bolus-Spritzen oder Pumpen zubereitet.


Zutritt Unbefugter verboten

Was streng klingt, hat aus unterschiedlichen Blickwinkeln durchaus seine Berechtigung: Ein optimaler Produktschutz, Personenschutz und Ver- schleppungsschutz können nur gewährleistet werden, wenn in die Herstellungsräume keine Verunreinigungen hinein und umgekehrt auch keine potenziell gefährlichen Stoffe in die Umgebung hinausgelangen. Zahlreiche Wirkstoffe, die für die klassischen Zytostatika-Therapien eingesetzt wer- den, haben einen gentoxischen Wirkmechanismus und sind als krebserzeugend eingestuft. Wegen ihres Gefährdungspotenzials werden diese Stoffe auch als CMR-Stoffe bezeichnet. C steht für cancerogen, M für mutagen und R für reproduktionstoxisch. Bei der Zubereitung der Zytostatika muss daher der Schutz der Mitarbeiter besonders beachtet werden, da von einer gewissen gesundheitlichen Gefährdung ausgegangen werden muss. Zudem richtet sich das Augenmerk bei der Herstellung applikationsfertiger Parenteralia verstärkt auf einen validen Produktschutz, das heißt auf aseptisch einwandfreie Zubereitung unter mikrobiologischer Kontrolle der Umgebung.


Räumliche Ausstattung

Die Räume zur Zubereitung von CMR-Arzneimitteln müssen eine geeignete Größe haben, abgegrenzt und ge- kennzeichnet sein. Im Allgemeinen besteht eine Zytostatikaabteilung aus mehreren hintereinandergeschalteten Räumen, die über Personalschleusen zu betreten sind. Ebenfalls erfolgt der Materialfluss über geeignete Material- schleusen. Die Räume müssen über passende raumlufttechnische Anlagen verfügen, damit vorgeschriebene Druck-Kaskaden erreicht werden können. So ist es zum Beispiel bei der Verarbeitung von CMR-Stoffen vorge- schrieben, dass im Zubereitungsraum ein Unterdruck herrscht. Damit kann sichergestellt werden, dass keine toxi- schen Stoffe nach außen verschleppt werden. CMR-Arzneimittel dürfen auch nur in geeigneten Sicherheitswerk- bänken oder Isolatoren zubereitet werden. Auf Grundlage von GMP- und PIC/s-Leitfaden wird die Zubereitung in einer Umgebung der Reinheitsklasse D erlaubt, sofern ein Isolator als zentraler Bereich für kritische Arbeitsschrit- te eingesetzt wird. Im Arbeitsbereich des Isolators herrscht die höchste Reinheitsklasse A. „Es muss bei der Zu- bereitung noch reiner sein als in einem Operationssaal“, erklärt die Anstaltsapothekerin Mag. Dr. Iris Wille. „Wir ziehen uns in der Schleuse komplett um und dürfen nur mit der Reinraumkleidung in den eigentlichen Zuberei- tungsraum. Zubereitet wird in modernen Isolatoren, die die höchste Reinraumklasse gewährleisten. Die Isolatoren sind mit einer Luftströmung versehen, mit der die Luft nochmals hochgereinigt wird und damit partikelfrei ist. Parti-

kel, Temperatur, Druck und Feuchtigkeit werden im Reinraum permanent gemessen und kontrolliert.“ Arzneimittel und benötigtes Material werden über eine belüftete Transferschleuse in den Arbeitsbereich des Isolators eingebracht, dort erfolgt die Herstellung der gebrauchsfertigen Medika- mente. Eine zweite Schleuse dient der Entnahme der fertigen Zubereitungen sowie der Entsorgung von benutzten Hilfsmitteln.


Zubereitung von Zytostatika

Die Herstellung der Infusion besteht zum Großteil aus der Überführung einer Grundsubstanz in eine Trägerlösung. Die Wirkstoffe liegen konzen- triert als Lösung oder Pulver vor. Letzteres muss zunächst vorsichtig gelöst werden. Anschließend wird die exakte, patientenindividuelle Dosierung entnommen. Für jeden Patienten wird eine individuelle Zubereitung hergestellt.

Der fertige Infusionsbeutel oder die fertige Spritze werden anschließend etikettiert, von einem Pharmazeuten einer Endkontrolle unterzogen, hygie- nisch eingeschweißt und in speziellen Transportboxen sicher verpackt. Um die Qualität der Infusionen und Spritzen bis auf den letzten Meter zur Station zu gewährleisten, wurde ein maßgeschneidertes Logistikkonzept erarbeitet. Dies stellt eine zeitnahe Auslieferung, kurze Transportzeiten und korrekte Lagerbedingungen während des Transports bis zum Patienten sicher.


Höchste Sicherheit für Mitarbeiter

„Wir arbeiten mit konzentrierten und teilweise hochtoxischen Substanzen und müssen sicherstellen, dass niemand damit unbeabsichtigt in Berüh- rung kommt“, sagt die Leiterin der Anstaltsapotheke. Daher wird den Mitarbeitern in der Herstellung spezielle persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung gestellt und Arbeitsschritte sind in detaillierten Prozessbeschreibungen definiert, um die Risiken zu minimieren. Zusätzlich können die Mitarbeiter jedes Jahr freiwillig eine spezielle Gesundenuntersuchung bei der Arbeitsmedizin durchführen lassen.

Patientensicherheit steht in der Zytostatika-Abteilung an erster Stelle. „Wir arbeiten mit dem Prinzip der doppelten Kontrolle“, sagt Wille. Jede ein- zelne vom Arzt verordnete Dosis wird von einer weiteren Person noch einmal geprüft.

Die Onkologen in St. Veit und im Elisabethinen-Krankenhaus verordnen unter Berücksichtigung neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse und ver- schiedener individueller Werte wie Körpergewicht, Körperoberfläche, Blutwerte oder Nierenfunktion. Die Verordnung erfolgt elektronisch und wird an die Anstaltsapotheke und somit an die Zytostatikaabteilung übermittelt. Dort wird sie durch einen Pharmazeuten noch einmal überprüft. Ein in- ternes, validiertes Software-Programm dokumentiert alle Arbeitsschritte, beugt durch elektronische Erfassung von Arzneimittel-Barcodes Verwechs- lungen vor und bestätigt durch gravimetrische Messung die korrekte Entnahme der verordneten Dosis. Dies sorgt für höchstmögliche Patientensi- cherheit.


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