Gesundheitspolitik: | Telemedizin
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Gesundheit 4.0: Die Vorteile der Telemedizin
Telemedizin ist bisher nur teilweise in der regulären Patientenversorgung angekommen. Erfolgreiche Projekte in Tirol und der Steiermark zeigen, wo noch Potenziale zu heben wären.
"Wir haben mit ELGA die Infrastruktur
für E-Health-Anwendungen wie den
elektronischen Impfpass geschaffen"
Dr. Pamela Rendi-Wagner, Gesundheitsministerin
Die Bundesländer Tirol und Steiermark sowie die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau (VAEB) sind nicht nur in Österreich, sondern auch in Europa Vorreiter in der Anwendung von Telegesundheitsdiensten. Die Basis bildet eine spezielle telemedizinische Technologieplattform, die am Austrian Institute of Technology (AIT) entwickelt wurde. Im Rahmen der Ge- sundheitsgespräche des Europäischen Forum Alpbach wurde eine umfassende Bilanz gezogen, was bisher mit der gemeinsa- men Initiative „Digital Healthcare“ erreicht wurde.
Keine Zukunftsmusik
Keine graue Theorie, sondern gelebte Praxis sind eine Reihe von Telemedizin-Anwendungen, die gerade für Menschen mit – insbesondere chronischen – Erkrankungen mehr Lebensqualität im eigenen häuslichen Umfeld bei zugleich weniger Kran- kenhausaufenthalten bedeuten. Ärzte und Pflegepersonal werden dank der neuen Technologien und der Übermittlung von relevanten Gesundheitsinformationen laufend über den Therapieverlauf informiert und können so rechtzeitig medizinisch in- tervenieren und die Therapie laufend optimieren. Patienten in ländlichen Regionen sind heutzutage mittels Smartphone in ein Versorgungsprogramm integriert und werden durch Gesundheitsexperten virtuell betreut.
„Die Bedeutung der Digitalisierung in der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung wird in Zukunft weiter steigen. Wir haben mit ELGA die Infrastruktur für E-Health-Anwendungen wie den elektronischen Impfpass geschaffen“, betont Gesundheitsmi- nisterin Dr. Pamela Rendi-Wagner. ELGA hat sich im Praxisbetrieb der Spitäler bewährt und muss nun auch im niedergelasse- nen Bereich sukzessive ausgerollt werden.
Ende 2019 sollen alle öffentlichen Krankenanstalten und niedergelassenen Kassenärzte mit der elektronischen Krankenakte arbeiten. Ein weiteres bereits erfolgreich laufendes Projekt zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung ist die telefonische Gesundheitsberatung. „Unter der Telefonnummer 1450 erhalten Menschen 24 Stunden am Tag an sieben Tagen die Woche Beratung bei gesundheitlichen Problemen und Informationen darüber, welche Einrichtung im Gesundheitssystem die beste Versorgung bietet“, fasst die Ministerin zusammen. Das Projekt wird derzeit in den Bundesländern Wien, Niederösterreich und Vorarlberg getestet und soll danach in ganz Österreich zur Verfügung stehen.
Mehr Lebensqualität für chronisch Erkrankte
Das HerzMobil Tirol-Programm steht bereits 150 Patienten mit Herzschwäche im Raum Innsbruck als Regelversorgung zur Verfügung. Die tirolweite Ausrollung findet derzeit statt. Fazit bisher: Dank Telemedizin sinkt die Rate für die Wiederaufnah- me der Patienten ins Krankenhaus deutlich und trägt auch zur Senkung der Sterberate bei dieser Erkrankung bei. Eine ver- gleichbare technische Lösung läuft ebenfalls in Tirol für Diabetes-Patienten.
Der Bezirk Landeck wird Modellregion für ein Versorgungsnetzwerk bestehend aus Krankenhaus, niedergelassenen Ärzten so- wie Pflegefachkräften und Beratern. Notwendige technische Grundlage dafür ist der Telegesundheitsdienst, der chronisch Er- krankten mehr Lebensqualität ermöglicht. Außerdem hat das Land Tirol gemeinsam mit den Innsbrucker Verkehrsbetrieben ein Bluthochdruckprogramm für die Lenker von Straßenbahnen und Autobussen gestartet. Auf diese Weise wird die zielge- richtete Früherkennung von potenziellen Bluthochdruckpatienten möglich.
Reha per Telemedizin
E-Health-Services werden bei der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau (VAEB) großgeschrieben. Diese profitie- ren von digital gestützten Angeboten wie etwa der Teletherapie in der Gesundheitseinrichtung Bad Schallerbach. Sie ermög- licht eine Fortsetzung der Rehabilitation in den eigenen vier Wänden, denn Patienten haben die Möglichkeit, sich noch weite- re sechs Wochen nach dem Reha-Aufenthalt in der Gesundheitseinrichtung telemedizinisch bei der Genesung unterstützen zu lassen. Zuerst werden sie während ihres Reha-Aufenthalts in der Gesundheitseinrichtung eingeschult. Die notwendigen Geräte für zu Hause werden ihnen von der VAEB zur Verfügung gestellt, sodass sie unmittelbar nach ihrer Rückkehr nach Hause ihr Übungsprogramm unter kontinuierlicher Betreuung durchführen können. Als Betreuer fungieren die Experten der Gesundheitseinrichtung.
Die Indikationsgruppen sind überwiegend im orthopädischen Bereich zu finden. Weitere Einsatzmöglichkeiten für die Tele- therapie können auch die Neurologie und die Kardiologie sowie der Bereich Prävention sein. Die Zufriedenheit der Patienten ist hoch – über 80 % beurteilten die Qualität der Teletherapie als gut und sehr gut, was laut Feedback vorwiegend auf die her- vorragende Betreuung durch die ihnen bekannten Therapeuten zurückzuführen ist. Die Therapietreue lag bei über 70 %. Der Altersdurchschnitt der bislang versorgten Patienten lag bei 56 Jahren – der jüngste Patient war 39, der älteste 87 Jahre alt. „Die Unterstützung chronisch Kranker im Umgang mit ihrer Krankheit ist ein komplexer Prozess. Telemedizin kann hier einen ent- scheidenden Beitrag für eine bessere Versorgung und Betreuung leisten. In den kommenden Jahren erwarten wir, dass E- Health-Anwendungen, die in eine vernetzte Versorgungslandschaft eingebettet sind, nahezu alle Bereiche des Gesundheits- und Pflegesystems erobern werden. Durch die Erfassung, Speicherung, Verarbeitung und sichere Übermittlung relevanter Ge- sundheitsdaten wird ein wesentlicher Beitrag geleistet, sodass Effizienz und Effektivität von Therapien zum Wohle der Patien- ten gesteigert werden können“, ist auch Prof. DI Kurt Völkl, Generaldirektor der VAEB, überzeugt.
"Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass wir die Schrittmacher und Vorreiter für innovative Projekte sind.“
Mag. Christopher Drexler, steirischer Gesundheitslandesrat
Fotos: BKA/Andy Wenzel, Rothwangl
Beispiele für telemedizinische Prozesse
HerzMobil-Tirol
• Umsetzung erfolgt in Kooperation mit den Tirol Kliniken, AIT, TGKK, UMIT, Tiroler Ärztekammer und dem Land Tirol
• Telemonitoring-Betreuung von Patienten mit Herzinsuffizienz
• Start mit der Patienteneinschreibung seit 2013 als Pilotprojekt, seit Juli 2017 Einsatz in der Regelversorgung
• Betreuung der Patienten in ihrer häuslichen Umgebung durch mobile HI-Schwestern und HI-Pflegepersonen
• Bis jetzt wurden insgesamt etwa 150 Patienten eingeschrieben
DiabCare-Tirol
• Umsetzung erfolgt in Kooperation mit den Tirol Kliniken, AIT, UMIT und dem Land Tirol
• Telemonitoring-Betreuung von Patienten mit Diabetes
• Start mit der Patienteneinschreibung seit 2016 als Pilotprojekt an den Tirol Kliniken (Diabetes Ambulanz Innsbruck), ab August
2017 Erweiterung und Einbindung des KH Zams
• Betreuung der Patienten über Telemonitoring durch Diabetes-Ärzte, Diabetes-Schwestern und Diabetes-Pflegepersonen
• Bis jetzt wurden insgesamt 43 Patienten eingeschrieben
Bluthochdruck-Tirol
• Umsetzung erfolgt in Kooperation mit den Tirol Kliniken, AIT, VAEB, Innsbrucker Verkehrsbetrieben und dem Land Tirol
• Telemonitoring-Betreuung von Patienten mit Bluthochdruck
• Start mit der Patienteneinschreibung ab September 2017 als Pilotprojekt beim Gesundheitszentrum der VAEB
• Betreuung der Patienten über Telemonitoring durch eine Mitarbeiterin des Gesundheitszentrums der VAEB