IMMOBILIEN | Vorsorgewohnungen

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Darf’s ein bisschen kleiner sein?

Bezahlbarer Wohnraum ist knapp. Der Bedarf nach kleinen Wohnungen macht sich mittlerweile auf den Immobilienmärkten bemerkbar und eröffnet Chancen für Investoren.

Die Preise in Ballungszentren und in deren Speckgürteln steigen seit Jahren, egal ob es sich um Kauf- oder Mietimmobili- en handelt. Gleichzeitig sind immer mehr Studenten, Singles und Pendler auf der Suche nach Wohnraum in zentraler Lage, der gerne auch bereits möbliert sein darf. Ein Boom ohne Ende oder nur ein Hype? Mittlerweile ist der Ein-Personen- Haushalt die verbreitetste Form des Wohnens in Österreich. Rund 37 % der Österreicher leben allein. Dieser Trend dürfte sich auch in Zukunft fortsetzen, denn die Zahl der Single-Haushalte in Österreich wird – so Prognosen – bis zum Jahr 2030 auf etwa 39 % steigen. Der Bedarf nach Einzelwohnraum macht sich mittlerweile auf den Wohnungsmärkten bemerkbar und eröffnet Chancen für Investoren. Projektentwickler ziehen seit Monaten eifrig Wohnkomplexe mit möblierten Mini-Apart- ments von rund 20 bis 35 m² Wohnfläche in die Höhe, bieten sie Singles als Bleibe und privaten Anlegern als Renditeob- jekte an.


Mikrowohnen als Investmentchance

„Das Segment Mikrowohnen ist derzeit ein heißer Markt“, weiß auch Dr. Thomas Beyerle, Analyst bei der europäischen Im- mobiliengruppe Catella zu berichten. Tatsächlich scheint ein Investment auf den ersten Blick vielversprechend: Mikro- Apartments lieferten im Schnitt höhere Erträge als die üblichen Zwei-, Drei- und Vier-Zimmer-Wohnungen, weil sich auf den Quadratmeter gerechnet höhere Mieten durchsetzen ließen. Ist die Mikrowohnung möbliert oder teilmöbliert und wird für einen begrenzten Zeitraum vermietet, gelten außerdem weder Mietpreisspiegel noch Mietpreisbremse. Wird ein Mikro- apartment an Studenten vermietet, sorgt die übliche Bürgschaft der Eltern zusätzlich für Sicherheit.

„In Mikroapartments herrscht in der Regel eine hohe Fluktuation – das kann sich als deutlicher Nachteil herausstellen. Pri- vatanleger, die Mini-Wohnungen erwerben, sollten bei der Wahl des Investments auf die Lage der Immobilien achten. Idea- ler sind Objekte im Stadtkern oder zumindest mit guter Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz. Für Pendler und Ge- schäftsleute sei außerdem häufig ein Stellplatz Voraussetzung.

Wer glaubt, dass Miniwohnungen auf den Quadratmeter gerechnet billiger kommen als „normale“ Wohnungen, wird ent- täuscht werden. Im Schnitt liegen die Quadratmeter-preise sogar deutlich höher. Hier schlagen die Kosten für Therme und Sanitäreinrichtungen durch. Dazu kommen auch noch die Kosten für die Möblierung, denn ohne geeignete Möblierung las- sen sich Miniwohnungen kaum vermieten – dafür dann allerdings auch zu höheren Tarifen.

„Mit Mikrowohnungen lassen sich überdurchschnittliche Mietpreise pro Quadratmeter erzielen“, heißt es zum Beispiel in ei- nem EHL-Marktbericht, der den Wiener Immobilienmarkt unter die Lupe nahm. Bei 30 m² beträgt das Preisplus im 1. Quar- tal 2018 demnach 10 bis 20 % im Vergleich zu einer 50 m²-Wohnung. Die Nachfrage nach Mikrowohnungen sei jedoch je nach Lage stark unterschiedlich und die Fluktuation deutlich höher. Solche Angebote seien „nur an ausgewählten Standor- ten sinnvoll und marktadäquat“, so die EHL-Experten. Keine Frage, die Nachfrage ist da. Die hohen Scheidungsraten, aber auch die steigende Zahl an Singlehaushalten auf der einen Seite und die nach wie vor steigenden Immobilienpreise auf der anderen Seite, treiben die Nachfrage nach oben. Kleinere Wohnungen sind also eine Möglichkeit, in Ballungszen- tren leistbaren Wohnraum zu schaffen. Eine Nachfrage, die mit den Bestandsimmobilien nicht bzw. nicht ausreichend ge- deckt werden kann. Diese sind im Schnitt 60 bis 80 Jahre alt und mit durchschnittlich fast 100 m² Wohnfläche zu groß für einen Ein-Personen-Haushalt, heißt es dazu bei der s Real. Daher sind auch große Wohnungen mittlerweile schwer zu ver- kaufen oder zu vermieten – die Großfamilie hat ausgedient.


Investoren aus dem Ausland

Vorsorgewohnungsprojekte mit Mikrowohnungen eint, dass die einzelnen Wohnungen eher kleinteilig, dafür aber mit einem Maximum an Flächeneffizienz geplant sind. Sie bieten vor allem die erforderliche Flexibilität, mit der ein Kompromiss zwi- schen einem geringeren Bedarf an Fläche und einer Nachfrage nach verbesserter Ausstattung leichter geschlossen wer- den kann.

Doch für Privatanleger ist es nicht so ganz einfach direkt in diese Mikrowohnungen zu investieren. Von 2015 bis 2017 wur- den in Wien rund 3.700 studentische Wohneinheiten fertiggestellt, unter anderem in den Projekten „Linked Living“ in 1020, „The Fizz“ in 1200 und „base19“ in 1190. Insgesamt wurden seit 2015 rund 370 Millionen Euro in Studentenwohnheime und Mikroapartments in Österreich investiert. Rund 86 % der Transaktionen von Studentenheimen und Mikroapartments wurden im Rahmen eines Forward Deals verwertet. Georg Fichtinger, Head of Investment Properties bei CBRE Österreich: „Alternative Wohnformen wie Studentenwohnheime oder Mikroapartments für Young Professionals sind in Österreich mitt- lerweile zu einem relevanten Investmentprodukt geworden. Wir sehen großes Interesse daran, da es in keinem anderen Im- mobiliensegment einen so hohen Anteil an Forward Deals gibt“. 95 % der Investoren in Studentenwohnheime und Mikro- apartments in Österreich kommen aus dem Ausland. „Die nächsten Projekte im Bereich studentisches Wohnen mit rund 3.350 Wohneinheiten entstehen in den nächsten zwei bis drei Jahren, unter anderem in einem der drei Triiiple-Türme und im DC Tower 3 in der Donau City sowie im ‘The Fizz am Hauptbahnhof’. Zwei der drei Projekte sind bereits verkauft“, so Fichtinger.

Andreas Ottenschläger, Geschäftsführer der Deba Bauträger GmbH rät zu kleinen, kompakten Wohnungen als Anlageob- jekte. „Wenn es eine Kleinwohnung sein soll, dann rate ich zu 2-Zimmer-Wohnungen. Da gibt es gut geschnittene Wohnun- gen mit 45 m². In diesen können Singles, aber auch junge Paare wohnen. Diese Wohnungen werden stark nachgefragt, damit halten sich die Monate mit Leerstand in Grenzen, was sich natürlich positiv auf die Rendite auswirkt“. Keine Frage: Die Auswahl der richtigen Wohnungsgrößen orientiert sich an der Nachfrage. Wichtig ist es, den Mietermarkt genau zu kennen. Derzeit stellen Zwei-Zimmer-Wohnungen zwischen 40 und 50 m² und Drei-Zimmer-Wohnungen bis rund 70 m² das gefragteste Suchprofil auf vielen Immobilienplattformen dar. Eine durchdachte Planung, die auch auf die Bedürfnisse der Mieter eingeht, ist untrennbar mit der richtigen Wohnungsgröße verbunden. Zufriedene Mieter sind meist auch Langzeit- mieter, daher wird schon am Anfang jedes Projektes unser Augenmerk auf eine hochwertige Planung gelegt. In Wirklichkeit kommt es darauf an, was unter dem Strich übrigbleibt. Der viel beschworene Steuervorteil ist in der Praxis eine komplizier- te Angelegenheit, weil etliche steuerliche Aspekte von der individuellen Situation der Anleger abhängen. Aus diesem Grund sprechen die meisten Anbieter aktiv die Empfehlung aus, sich der Expertise eines Steuerberaters zu bedienen. Steuerberatungskosten sind zwar Werbungskosten, die in der (steuerlichen) Einnahmen-Ausgaben-Rechnung geltend ge- macht werden können; de facto sind sie jedoch eine zusätzliche Ausgabenposition, die ebenfalls Jahr für Jahr anfallen können. Die Steuerberatungsexpertise ist schon deswegen wichtig, weil dem Konzept der Vorsorgewohnung das Risiko der steuerlichen Liebhaberei innewohnt.


Hohe Rendite, hohes Risiko

Auch bei Vorsorgewohnungen gilt. Hohe Rendite gibt’s nur bei hohem Risiko. Mit Mikrowohnungen lässt sich unter Um- ständen eine höhere Rendite erzielen. Doch was ist, wenn der Boom abebbt und die Wohnung wochen- wenn nicht sogar monatelang leersteht? „Dann droht die Liebhaberei – und der Wegfall aller steuerlicher Vorteile inklusive Rückzahlung der bereits erhaltenen Gutschriften“, so Mag. Gerald Kerbl, Steuerberater bei TPA Austria. Da nützt es auch nichts, wenn zum Beispiel mit einer zweiten Vorsorgewohnung viel rascher der geforderte „Totalgewinn“ erreicht wird. „Jede Wohnung ist steuerlich als einzelne Einheit zu betrachten“, mahnt Kerbl.



mn