PRAXEN & IMMOBILIEN | Immobilienmarkt NÖ
fotoS: re/max DCI, istockphoto/ fotofritz16, Raiffeisen immobilien
Niederösterreich:
Weiter steigende Hauspreise
Nach einem starken Jahr 2021 rechnen Im- mobilienexperten auch für 2022 mit einer dy- namischen Marktentwicklung. Bei Käufern soll Energieeffizienz zunehmend im Fokus stehen.
Dem Immobilienmarkt Niederösterreichs steht ein weiteres dynamisches Jahr bevor. So prognostizieren die Experten von RE/MAX einen Nachfrageanstieg von fast 6 %. Auch das Angebot soll zunehmen – mit einem Plus von 1,5 % allerdings in einem geringeren Umfang. Erheblich ist vor allem die Preiserwartung: In ganz Niederösterreich wird bis Ende 2022 von einem Plus von 6 % ausgegangen. Noch stärker sollen mit 6,3 % die Preise für Einfamilienhäuser anziehen. Dahinter steht ein Nachfrage- und Angebotsplus von 7,6 bzw. 1,5 %.
Auch bei Raiffeisen Immobilien erwartet man heuer keine Preisrückgänge in Wien-Umgebung und Niederösterreich. „Wer aktuell nicht verkaufen muss, der verkauft auch nicht – auch wegen der hohen Inflation“, sagt Martina Jankoschek, Teamleiterin Wien/NÖ- Ost/NÖ-Süd und Burgenland. Teilweise wären die Preisvorstellungen der Verkäufer auch wenig realistisch. „Wer am Land in einer schönen Immobilie in einer ordentlichen Lage wohnen möchte, der muss derzeit tiefer in die Tasche greifen“, bringt es die Expertin auf den Punkt.
Speckgürtel-Boom hält an
Eine Entwicklung, die seit Längerem zu beobachten ist und die mit der Corona- Pandemie noch einmal an Dynamik gewann, soll sich auch 2022 weiter fortsetzen: die Ausbreitung des Wiener Speckgürtels. „Heute zählt man dazu praktisch jede Lage in 60 bis 90 Minuten Fahrentfernung, die über einen guten Bahnanschluss verfügt“, so Jankoschek. Auch Wilhelm Fetscher, MBA, Geschäftsführer von RE/MAX DCI, merkt an, dass der Speckgürtel ständig weiterwächst und mittlerweile bis zu 40 Kilometer um Wien umfasst. „Im Westen reicht er bis Tulln, Korneuburg, Stockerau, im Norden bis Wolkersdorf und Groß-Enzersdorf, im Süden bis Baden und im Osten bis Hainburg.
„Besonders im Speckgürtel von Wien haben die Bauaktivitäten merklich zugenommen, weil die Grundstückspreise in der Bundeshauptstadt auch für viele Bauträger nicht mehr erschwinglich sind und sie daher in das Umland ausweichen“, erklärt Fetscher. Die Folge: massiv gestiegene Grundstückskosten. Heute sei im Speckgürtel kaum eine Bauparzelle mehr unter 350 Euro/m2 erhältlich, weshalb Bauträger auch auf immer kleinere Flächen mit weniger als 1.000 m2 ausweichen würden. Gleichzeitig seien kaum
mehr Einfamilienhäuser unter 300.000 Euro zu haben. Fraglich sei jedoch, ob die Nachfrage noch viel länger so stark bleiben werde, stellt Jakoschek in den Raum. „Vor allem angesichts der angekündigten Mindeststandards der FMA für die Vergabe von Wohnbaukrediten“, sagt sie. Bekanntlich hat die Aufsichtsbehörde Ende des Vorjahres angesichts des boomenden Immobilienmarktes und der ihrer Ansicht nach zu lockeren Vergabepraxis für Kredite für 2022 Maßnahmen angekündigt. Künftig soll der Eigenmittelanteil mindestens 20 % betragen und der Schuldendienst bei höchstens 40 % des Nettoeinkommens liegen. Gleichzeitig soll die Laufzeit weniger als 35 Jahre betragen.
Abschlüsse über Angebotspreis
Etwas außerhalb des Speckgürtels, in der Landeshauptstadt St. Pölten, kosteten Einfamilienhäuser im Vorjahr im Durchschnitt 255.873 Euro. Noch mehr musste mit 325.608 Euro im Bezirk St. Pölten Land hingelegt werden. Im Raum Amstetten, Waidhofen/Ybbs lag der Schnitt 2021 bei merklich über 250.000. Wie die
RE/MAX-Experten berichten, würden sich auch höherpreisige Einfamilienhäuser gut verkaufen lassen. Auffallend sei, dass viele Abschlüsse über dem Angebotspreis erfolgen. Rund um Krems kosteten Einfamilienhäuser 2021 wiederum im Schnitt 245.635 Euro, was einem Anstieg von 10 % gegenüber 2020 entspreche.
Vor allem bei den Käufern von Bestandshäusern soll ein Thema zunehmend im Fokus stehen: Energieeffizienz. „Das muss auch in der Bewertung berücksichtigt werden“, hält Jankoschek fest. Eine energetische Sanierung ergibt jedenfalls nicht zuletzt aufgrund der
gestiegenen Energiepreise Sinn – Stichwort: Betriebskosten. Ein starker Hebel ist in diesem Zusammenhang eine gute Dämmung, angesichts der Tatsache, dass in der Regel rund 85 % des Energieverbrauchs auf Heizung und Warmwasser fallen. Diese sorgt nicht nur für ein angenehmeres Wohnklima, sondern steigert auch den Verkehrswert der betreffenden Immobilie.
Die gute Nachricht für Hauseigentümer: Die Sanierung von Gebäuden wird sowohl von der niederösterreichischen Landesregierung als auch von der Bundesregierung gefördert. Beispielsweise unterstützt die Bundesregierung mit der Bundesförderung „Sanierungsscheck für Private 2021/2022“ umfassende Sanierungen sowie Teilsanierungen, die den Heizwärmebedarf um mindestens 40 % senken. Gefördert wird im Übrigen auch die Einzelbauteilsanierung. Abhängig von der Art der Maßnahme können Hauseigentümer mit 2.000 bis 6.000 Euro gefördert. Positiv: Werden Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen verwendet, erhöht sich die maximale Förderung um 50 %. Betreffende Anträge können solange gestellt werden, bis das Förderkontingent ausgeschöpft ist.
Wer sich für eine energetische Sanierung interessiert, kann sich jedenfalls bei der Energieberatung NÖ über mögliche Förderungen informieren sowie Tipps zur Umsetzung holen. Was viele nicht wissen ist, dass viele Förderungen mit einer zweiten
und dritten – beispielsweise einer Landes- und Bundesförderung – kombiniert werden können. Darüber hinaus wartet oft auch in den Fördertöpfen der Gemeinden einiges für sanierungswillige Hausbesitzer.
pb
Einfamilienhäuser wie dieses Objekt in der Wienerwaldgemeinde Eichgraben sind derzeit in Niederösterreich heiß begehrt.
Dank verbesserter Verkehrsanbindungen ist auch die Bereitschaft, in den Speckgürtel zu ziehen, gestiegen.
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