MEDIZIN Kontaktallergien 

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Allergiepotenziale in der Endoprothetik

Zu den häufigsten Komplikationen in der Endoprothetik von Gelenken gehören Infek- tionen und Lockerung der Prothesen. Doch auch Metallallergien werden zunehmend beobachtet.

Viele Menschen entwickeln im Laufe des Lebens Allergien, so zum Beispiel auf Fremdkörper im Körper. Daher kann es im Bereich der Endoprothe- tik häufig zu Kontaktallergien kommen, etwa durch eine Metallallergie auf die in einem Implantat verwendeten Metalle wie Nickel-Chrom-Kobalt- Legierungen.


Metallallergie bei Prothesen

Die Implantation von Knie- und Hüftendoprothesen, wie auch die Endoprothetik anderer großer Gelenke und auch die Verwendung von Implanta- ten zur Versorgung von Knochenbrüchen, ist heute in vielen Krankenhäusern an Abteilungen für Orthopädie und Traumatologie tägliche Routine. Über 650 künstliche Gelenke werden pro Jahr am Elisabethinen-Krankenhaus in Klagenfurt implantiert. Der Schwerpunkt der Abteilung für Ortho- pädie und Traumatologie ist die minimalinvasive Endoprothetik – also das schonende Einsetzen von künstlichen Gelenken bei Knie, Hüfte und

Schulter.

Mit einer bevölkerungsbe-zogenen Implantationsdichte von 210 Hüfttotalendoprothe- sen pro 100.000 Einwohner und 202 Knietotalendoprothesen pro 100.000 Einwohner liegt Österreich international gesehen im Spitzenfeld. Schon vor Jahren wurde vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz im Rah- men des  Projektes A-IQI – damals noch mit der österreichischen Fachgesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie und der Fachgesellschaft für Unfallchirurgie, das heutige moderne Fach nennt sich Orthopädie und Traumatologie – ein Endopro- thesenregister geplant und letztendlich ein Revisionsendoprothesenregister eingerich- tet. Derartige Register eignen sich gut, um Misserfolge bei Implantationen, aus wel- chen Gründen auch immer, aufzuzeigen.

Bei Implantation von Endoprothesen wird dauerhaft Fremdmaterial in den Körper ein- gebracht, es kann zu Überempfindlichkeiten gegen einzelne Materialkomponenten der Endoprothese kommen, es kann auch zu Überempfindlichkeiten gegen Substanzen kommen, die zur Verankerung der Endoprothesen im Knochen verwendet werden, wie dem Knochenzement. Aus medizinischer Sicht handelt es sich um eine allergische Re- aktion vom Spättyp (Typ IV), die sich in der Maximalvariante der Ausprägung in Form von Ekzem, das heißt Hautausschlägen, Wundheilungsstörungen, Schwellneigungen, Schmerzen, bis hin zur Endoprothesenauslockerung äußern kann.


Zusammensetzung der Prothesen

Gelenksendoprothesen bestehen in der Regel aus metallischen Komponenten, die Le- gierungen basieren dabei auf Cobalt-Chrom-Nickel und auch in vielen Fällen, insbe- sondere bei Hüfttotalendoprothesen, aus Titanlegierungen. Seit Jahren wird die Kon- taktallergie gegen diese Metalle und Probleme rund um Kunstgelenke kontrovers dis-

kutiert, da es noch keine eindeutige Beweislage für das Zusammenspiel von Kontaktallergien und schmerzenden  Endoprothesen, auch bei oben genannten Symptomen, gibt.

Jeder Arzt soll vor dem Einsatz von Hüft- oder Knieprothesen mit dem Patienten ein Gespräch führen und die Anamnese erheben. An dieser Stelle sind alle bekannten Allergien, speziell Metallallergien, zu hinterfragen. Auch Allergien auf Knochenzementsinhaltsstoffe und auch Antibiotika, die als Beimengungen zum Knochenzement verwendet werden, müssen im Vorfeld der Operation erfragt werden.


Endoprothesen für Allergiker

Wenn eine entsprechende Allergie angegeben wird, kann man den Patienten vor der Operation gegen die entsprechenden Bestandteile testen lassen. Es können aber auch für die Hüft- und Knieendoprothetik alternative Implantate mit hypoall- ergenen Eigenschaften zum Einsatz kommen, welche an ihrer Oberfläche eine antiallergene oder auch hypoallergene Beschichtung aufweisen.

Allergien gegen Titan werden nur sehr selten beobachtet. Vollkeramische Implan- tate, welche keine Allergie auslösen sollen, werden eventuell für die Zukunft eine Alternative darstellen, die derzeit laufenden Studien lassen diesbezüglich keine abschließende Beurteilung zu.

In der Literatur gibt es Daten seit über 40 Jahren, wo damals eine Hautreaktion nach der Versorgung eines Knochenbruches mit Metallimplantaten beschrieben wurde. Was aus orthopädisch traumatologischer Sicht abzulehnen ist, sind Im- plantate bei denen zwei metallische Körper sich gegeneinander bewegen, soge- nannte Metall-Gleitpaarungen, da der erhöhte Metallabrieb nicht nur zu Allergien,

sondern auch zu schweren toxischen Schädigungen beim Implantatträger führen kann.

Unklare Reaktionen nach Gelenksersatz und nach Gelenksersatzoperationen werden in der Literatur in letzter Zeit in zunehmendem Maße veröf- fentlicht, eine zunehmende Sensibilisierung wie Nickel, Cobalt und Chrom in der gesamten Bevölkerung wird beobachtet, es wird diskutiert, ob das vermehrte Tragen von Modeschmuck mit derartigen Legierungen dafür die Ursache sein könnte.

Chronische Beschwerden können auch eventuell auf Allergien zurückzuführen sein. Da die Feststellung von Implantat-Allergien und auch letztend- lich die Reaktionslage des Gewebes um das Implantat bei Weitem nicht so einfach festzustellen ist, wie zum Beispiel bei Allergien auf der Haut, gibt es einige andere Verdachtsdiagnosen bei chronischen Beschwerden rund um Kunstgelenke, die primär in Betracht gezogen werden müssen.

Zum Beispiel periprothetische bakterielle Infektionen (zum Teil low grade infections mit nicht sehr aggressiven Keimen), funktionelle oder mechani- sche Störungen des Implantates wie zum Beispiel eine aseptische Lockerung, Lockerungen der Gelenke durch eine Immunreaktion auf den Kunst- stoffabrieb bei Polyethylengleitpaarungen in der Hüft- und Kniechirurgie. Teilweise vergehen Jahre, bis Symptome einer Allergie bemerkt werden. Aus orthopädisch traumatologischer Sicht erscheint es vor der Operation nicht nur wichtig, den Patienten nach eventuellen Allergien zu fragen, sondern auch beim Patienten eventuell vorhandene Entzündungsherde auszuschließen, diese Entzündungsherde, die im Rahmen einer Fokalsu- che gefunden werden können, befinden sich meistens im Bereich der Zähne, im HNO-Bereich oder auch an der Haut.