Neue Forschungsergebnisse rund um Gedächtnis-T-Zellen könnten zur Entwicklung effektiverer Impfstrategien führen.
Das Immunsystem wird von einer Vielzahl an komplexen und miteinander verbundenen Vorgängen beeinflusst und gesteuert. Mechanische Barrie- ren wie die Haut oder biochemische Mechanismen wie Enzyme in Tränen oder Speichel und Immunzellen wie Killerzellen oder T-Zellen sind nur Teile eines Systems, das dafür sorgt, dass sich der Körper gegen fremde Stoffe und Krankheitserreger schützen kann. Oft greifen dabei verschie- dene Teile dieses Systems ineinander. Diese Zusammenarbeit wird zum Beispiel durch sogenannte „tissue-resident memory T cells“ deutlich, die in der Haut und anderen Barrieregeweben sitzen. Diese T-Zellen mit Gedächtnisfunktion werden an der Med Uni Graz erforscht. Theresa Benezeder, MSc, PhD, von der Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie stellte die Frage, wie die Zellen in die Haut oder andere Barrieregewebe ge- langen und sich differenzieren.
Die Antwort des Körpers
Nach einer überstandenen Infektion reichern sich im entsprechenden Barrieregewebe – wie etwa in Haut oder Schleimhäuten – „tissue-resident memory T cells“ (TRM) an. Sie durchlaufen einen Differenzierungsprozess und sollen diesem Gewebe bei der Abwehr neuerlicher Attacken des eben besiegten Erregers helfen. Obwohl bekannt ist, dass sich diese Zellen aus T-Zellen entwickeln, wusste man lange nicht, aus welcher Art von T-Zellen diese Wächter genau erwachsen. Ebenso war unbekannt, ob es nur eine Untergruppe von T-Zellen gibt, die sich zu TRM weiterdifferenzieren kann, oder ob dies eine weiterverbreitete Fähigkeit ist. Da diese Zellen einerseits eine wichtige Rolle bei der Abwehr von Erregern spielen, andererseits aber auch in der Entstehung von Autoimmunkrankheiten involviert sind, ist ein besseres Verständnis wichtig, um zum Beispiel neue, bessere Impfstrategien oder auch neue Behandlungsmöglichkeiten für bestimmte Erkrankungen zu entwickeln.
Alleskönner T-Zelle
Die Ergebnisse des Papers zeigen, dass alle Gedächtnis-T-Zellen, die im menschlichen Körper zirkulieren, die Fä- higkeit haben, in die Haut einzuwandern und sich dort zu TRM zu differenzieren. Es gibt also nicht nur einen einzi- gen Vorläufertyp, der diese Zellen hervorbringen kann, sondern es scheint eine Eigenschaft aller menschlichen T- Zellen zu sein. Die Studie hat allerdings auch Unterschiede zwischen den T-Zelltypen identifiziert. So scheinen die sogenannten „central memory T cells“ (TCM) die wirksamsten Vorläufer der TRM zu sein. Sie verbleiben im Ver- gleich zu anderen Typen länger in peripheren Regionen wie der Haut und führen so zu einer erhöhten Anzahl an TRM. Andere T-Zelltypen wie „migratory memory T cells“ (TMM) und „effector memory T cells“ (TEM) waren weni- ger effektiv im Aufbau einer höheren Anzahl an TRM im Gewebe.
Effektive Impfstrategie
Die Ergebnisse der Forschung könnten genutzt werden, um in Zukunft effektivere Impfstrategien zu entwickeln. TCM im Gewebe und in Zirkulation im menschlichen Körper können eine lang anhaltende Immunität gegen Krankheitserreger schaffen und somit ein wichtiger Pfeiler in der Verhinde- rung von Krankheiten werden. Zukünftige Forschungen können auf diesen Ergebnissen aufbauen.
Während die Mehrheit der bestehenden Impfstoffe zum Schutz auf zirkulierende Antikörper angewiesen ist, zielen neue Strategien darauf ab, Ge- dächtnis-T-Zellen für eine robuste antivirale Kontrolle zu erzeugen. Neben ihrer wichtigen Rolle als Teil des adaptiven Immunsystems könnten TRM bei Hautkrankheiten wie Psoriasis eine pathogene Rolle spielen. Nach erfolgter Therapie heilen psoriatische Hautläsionen zwar klinisch gut ab, kehren jedoch einige Zeit nach Therapieende wieder an den exakt gleichen Körperstellen zurück. Verschiedene Studien der letzten Jahre haben gezeigt, dass diese pathogenen TRM in der Haut zurückbleiben und womöglich ein Wiederaufflammen der Psoriasis auslösen.