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PRAXIS & STEUERRECHT  | Betriebsprüfung

Besser als ihr Ruf!

Irgendwann einmal ist jeder dran: Die Betriebsprüfung steht ins Haus. Es braucht keinerlei Verdachtsmomente, geschweige denn eine Anzeige, damit ein Prüfer

vorbeischaut.

Allein die Ankündigung von Betriebsprüfungen oder steuerlichen Außenprüfungen erzeugen bei den Betroffenen immer ein ungutes Gefühl. Die Ge- fahr einer empfindlichen Nachzahlung droht, außerdem ist die Prüfung mit erheblichem Aufwand und mit Kosten verbunden. „Eine Außenprüfung ist grundsätzlich im Betrieb des Abgabepflichtigen, bei Ärzten, also in der Ordination abzuhalten“, erklärt Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Dr. Mi- chael A.

Klinger von der SFÄ. „Ist eine Prüfung in der Ordination nicht möglich, weil dadurch der Ordinationsbetrieb gestört wird oder schlichtweg zu wenig Räumlichkeiten vorhanden sind, so kann die Prüfung auch in der Kanzlei des Steuerberaters oder in den Amtsräumlichkeiten stattfinden.“ Gleich vorweg: Ankündigung und Eröffnung einer Betriebsprüfung haben in der Praxis eine hohe Relevanz, da ab diesem Zeitpunkt eine strafbefreiende Selbstanzeige nur mehr unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen möglich ist.


Angenehmes Klima schaffen

Die Bundesabgabenordnung (BAO) sieht vor, dass dem Prüfer zur Durchführung der Amtshandlung ein geeigneter Raum sowie die notwendigen Hilfsmittel (Beheizung, Beleuchtung …) unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden müssen. Die Überlassung eines feuchten, dunklen, engen, fens- terlosen, stickigen Abstellraums, in dem die Heizung ausgefallen ist, wird wohl nicht zum positiven Klima beitragen und muss vom Prüfer auch nicht

geduldet werden.

Doch wer muss einem Prüfer Rede und Antwort stehen? Für Klin- ger ist die Sachlage klar: „Nach der Bundesabgabenordnung trifft jedermann die Auskunftspflicht, auch wenn es sich nicht um seine persönliche Abgabenpflicht handelt, also auch alle Mitarbeiter.“ Diese haben aber ein Entschlagungsrecht. „Sie haben auch das Recht, einen Steuerberater beizuziehen oder von diesem etwaige Fragen beantworten zu lassen“, so Klinger weiter. Wobei der Prü- fer bereits vor einer Befragung Mitarbeiter über ihre Rechte, wie zum Beispiel auch über das Recht zur Verweigerung der Aussa- ge, zu belehren hat. „Am besten ist es, alle Mitarbeiter vor der Prüfung anzuweisen, bei jeglichen Fragen der Prüfer freundlich auf den Steuerberater zu verweisen“, sagt Klinger. Wichtig sei auch, dass über Befragungen Niederschriften anzufertigen sind, die im Steuerakt enthalten sein müssen. „Dadurch werden diese dem Steuerpflichtigen zugänglich gemacht.“

Das Recht, sich durch einen Steuerberater vertreten zu lassen, ist gesetzlich verankert. Besteht zudem eine Zustellvollmacht, haben sämtliche behördliche Erledigungen an den Steuerberater zu er- gehen. Nichtsdestoweniger ist das Finanzamt befugt, sich direkt an den Steuerpflichtigen zu wenden. Dies erscheint bei bestimm- ten Fragen, die nur der Steuerpflichtige, wegen der besonderen Vertrautheit mit dem Sachverhalt, beantworten kann, als sinnvoll. Der Steuerberater darf jedoch nicht von der persönlichen Befra- gung ausgeschlossen werden. „Die Beantwortungen von Fragen ohne vorherige Rücksprache mit Ihrem Steuerberater können Sie

ohne Weiteres ablehnen“, rät Klinger.


Gut vorbereitet in die Prüfung

Mit gezielter Vorbereitung sowie mit ordnungsgemäßer Buchhaltung und aussagefähigen Grundaufzeichnungen gibt es nichts zu befürchten. Grund- aufzeichnungen gehören zu den aufbewahrungspflichtigen Unterlagen. Sie dienen dazu, einzelne Geschäftsvorfälle in ihrer Entstehung und Abwick- lung nachvollziehbar zu machen, wie Angebote an Kunden, Kostenvoranschläge, Kassabücher, Wareneingangsbücher, Lieferscheine, Auftragsauf- zeichnungen, Abfassungsprotokolle, Zähllisten, Reisekostenabrechnungen, Registrierkassenstreifen älterer Registrierkassen oder die Datenerfas- sungsprotokolle einer Registrierkasse etc. Lose geführte Notizen ohne Anspruch auf Vollständigkeit stellen keine Grundaufzeichnungen dar. Hinge- gen zählen Aufzeichnungen über Bareinnahmen auf einem „Schmierzettel“ oder Rechnungsblöcke (Paragondurchschriften), auf denen die an den jeweiligen Kunden erbrachten Leistungen festgehalten werden, laut Finanzverwaltung als Grundaufzeichnungen. Nicht zu beanstanden ist die Nicht- aufbewahrung von Aufzeichnungen für interne Zwecke wie Kalkulationen, Überlegungen zur Preisgestaltung, Auswertungen, Auslastungsstatistiken, Preislisten und Kalender, auf denen Patientenvoranmeldungen eingetragen wurden. Es handelt sich zwar um abgabenrelevante Informationen, sie dokumentieren jedoch für sich alleine das Zustandekommen von Geschäften nicht – im Gegensatz zu übermittelten Angeboten oder Registrierkas- senprotokollen.


Betriebsprüfung und Schätzung

„Können die Besteuerungsgrundlagen nicht ermittelt werden, so ist die Finanz nach § 184 Bundesabgabenordnung befugt, die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen“, erklärt Klinger. Dabei sind die Besteuerungsgrundlagen so zu schätzen, dass sie die höchs- te Wahrscheinlichkeit haben, der Wahrheit am nächsten zu kom- men. Eine Schätzung darf allerdings nur bei schwerwiegenden Verstößen vorgenommen werden. Dazu zählen unter anderem die Nichtabgabe einer Steuererklärung. Die Aufzeichnungen liegen nicht (mehr) vor. Der Steuerpflichtige verletzt seine Mitwirkungs- pflicht und verweigert die Auskunft über bedeutsame Umstände. Die Aufzeichnungen sind materiell oder formell derart mangelhaft, dass die Finanz die Richtigkeit der gesamten Aufzeichnungen in Zweifel zieht. Geringe Mängel hingegen berechtigen nicht zur Schätzung. „Eine Schätzung darf keinesfalls als Strafmaßnahme angewendet werden, sondern nur dazu dienen, den Besteue- rungsgrundlagen nach den tatsächlichen Gegebenheiten mög- lichst nahe zu kommen. Sicherheitszuschläge bedürfen einer be- sonderen Begründungspflicht“, bringt es

Klinger auf den Punkt.


mn