MEDIZIN | Covid-Update 

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Facetten des Long- Covid-Syndroms

Long-Covid ist der Oberbegriff für gesundheitliche Langzeitfolgen, die nach einer Infektion mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 vorhanden sein können.

AUTOR: Prim. Univ.-Prof. Dr. Heinrich Resch

FA für Innere Medizin, Rheumatologie und Gastro- enterologie, Osteologe DVO, Vorstand der Abtei- lung der II. Medizinischen Abteilung: Innere Medi- zin, Gastroenterologie, Hepatologie, Stoffwechsel- und Entzündungsmedizin, Barmherzige Schwestern Wien, www.bhswien.at

Der Begriff Long-Covid umfasst Symptome, die mehr als vier Wochen nach Ansteckung mit dem Coronavirus fortbestehen. Beschwerden, die noch nach drei Monaten bestehen oder wiederkehren, werden als Post-Covid-Syndrom bezeichnet. Die Long/Post-Covid-Nachsorge hat häufig einen in- terdisziplinären Charakter, da Patienten über unterschiedliche Symptome und Beschwerden klagen: In der täglichen Praxis reichen sie von Fati- gue, Konzentrationsschwierigkeiten, eingeschränkter körperlicher oder geistiger Leistungsfähigkeit bis hin zu kardio-respiratorischen Beschwerden wie zum Beispiel arterieller Hypertonie, einer Myokarditis oder Perikardergussbildung bei sonst gesunden, jungen Menschen, Dyspnoe, der Ausbil- dung einer Polymyalgie rheumatica oder dem Flare einer rheumatoiden Arthtitis und vielem mehr.


Hypothesen zur Entstehung

Ob die Prävalenz von Long/Post-Covid-Symptomen mit der Schwere der akuten Sars-CoV-2-Infektion korreliert, ist umstritten, ohne Zweifel kann dieses auch bei Patienten mit initial asymptomatischer Sars-CoV-2-Infektion oder milder Covid-19 auftreten.

Zur Entstehung von Long-Covid bestehen mehrere Hypothesen. Die Genese ist multifaktoriell, nicht bei allen Personen ident, kann aufgrund lang- dauernder Gewebeschäden entstehen oder eventuell durch die Persistenz von Viren oder zumindest Virusbestandteilen oder durch eine chroni- sche (Hyper-/Auto-) Inflammation bedingt. Unterscheiden muss man allerdings zwischen Symptomen, die durch eine persistierende Entzündung oder aus den Folgen eines konkreten Organschadens, wie zum Beispiel akuter Lungen- oder Nierenschädigung, entstehen oder als unspezifische Folgen der Hospitalisation und sozialen Isolation auftreten.


Ursachen für Erschöpfung

Eine verminderte Aktivität der Stresshormonachse könnte eine gewisse Erschöpfung erklären, denn niedrige Stresshormon-Level können einerseits dazu führen, dass Entzündungsreaktionen nicht gebremst werden und andererseits niedrigen Blutdruck und Kreislaufbeschwerden verursachen. Ebenso können Entzündungsmediatoren eine Rolle spielen. In der Akutphase sind Interleukin-6 und -10 stark erhöht, dies könnte dazu führen, dass im Körper in der postinfektiösen Phase noch immer Entzündungen schwelen. Ebenso könnten pro-inflammatorische Zytokine (Interferon Gam- ma, Interleukin 7) postinfektiös die Blut-Hirn-Schranke überwinden und autonome Dysfunktionen, wie zum Beispiel eine Dysregulation des Schlaf- Wach-Rhythmus, eine kognitive Dysfunktion, Müdigkeit oder Antriebslosigkeit verursachen. Eine weitere Hypothese beschreibt den Prozess des „Inflammaging“: einen Post-Covid-Zustand mit chronisch subklinischer systemischer Entzündung (Inflammation), die dem Alterungsprozess (Aging) ähneln und so auch bestehende Komorbiditäten verschlechtern.

Symptome werden anhand zugrundeliegender Pathologien identifiziert und entsprechend diesem Befund nach den üblichen Regeln und Leitlinien behandelt. Die symptomatische Behandlung sowie Begleitung und Unterstützung sollen bis zur völligen Wiederherstellung des Gesundheitszu- standes erfolgen. Zusätzlich wird die Unterstützung der Wiedereingliederung bzw. die Rehabilitation empfohlen.


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