diabetes | Forschung
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Diabetesremission
in Sicht?
Forschende haben einen bisher unbekannten Rezeptor entdeckt, der neue Möglichkeiten zur medikamentösen Behandlung von Diabetes schaffen könnte:
der Insulin-inhibitorische Rezeptor „Inceptor“.
Blockiert man die Funktionen von Inceptor, wird der Insulinsignalweg der insulinproduzierenden Betazellen in der Bauchspeicheldrüse sensibili- siert. Das könnte die Betazellen schützen und regenerieren und zu einer Remission des Diabetes führen, wie eine Studie des Helmholtz Zentrums München, der Technischen Universität München und des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung belegt.
Frühere Studien haben gezeigt, dass eine intensive Insulintherapie eine verbesserte Einstellung des Blutzuckerspiegels und eine Remission des Diabetes bewirken kann. Allerdings hat eine solche Therapie auch eine ungewollte Gewichtszunahme und weitere noch schwerwiegendere Ne- benwirkungen zu Folge.
Prof. Dr. Heiko Lickert, Direktor des Instituts für Diabetes- und Regenerationsforschung am Helmholtz Zentrum München, Professor für Betazellbio- logie an der Technischen Universität München und Mitglied des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung beschäftigt sich mit der Entwicklung regenerativer Behandlungsansätze, komplementär und alternativ zu den klassischen immunologischen und metabolischen Methoden. „Bildet sich in den Betazellen eine Insulinresistenz aus, kommt es zum Funktionsverlust und führt zum Diabetes. Therapien, die diese Zellen wieder empfindli- cher machen für Insulin, könnten Patienten vor dem Verlust der Betazellen oder ihrer Funktion schützen“, sagt Lickert. Mit der Entdeckung des In- sulin-inhibitorischen Rezeptors Inceptor hat seine Forschungsgruppe eine vielversprechende molekulare Zielstruktur für Therapien zum Schutz und zur Regeneration von Betazellen gefunden, die nicht die unerwünschten Nebenwirkungen einer intensiven Insulintherapie mit sich bringt.
Vielversprechender Angriffspunkt
In Experimenten mit Mäusen zeigten die Forschenden, dass Inceptor die insulinpro- duzierenden Betazellen vor der Aktivierung des Insulinsignalweges abschirmt. Be- sonders auffallend dabei war, dass Inceptor bei Diabetes hochreguliert ist – also in einer höheren Anzahl vorkommt. Dies lässt darauf schließen, dass die Blockierung des Insulinsignals durch Inceptor eine Rolle für die Insulinresistenz spielt.
Was aber passiert, wenn man die Funktion von Inceptor genetisch oder medikamen- tös unterbindet? Die Gruppe ging dieser Frage nach und schaltete Inceptor in Beta- zellen aus und blockierte seine Funktion mithilfe monoklonaler Antikörper. „Das Er- gebnis war so, wie wir es uns erhofft hatten: Sowohl die Insulinsignalstärke als auch die Masse funktionaler Betazellen stieg an. Inceptor ist daher ein vielversprechender Angriffspunkt, um die eigentliche Ursache von Diabetes, den Verlust und die Fehl- funktion der Betazellen, zu behandeln“, sagt Dr. Khan Ansarullah, Diabetesforscher am Helmholtz Zentrum München.
„Vor hundert Jahren betonte Nobelpreisträger Frederick Banting in seiner Rede zur Entdeckung des lebensrettenden Medikaments Insulin, dass ‚Insulin den Diabetes nicht heilen, sondern nur die Symptome behandeln kann‘. Im letzten Jahrhundert hat
sich daran nichts geändert. Wir wollen nun die Entdeckung von Inceptor dazu nutzen, neue Medikamente zur Regeneration der Betazellen zu ent- wickeln. Damit könnten wir Betroffenen mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes helfen und letztendlich eine Diabetes-Remission herbeiführen“, erklärt Lickert.
rh