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Immuntherapie gegen allergische Rhinitis
Eine wiederholte Impfung mit einem Toll-like-Rezeptor-9- Agonisten zeigt positive klinische Effekte bei der Thera- pie von Menschen mit einer allergischen Rhinitis auf Ambrosiapollen.
Ragweed, auch Traubenkraut oder Ambrosia artemisiifolia genannt, ist eine Pflanze, die ursprünglich in Nordamerika beheimatet war. Sie wurden als Neophyt in Europa eingeschleppt und kommt bereits in großen Teilen Ostösterreichs vor. Da sie besonders anspruchslos ist und besonders gerne auf gestörten Böden wie an Wegrändern, Schutthalden oder Bahndämmen wächst, hat sich die Pflanze leicht ausgebreitet und an diesen Stellen die heimische Vegetation vielfach verdrängt. Vom Aussehen her ähnelt Ambrosia dem Beifuß, sie ist an ihren gefiederten Blättern und den fingerförmigen, grüngelblichen Blütenständen erkennbar, die von August bis September blühen. Die Pollen der Pflanze zeichnen sich durch eine besonders hohe Allergenität aus. Bereits wenige Pollen reichen aus, um den „Herbstheuschnupfen“ auszulösen. Kreuzreaktionen mit heimischen Pflanzen wie der Goldrute, Sonnenblume, Kamille, Arnika und anderen Korbblütlern sind möglich. Das Hauptallergen ist das Amb a 1.
Immuntherapie bei allergischer Rhinitis
Grundsätzlich sollte bei jeder allergischen Rhinitis versucht werden, das auslösende Allergen zu vermeiden, was sich aber aufgrund der hohen Ausbreitung und Allergenität der Ambrosiapflanze für Pollenallergiker als schwierig erweisen kann. Um die Pollenwirkung abzumildern, stehen als pharmakologische Therapien Mastzellstabilisatoren, Antihistaminika, Glukokortikoide, Leukotrienrezeptor-Antagonisten und Dekongestiva zur Ver- fügung. Leider zeigen diese bei bis zu 60 % der Patienten keine ausreichende Wirkung.
Die allergenspezifische Immuntherapie (AIT) stellt eine kausale Therapie dar und wurde früher auch als Desensibilisierung, Hyposensibilisierung oder als Allergieimpfung bezeichnet. Sie ist generell bei einer Rhinokonjunktivitis und leichtem Asthma indiziert, wenn durch die Exposition be- stimmter Allergene Symptome ausgelöst werden oder wenn im Labor eine IgE-Sensibilisierung auf bestimmte
Allergene festgestellt werden kann. Die subkutane Immuntherapie (SCIT) umfasst die Verabreichung von schrittweisen Dosen des sensibilisieren- den Allergens über acht bis zwölf Wochen, gefolgt von hochdosierten monatlichen Intervallen über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren. Bei der sublingualen Immuntherapie (SLIT) wird das Allergen in hohen Dosen unter die Zunge verabreicht. SCIT und SLIT bieten einen langfristigen klini- schen Nutzen und immunologische Toleranz nach Beendigung der Behandlung. Während die SCIT eine Toleranz gegenüber saisonalen und ganz- jährigen Allergenen hervorruft, gilt die SLIT im Allgemeinen als sicherere und bequemere Alternative bei der Behandlung der saisonalen allergi- schen Rhinitis. Der Ansatz ist allerdings begrenzt durch das Potenzial für systemische allergische Reaktionen, die durch die erforderlichen hohen
Allergendosen verursacht werden. Für eine erfolgreiche Therapie sind oft mehrere Injektionen pro Monat und über einen Zeitraum von mehreren Jahren notwendig, was nicht für alle Patienten realisierbar ist.
Immuntherapie mit Toll-like-Rezeptor-Agonisten
Neue Immuntherapeutika, wie die Toll-like-Rezeptor-Agonisten, wurden mit der Hoffnung auf ein günstigeres Nebenwirkungspotenzial und kürzere und einfachere Therapieschemata entwickelt. Toll-like-Rezeptoren gehören zu den Strukturen des angeborenen Immunsystems und sitzen vorwie- gend auf dendritischen Zellen und Makrophagen. Sie können ohne vorangegangenen Kontakt spezifische pathogene Strukturen erkennen und eine Immunantwort einleiten, die in weiterer Folge auch die Immunantwort des erworbenen Immunsystems involviert. Die Wirkung dieser Rezepto- ren kann gegen Allergien genutzt werden. Beispielsweise kann das Ambrosia-Pollen-Antigen Amb a 1 mit einer immunstimulierenden DNA-Se- quenz konjugiert werden (englische Abkürzung AIC). Diese immunstimulierende Sequenz bindet dann an den Toll-like Rezeptor 9 (TLR9), wodurch die Immunreaktion gehemmt wird, die durch die Typ-2-T-Helferzellen vermittelt wird. Dazu wird die Bildung bestimmter immunstimulierender Cytoki- ne gehemmt.
Studien zu Toll-like Rezeptor-Agonisten
Therapien mit Toll-like-Rezeptor-Agonisten werden seit 2002 beschrieben, klinische Vergleichsstudien gibt es allerdings noch nicht viele. In einer aktuellen klinischen Studie für die intranasale Anwendung des Toll-Like-Receptor-7-Agonisten konnte kein klinischer Effekt nachgewiesen werden (Siddall et al. PLoS One. 2020;15:e0240964). Dagegen zeigten sich durch die Anwendung des subkutanen Toll-Like-Receptor-9-Agonisten signifi- kant positive klinische Effekte bei der Behandlung einer Ambrosia-Pollenallergie (Creticos et al. N Engl J Med 2006;355:1445-55.) In dieser Studie wurden 25 Studienteilnehmer im Alter zwischen 23 und 60 Jahren, mit einer nachgewiesenen Allergie auf die Ambrosia-Pflanze, eingeschlossen. Die Studienteilnehmer wurden zufällig entweder zur AIC-Therapie oder zu einer Plazebo-Injektion zugeteilt. Alle erhielten sechs wöchentliche Injek- tionen mit einer steigenden Dosierung von AIC (0.06, 0.3, 1.2, 3.0, 6.0, and 12.0 μg) oder Plazebo. Zwei Monate nach der letzten Injektion zeigte sich zwar keine Veränderung im primären Endpunkt, der Veränderung der vaskulären Permeabilität der Nasenschleimhaut. Bei den sekundären, klinischen Endpunkten bemerkte man aber eine signifikante Verbesserung der subjektiven Einschätzung der Rhinitis und der allgemeinen Lebens- qualität der Studienteilnehmer. Die Verabreichung von AIC führte zwar zu einem transienten Anstieg des Amb-a-1-spezfischen IgG, dafür konnte eine Suppression des saisonalen Anstiegs des Amb-a-1-spezfischen-IgE beobachtet werden. Auch im zweiten Jahr der Studie wurden ähnliche Effekte beobachtet. Es gab keine systemischen Nebenwirkungen oder klinisch bedeutsame Laboranomalien, die dem Impfstoff zugeordnet werden konnten. Die Entwicklung der spezifischen Toll-like-Rezeptor-Agonisten steht noch am Anfang und weitere Studien werden die Effekte der Therapie bestätigen müssen. Sie könnten aber ein neuer Therapieansatz sein, der es ermöglichen könnte, Patienten mit allergischer Rhinitis eine einfache anwendbare, spezifische und sichere Therapie anzubieten.
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